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Das Kind der Stürme

Das Kind der Stürme

Titel: Das Kind der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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Meer, und allein weiterleben, sein ganzes Leben in Einsamkeit verbringen, um diese Dinge zu behüten. Ohne den Wächter auf der Nadel werden all die alten Dinge sterben, und das Feenvolk mit ihnen. Vielleicht wurde nicht alles in der Prophezeiung verkündet, aber dies ist die Wahrheit. Frag doch Ciarán. Er hat es herausgefunden. Frage diese großartigen Damen und Herren der Túatha Dé, sie werden es dir sagen können.«
    »Der Wächter auf der Nadel?« Seans Stimme war heiser vor Schock, bitter vor Enttäuschung. »Er muss dort leben, in der Zelle unter den Ebereschen, ganz allein? Johnny ist der Erbe von Sevenwaters; er ist ein Anführer und künftiger Hüter des Túath, er ist für die Sicherheit und den Wohlstand unserer Leute unentbehrlich. Willst du etwa sagen, dass nach all diesem Gemetzel und den Verlusten die wahre Schlacht immer noch nicht gewonnen ist? Dass die Prophezeiung nicht erfüllt und das Gleichgewicht nicht wieder hergestellt werden kann, ehe Johnny ein solches Opfer bringt?«
    Alle schwiegen. Dann schlug Conor die Hände vors Gesicht und senkte den Kopf.
    »Damit ist tatsächlich alles verloren«, sagte er, »denn der Junge kann das nicht tun; das wissen wir alle. Johnny ist ein Krieger, sein Herz schlägt im Rhythmus des Schwertes und nicht zu langsamen Rezitationen der Überlieferung. Seine Mutter hat diesen Weg schon vor langen Jahren unmöglich gemacht, als sie sich entschied, ihn aus dem Wald wegzubringen. Er ist kein Gelehrter, kein Mystiker; an einem Ort wie der Nadel würde er nicht länger als ein Jahr überleben, von Samhain bis Samhain, bis er den Verstand verlöre. Johnny kann das nicht tun, und das ist die reine Wahrheit. Also war alles umsonst.«
    »Weise Worte, Bruder«, sagte Ciarán ernst. »Der Junge muss nach Sevenwaters zurückkehren und seinen angestammten Platz im Verlauf der Dinge einnehmen. Er wird ein Hüter von Wald und Menschen sein, und er wird seine Arbeit ebenso gut tun wie sein Onkel jetzt.«
    »Ah!«, sagte Lady Oonagh, die immer noch versuchte, sich aus dem Bann zu befreien, in dem ich sie gefangen hatte. »Du stimmst mir also zu. Du siehst, ich hatte Recht. Das Feenvolk ist so gut wie vernichtet.«
    »Das kann ich nicht glauben, und dennoch muss ich es wohl«, sagte Conor erschüttert.
    »Nein«, warf Vater ein. »Eine Prophezeiung ist niemals so eindimensional. Sie hat viele Drehungen und Wendungen, ebenso wie die Überlieferung selbst. Wie so viele Rätsel, hat auch die Prophezeiung mehr als eine Lösung.«
    Ich spürte eine kleine Unruhe in der Luft neben mir, ein Plustern von Federn. Und auf meiner anderen Seite hörte ich etwas knarren, ein paar Kiesel rollen. Plötzlich war ich von den Fomhóire umgeben, ein allgemeines Rascheln, Schnaufen und Zwitschern sagte mir, dass noch mehr von ihnen hinter mir standen. »Ähem«, sagte das Eulengeschöpf. Um den Kreis herum standen die Männer vollkommen starr da und glotzten; so etwas hatten sie sicher noch nie gesehen, und es war so seltsam, dass sie ihre Angst beinahe vergaßen. »Ich glaube, ihr habt uns übersehen. Wieder einmal. Aber das ist gleich. Komm schon, Fainne. Sag ihnen jetzt die Wahrheit. Sag ihnen jetzt, was für eine gute Idee es ist, sozusagen etwas in Reserve zu behalten, nur für den Fall, dass es nicht so läuft, wie man es sich vorgestellt hat. Die vom Feenvolk verstehen das nicht, aber wir waren schon so viel länger hier als sie, oh, so lange. Wir wissen, wie wichtig es sein kann, immer noch einen Trumpf in der Hinterhand zu haben.«
    »Onkel«, sagte ich und schluckte die Tränen hinunter, die mir immer noch über die Wangen liefen, und blinzelte, so dass ich Conors müdes Gesicht genau sehen konnte, als ich auf ihn zuging. »Es ist nicht alles verloren. Johnny kann nicht zur Nadel gehen und die Prophezeiung erfüllen; aber ich kann es.«
    »Du?« Es war Sean, der da sprach und mich wütend anstarrte. Er war sich wohl immer noch nicht sicher, auf welcher Seite ich stand.
    »Es ist wahr«, sagte Vater und stellte sich neben mich. Seine Stimme war tief und wohlklingend. »Das Feenvolk hat ein Muster entwickelt. Liadan hat es verändert. Sie hat dafür gesorgt, dass ihr Sohn nicht die Rolle übernehmen konnte, die für ihn vorgesehen war. Aber die Prophezeiung spricht nicht von einem Mann, nicht von Kriegern und Schlachten. Fainne, du solltest das deinem Onkel lieber erklären.«
    Ich starrte ihn an. »Du hast es gewusst«, fauchte ich, hin und her gerissen zwischen Staunen und Zorn. »Du hast

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