Das Kind der Stürme
Lösung?«
»Dass ihr beiden zusammen von hier weggeht und in aller Stille nach Kerry zurückkehrt. Auf diese Weise kannst du ihn aus dem Kampf fern halten, und er wird bekommen, weshalb er hier ist. Ihr werdet beide weit weg sein, bevor dieser Feldzug beginnt. In Sicherheit.«
»In Sicherheit?«, wiederholte ich verbittert. Sie beobachtete mich genau. Ich hoffte nur, dass sie nicht meine Gedanken lesen konnte. »Das wäre alles andere als sicher, Tante. Nein, das genügt nicht. Ich muss hier bleiben; ich kann nicht nach Kerry zurückkehren. Aber Darragh muss gehen. Er gehört nicht nach Inis Eala. Er hätte nie Anteil an dieser Sache haben dürfen. Er hat – er hat sich einfach nur eingemischt. So etwas macht er öfter.«
»Es kam mir recht vernünftig vor«, sagte sie. »Darragh hat gute Argumente angeführt. Er liebt dich, Fainne. Siehst du das denn nicht?«
»Das ist keine Liebe«, fauchte ich. »Es ist nur – es ist nur Starrsinn. Er glaubt einfach nicht, dass ich auf mich selbst aufpassen kann. Er weiß nicht, was gut für ihn ist und was nicht. So war es immer schon.«
»Und was ist mit dir?«, fragte Liadan. Sie hatte aufgehört zu arbeiten und die Hände auf dem Tisch gefaltet. »Ist das Liebe, die bewirkt, dass du ihn wegschicken willst, obwohl er doch sein Leben aufs Spiel gesetzt hat, um an deiner Seite zu sein?«
»Die von unserer Art kennen keine Liebe«, murmelte ich, aber ich wusste, noch während ich es aussprach, dass es eine Lüge war. »Es macht das Leben zu kompliziert. Es – es hält einen davon ab, zu tun, was man tun muss. Sieh dir doch nur meinen Vater an! Liebe hat sein Leben zerstört.«
»Er hat eine Tochter«, sagte sie leise. »Ich kann mir vorstellen, dass er sehr stolz auf dich ist, meine Liebe. Du bist klug und kompetent und … subtil, genau wie er. Und du bist auf deine eigene Art ebenso hübsch wie Niamh war, und ebenso störrisch. Frag Ciarán, ob er es bedauert, dass er meiner Schwester begegnet ist, bevor du Liebe so leichtfertig abtust. Ohne Liebe wirst du kein Leben haben, sondern nur einen Schatten davon.«
»Trotzdem«, sagte ich, denn ich wollte diese Diskussion nicht weiterführen. »Johnny will Darragh nicht gehen lassen. Er sagt, er braucht ihn.«
Liadan seufzte. »Wenn du mit Darragh weggehen würdest, würde ich mit Johnny sprechen.«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich muss hier bleiben. Ich kann nicht nach Kerry zurückkehren.«
»Ja«, sagte sie müde und setzte sich auf die Bank. »Ich wusste das wohl, aber ich wollte es trotzdem versuchen. Darragh ist ein guter Junge, Fainne. Er hat so etwas nicht verdient.«
»Es ist seine eigene Schuld«, flüsterte ich.
Sie nickte. »Vielleicht hast du Recht. Menschen haben die Angewohnheit, sich in eine Geschichte hineinzudrängen, in die sie eigentlich nicht gehören. Es ist vielleicht sinnlos, wenn ich versuche, den Lauf der Dinge zu verändern, aber ich war nie im Stande, mich einfach nur zurückzulehnen und die Dinge ihren Lauf nehmen zu lassen, wie Onkel Conor üblicherweise rät. Mir kommt es immer so vor, als müsse man etwas unternehmen, sich bewegen und dafür sorgen, dass die Geschichte hell und klar wird, wenn eine Möglichkeit dazu besteht. Das ist es, was Darragh tut, und er verfügt über große Willenskraft.«
»Er hat keine Ahnung, um was es geht«, sagte ich tonlos.
»Aber du?« Ihre Stimme war sehr leise. Es klang beinahe, als täte ich ihr Leid.
»Zumindest«, flüsterte ich, »zumindest weiß ich, was zu tun ist.«
»Und du wirst am Ende da sein«, sagte Liadan in einem Tonfall, der mir Angst machte, einem Tonfall, der eine unwidersprüchliche Wahrheit enthielt. »Wie das geschehen soll, kann ich mir nicht vorstellen, aber Johnny wird da sein, und du ebenfalls. Ich habe es gesehen.«
Mir wurde eiskalt. »Was hast du gesehen? Was ist mit Darragh?«
»Ich spreche nicht über diese Dinge. Sie sind so leicht falsch zu verstehen.«
»Kannst du mir denn gar nichts sagen? Was hast du gesehen?«
»Mein Sohn stand dem Tod gegenüber. Du hast geweint. Du hast geweint wie jemand, der seinen einzigen Schatz verloren hat. Nie habe ich solche Trauer gesehen.«
Ich schluckte. »Diesen Teil sehe ich ebenfalls. Ich nehme an, wenn es geschehen soll, wird es geschehen.«
Liadan nickte. »Du solltest Coll bitten, dich mit zur Nordspitze zu nehmen«, sagte sie in ganz anderem Ton. Unser Gespräch war zu Ende, und ich hatte die letzte Möglichkeit verloren, Darragh in Sicherheit zu bringen. »Es wird
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