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Das Kind der Stürme

Das Kind der Stürme

Titel: Das Kind der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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vielleicht Wunder von ihm.
    Es war gut, dass sich Schlange persönlich darum kümmerte, aus dem Hausierer einen Krieger zu machen, denn es bedeutete, dass ich Darragh den größten Teil der Zeit nicht zu sehen bekam, weil er sich hinter den hohen Mauern auf dem Übungshof befand. Ich sah ihn bestenfalls beim Abendessen, oder ich hörte, wie jemand von seinen Fortschritten sprach. Ich achtete darauf, mich bei Tisch von ihm fern zu halten. Ich senkte den Blick auf meinen Teller oder unterhielt mich mit Brenna und Annie und niemandem sonst. Obwohl ich mich danach sehnte, ihn anzuschauen, wagte ich das nicht. Obwohl ich mich danach sehnte, mit ihm zu sprechen, sorgte ich dafür, dass sich keine Gelegenheit dazu ergab.
    Das Wetter wurde besser und der Frühling ausgeprägter. Imbolc war vorüber; ich würde schnell handeln müssen. Eines Morgens traf ich Johnny allein an, wie er in der Hütte, in der wir die Schreibarbeiten erledigten, Landkarten betrachtete. Es war noch früh, und Coll war noch nicht anwesend.
    »Johnny?«
    »Mhm?«
    »Ich muss mit dir sprechen. Ich muss dich um etwas bitten. Es ist wichtig.«
    Er blickte auf und kniff die Augen zusammen. »Was ist denn, Cousine?«
    »Es geht um Darragh. Er sollte nicht hier sein.« Ich sprach verstohlen und schaute mich unsicher um, was dumm war. Wenn Großmutter mich sehen wollte, dann würde sie das tun, daran hatte ich keine Zweifel. »Bitte schick ihn weg.«
    Johnny zog die Brauen hoch. »Ich habe eine Aufgabe für ihn. Sicher, Darragh ist nicht sonderlich gut, wenn es um die feineren Aspekte des Zweikampfs geht … nun, um ehrlich zu sein, um alle Aspekte des Zweikampfs, nicht nur die Feinheiten. Aber er lernt. Er ist flink und schlau, er ist schnell und beweglich. Ich brauche ihn.«
    »Bitte«, sagte ich und war wütend zu hören, wie sehr meine Stimme zitterte. »Bitte schick ihn nach Hause. Darragh ist kein Krieger. Er ist nicht im Stande zu töten. Bitte, Johnny. Du kannst einen anderen Schwimmer finden. Das hier ist – es ist wirklich wichtig.« Ich senkte die Stimme. »Es ist wichtiger, als es aussieht.«
    Er sah mich einen Augenblick an. »Es ist eine schwierige und bedeutungsvolle Mission. Was hier auf dem Spiel steht, könnte über alles hinausgehen, was wir verstehen«, erklärte er ernst. »Mein eigener Teil daran ist vielleicht gleichzeitig geringer und größer als das, worauf die Menschen hoffen.« In seinem Blick stand eine Traurigkeit, die ich nicht so recht verstand.
    »Wie meinst du das?«, fragte ich, denn seine Worte hatten mich für einen Augenblick von meinem eigenen Dilemma abgelenkt.
    »Manche halten es vielleicht für einfach, wenn einem das Schicksal von Geburt an vorgezeichnet ist; ein großer, ruhmreicher Weg, die Erfüllung einer uralten Prophezeiung, die Eroberung von Gelände, das meinem Volk heilig ist … die Leute sehen es ganz deutlich: Der Kampf ist gewonnen, die Insel zurückerobert, und der Erbe kehrt nach Sevenwaters zurück, um seine Leute weiterhin anzuleiten und zu schützen. Das wusste ich, seit ich ein kleines Kind war.«
    »Aber es ist nicht so einfach, oder?«, sagte ich und erinnerte mich, was die Alten mir in Einzelheiten mitgeteilt hatten, die ich niemals wirklich verstanden hatte. »Es geht nicht nur darum, eine Schlacht zu gewinnen.«
    Johnny nickte. »Das glaube ich zumindest. Ein Teil dieser Geschichte liegt noch im Dunkeln, ein Teil, der den Erwartungen dieser Menschen vielleicht überhaupt nicht entspricht. Der Weg ist nicht nur ruhmreich. Meine Mutter will es zwar nicht aussprechen, aber sie hat meinen Tod vorhergesehen. Ich sehe etwas, das dem Tod ähnlich ist, aber nicht der Tod ist; etwas, das vom geraden Weg des Kriegers weit entfernt ist. Wer könnte schon sagen, wie sich diese Sache weiterentwickelt? Es macht mir Angst.«
    »Du hast Angst?« Es fiel mir schwer, das zu glauben. »Aber sie glauben alle so fest an dich. Niemand zweifelt an dir.«
    »Ich hatte nie die Freiheit, meine eigene Zukunft zu wählen«, sagte Johnny. »Und das ist ein großer Verlust. Aber ich werde tun, was ich tun muss. Ich werde den Kampf gewinnen und mich dann mit offenen Augen dem stellen, was auf mich zukommt. Dein Darragh ist ein Mann, der seinen eigenen Weg geht. Und dies ist der Weg, den er will, Fainne. Willst du ihm das verweigern?«
    Ich biss mir auf die Lippe. »Er weiß es nicht. Er begreift nicht, was es bedeutet. Er will mir helfen und mich beschützen, er folgt mir überall hin, und er begreift nicht, dass er

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