Das Kind der Stürme
antwortete er. »Wir sind immer unterwegs.«
***
Die Reise war lang. Ich lernte ein wenig, den Lärm auszuschließen, indem ich immer wieder in meinem Kopf die Fragen und Antworten der Überlieferung wiederholte, die Vater und ich während der langen Jahre meiner Kindheit vervollkommnet hatten.
Wer war das erste Volk in Erin?
Die Alten. Die Fomhóire.
Und wer kam dann?
So ging es weiter, während die Wagen durch einen sanften Herbstregen und eine frische Brise von Westen her holperten, und manchmal, wenn wir spät dran waren, auch unter dem großen Sternenbogen.
Wo kommst du her?
Aus dem Kessel des Unwissens.
Und wonach strebst du?
Nach Wissen. Nach Weisheit. Danach, alle Dinge zu verstehen.
Dies war alles, woran ich mich klammern konnte. Es gab mir inmitten all dieser lauten Kinder und schwatzenden Frauen und der ununterbrochenen Gesellschaft – mehr Gesellschaft, als ich in einem ganzen Leben hätte haben wollen – so etwas wie Kontrolle und ein Ziel.
Peg war auf ihre raue Art gut zu mir. Sie bat mich nie, beim Häuten der Kaninchen zu helfen oder Wasser zu holen oder die Kleider der Kinder zu waschen. Sie versuchte, mir ein stilles Eckchen für mein Bettzeug zu finden, nachdem sie bemerkt hatte, wie ich vor den anderen Mädchen zurückwich und mir die Decke über die Ohren zog. Wenn wir nur eine einzige Nacht irgendwo blieben, schliefen wir in den Wagen, unter einer Art Baldachin, der ein wenig Schutz bot. Die Jungen schliefen unter den Bäumen direkt bei den Pferden. Es roch nicht besonders gut, weil so viele Menschen auf so engem Raum zusammenlebten, und es war nie wirklich still. Oft lag ich wach und schaute in den Himmel hinauf, und dann dachte ich an Vater zu Hause und lauschte dem leisen Knacken und Rascheln, das mich umgab, den Pferden, die schnaubten, den Kindern, die im Schlaf seufzten, dem Schnarchen der älteren Leute, die von einem langen Tag auf der Straße müde waren. Im Morgengrauen standen alle wieder auf und waren schon bald bereit weiterzuziehen, denn das Packen war eine gut eingeübte Angelegenheit. Es kam mir so vor, als legten wir eine große Entfernung zurück, obwohl wir häufig anhielten, um Körbe zu verkaufen oder ein Pony abzuholen oder einfach nur alte Freunde zu besuchen. Ich hörte nach einer Weile auf, die Tage zu zählen. Einmal kamen wir durch ein waldiges Tal mit ein paar kleinen Seen, und es gelang mir, Darragh einen Augenblick aufzuhalten, als er an dem Wagen, in dem ich saß, vorbeiritt.
»Sind wir bald da?«, fragte ich ihn leise, so dass niemand sonst es hören könnte.
»Bald wo?«, fragte Darragh.
»In Sevenwaters«, flüsterte ich.
Darragh grinste schief und schüttelte den Kopf. »Wir haben nicht mal den halben Weg geschafft«, sagte er. »Es ist weit bis nach Nordosten, und es wird noch einige Zeit dauern, bevor wir auch nur den Wald erreichen. In Sevenwaters sieht es ganz anders aus als hier. Aber du wirst dich bald ein bisschen ausruhen können und Spaß haben.«
»Spaß?« Ich sah ihn mürrisch an, bitter enttäuscht, dass wir immer noch so lange unterwegs sein mussten, und wütend, dass ich überhaupt gefragt hatte.
»Genau. Die besten Tage des Jahres. Da hinten, wo das Tal breiter wird, werden wir ein wenig lagern. Die Pferde können sich ausruhen. Wir werden ein richtiges kleines Lager aufschlagen. Und nicht weit von dort ist die Kreuzung. Dort veranstalten sie den besten Pferdemarkt im Land. Spiele, Rennen, Musik, viel gutes Essen und Bier und die beste Gesellschaft, die man sich denken kann. Du wirst da ein paar prima Leute kennen lernen.« Er beobachtete mich. »Schau nicht so ängstlich drein, Fainne. Ich werde auf dich aufpassen.«
Wir hielten am See an, und die Männer gingen ein Stück am Ufer entlang weiter, bis sie außer Sicht waren. Es war nicht so kalt, obwohl der Herbst bereits weit fortgeschritten war. Nicht, dass es je ein Problem gewesen wäre, die Kinder ins Wasser zu bekommen. Sie dazu zu überreden, sich zu waschen, war schon schwieriger. Ich sah zu, wie die Frauen und die älteren Mädchen begannen, die Kleinen auszuziehen und abzuschrubben, die sich das nur unter lautem Protestgeschrei und viel Spritzen gefallen ließen. Das Bad wurde schließlich zu einer Art Wasserschlacht, und dann zogen auch Peg und Molly und die älteren Mädchen sich plötzlich aus und fingen an, sich mit einem Stück Seife, das sie miteinander teilten, zu waschen und dabei Unmengen boshafter Kommentare abzugeben. Ich wandte den Blick ab und
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