Das Kind der Stürme
Zusammenarbeit geteilt. Der Schmerz setzte sich tief in mir fest wie ein kalter Stein.
Großmutter blieb ruhig. »Ich muss dir etwas erklären«, sagte sie. »Es geht nicht um die Menschen in Sevenwaters. Es geht um die Macht, die hinter ihnen steht: diese Geschöpfe der Anderwelt mit ihrer seltsamen Art, und wie sie uns alle in ihrem Griff haben. Du wirst nach Sevenwaters gehen, wenn nicht für deinen Vater, dann für mich. Ich habe eine Aufgabe für dich, eine Mission, die du ausführen musst. Das ist eine große Sache, Fainne. Viel größer, als du dir vorstellen kannst.«
»Aber Vater sagte –«
»Vergiss es. Ich bin seine Mutter. Ich weiß, wovon ich spreche. Es gibt einen Grund für dich, nach Sevenwaters zu gehen, und ausschließlich diesen einzigen Grund. Meinen Grund. Was glaubst du, wieso ich sonst hergekommen bin, Fainne? Ich habe dich all diese langen Jahre beobachtet und gewartet, bis du bereit warst. Du wirst vollenden, was ich begonnen habe. Du wirst den Erfolg haben, der denen von unserer Art so lange versagt war. Du wirst dem Feenvolk zeigen, dass die Ausgestoßenen stark sein können. Stark genug, um ihnen zu verweigern, was ihr Herz begehrt. Du wirst ihre lange gehegten Pläne vereiteln. Sie werden gemeinsam fallen, die Menschen in Sevenwaters und ihre Freunde in der Anderwelt. Das ist deine Aufgabe.«
Ich starrte sie verdutzt an. »Aber … aber Großmutter, die Túatha Dé Danaan? Wer könnte es wagen, solche Macht herauszufordern? Ich würde zerschmettert werden.«
Sie grinste säuerlich. »Ich habe sie herausgefordert, und ich bin immer noch hier. Ein bisschen angeschlagen, aber ich habe bekommen, was ich wollte. Und ich hätte beinahe Erfolg gehabt. Sie sind sehr geschwächt, seit die Inseln an die Briten gefallen sind. Sie hatten einen Plan für dieses Mädchen Sorcha und ihren Mann, den Bauern mit seinen schlammigen Stiefeln. Sie haben einen Plan für Sevenwaters. Ich hätte den ersten Plan beinahe zum Scheitern gebracht, aber das Mädchen war zu stark für mich. Ich habe das Fomhóire-Blut unterschätzt. Tu das niemals, Fainne. Sei vorsichtig. Nun wirst du den zweiten Plan vereiteln. Das Feenvolk will die Inseln wiederhaben. Sie wollen, dass es in Übereinstimmung mit dieser Prophezeiung geschieht. Bis zum letzten Wort. Und es soll alles innerhalb des nächsten Jahres geschehen. So habe ich zumindest gehört.«
»Prophezeiung?« Meine Gedanken überschlugen sich, und ich war nicht im Stande, mit meinem Entsetzen und mit ihrem Hochmut und dem Wahnsinn ihrer Worte zurechtzukommen.
»Hat Ciarán dir denn gar nichts beigebracht? Die Inseln wurden vor Generationen von den Briten erobert. Seitdem hat Sevenwaters mit Northwoods Krieg geführt. Solange die Inseln nicht in irischer Hand sind, droht sowohl den Menschen als auch dem Feenvolk der Untergang. Die Hohen und Mächtigen wollen, dass die Inseln behütet werden. Nur so können sie sich vor dem schützen, was kommen wird. Die Prophezeiung sagt, es brauchte ein Kind, das weder aus Britannien noch aus Erin stammt, aber gleichzeitig aus beiden Ländern. Und dann gibt es noch irgendwelchen Unsinn darüber, dass dieses Kind das Zeichen des Raben tragen wird. Nun haben sie im Enkel dieser elenden Sorcha ihren lange erhofften Anführer gefunden. Er ist beinahe erwachsen und bereit, in den Kampf mit Northwoods zu ziehen, und er hat eine Furcht erregende Streitmacht zusammengestellt. Es wird nicht mehr lange dauern. Nicht im nächsten Sommer, aber im Sommer danach wird es geschehen, heißt es. Deine Aufgabe wird darin bestehen, sie aufzuhalten. Es ist eigentlich ganz einfach. Du musst dafür sorgen, dass sie nicht kämpfen, oder wenn sie es doch tun, dass sie versagen. Denk doch nur: Wir, die Ausgestoßenen, gewinnen endlich die Oberhand über das Feenvolk. Ich würde gerne ihre Gesichter sehen, wenn das geschieht.«
Ich war so verblüfft, dass ich kaum sprechen konnte. »Aber wie sollte ich so etwas erreichen? Und wieso hat mir Vater nie davon erzählt? Ein einzelnes Mädchen kann doch niemals eine Armee aufhalten! Ich würde so etwas nicht einmal versuchen. Schon der Gedanke ist lächerlich.«
»Wen nennst du hier lächerlich?« Die alte Frau starrte mich mit ihren beerendunklen Augen an.
Ich spürte, wie mein Rückgrat zu Gelee wurde, aber ich versuchte, ihr standzuhalten. »Ich werde so etwas nicht ohne Vaters Zustimmung versuchen«, sagte ich. »Es fällt mir schwer zu glauben, dass er so etwas unterstützen würde.«
Großmutters
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