Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Kind der Stürme

Das Kind der Stürme

Titel: Das Kind der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
Vom Netzwerk:
weinen.
    »Ganz bestimmt?«
    »Ja, Vater.«
    Also gingen wir schweigend weiter, und es kam mir so vor, dass wir zwar recht langsam gingen, als widerstrebte es uns, unser Ziel zu erreichen, aber wir waren doch bald schon auf dem geraden Teil des Weges, der sich um den Strand herumzog, und Dan und Peg und die anderen bunt gekleideten Leute waren am Wegrand zu sehen.
    »Vater«, sagte ich abrupt.
    »Ja, Fainne?«
    »Ich wollte – ich wollte dir dafür danken, dass du ein so guter Lehrer gewesen bist. Ich wollte dir für deine Weisheit und deine Geduld danken und … und dafür, dass du mich die Dinge selbst hast herausfinden lassen. Dass du mir vertraut hast.«
    Einen Augenblick lang schwieg er. Als er schließlich etwas sagte, war seine Stimme ein wenig unsicher. »Fainne, es ist schwierig für mich, dir dies zu sagen.«
    »Was, Vater?«
    »Ich … du brauchst nicht zu gehen, wenn du nicht willst. Wenn du in deinem Herzen spürst, dass dies nicht dein Weg ist, dann bleib hier.«
    »Nicht gehen?« Mein Herz klopfte heftig. Nun, als es zu spät war, bot er mir an zu bleiben, und es war mir verboten, Ja zu sagen. Ich räusperte mich. Ich hatte ihn nie zuvor angelogen. »Nachdem wir schon so weit gekommen sind? Schulde ich es nicht meiner Mutter, zurück nach Sevenwaters zu gehen und das zu werden, was sie für mich gewünscht hätte? Sicher muss ich gehen.« Wie sehr ich mich danach sehnte, ihm zu sagen, dass ich alles tun würde, um bei ihm in Kerry bleiben zu können, und alles wieder so zu haben, wie es einmal gewesen war. Aber er war mein Vater, und um seinetwillen musste ich den Mut finden, ihn zu verlassen.
    »Ich wünschte – ich wünschte einfach, du würdest wirklich verstehen, dass das, was geschieht, was sich nun entwickelt, in deiner Hand liegt. Und … und Fainne, es geht um Ereignisse von großer Bedeutung, um viel Wichtigeres, als du oder ich uns je hätten vorstellen können. So wichtig, dass ich nicht wagen würde, es für dich in Worte zu fassen. Wir sind, was wir sind, durch Geburt und durch Blut. Das können wir nicht beherrschen, daraus können wir nicht ausbrechen. Aber man hat immer die Wahl, ein Handwerk zu dem einen oder anderen Zweck auszuüben oder beiseite zu treten. Diese Wahl hast du, Tochter.«
    Ich starrte ihn an. »Das Handwerk nicht auszuüben? Aber – aber was gibt es sonst?«
    Vater antwortete nicht, sondern nickte einfach nur. Seine Miene blieb ruhig. Er war immer ein Meister der Beherrschung gewesen. Wir setzten uns wieder in Bewegung, unser letzter gemeinsamer Gang um die Bucht herum, wo die Gischt hinter uns auf die Felsen der Honigwabe sprühte und die Möwen über uns schrien. Dan Walker kam auf uns zu, die Hand zum Gruß ausgestreckt und ein Grinsen auf seinem dunklen, bärtigen Gesicht.
    »Nun, Ciarán, ich sehe, Ihr habt das Mädchen mitgebracht. Gib Darragh dieses Bündel junge Dame, und dann packen wir dich auf den Wagen. Und du willst wirklich mitkommen?«
    Ich nickte nervös und starrte zu Boden. Ich schaute Darragh nicht einmal an, als er auf mich zukam und mir die Bettrolle unter dem Arm vorzog. Die Truhe wurde schnell auf einen Wagen geladen und ich auf den anderen, wo ich neben Pegs Freundin Molly und ein paar kleinen Mädchen mit ziemlich lauten Stimmen saß. Vater stand neben dem Wagen, und ich dachte, er sähe noch bleicher aus als zuvor, falls das überhaupt möglich war.
    »Ich werde gut auf sie aufpassen, Ciarán«, sagte Dan, als er auf den ersten Wagen sprang und nach den Zügeln griff. »Sie wird bei uns sicher sein.«
    Vater nickte zustimmend. Weiter hinten scheuchten die Jungen Ponys an Ort und Stelle und stießen dabei scharfe Pfiffe aus. Die Hunde fügten der allgemeinen Aufregung ihr Gebell hinzu. Fiacha hatte sich auf einen Aussichtspunkt auf einem abgestorbenen Baum zurückgezogen, und die Möwen zerstreuten sich.
    »Lebe wohl, Tochter«, sagte Vater leise. »Es könnte lange dauern, bis wir uns wieder sehen.«
    Nun, da der Abschied direkt bevorstand, konnte ich kaum sprechen. Die Aufgabe, die vor mir lag, war so beängstigend, dass ich sie mir kaum vorstellen konnte. Den Verlauf einer Schlacht ändern. Das Feenvolk in einem Spiel schlagen, in dem es schon seit mehr Jahren Erfahrung gesammelt hatte, als es Sandkörner am weißen Strand der Bucht gab. Ereignisse von großer Bedeutung … Ich musste tun, was Großmutter von mir verlangte, und zwar um jeden Preis, um meinen Vater für die Jahre der Geduld und das unschätzbare Geschenk des Wissens

Weitere Kostenlose Bücher