Das Kind der Stürme
Vielleicht wäre das möglich. Wenn nicht, würde ich den Veränderungszauber benutzen müssen. Großmutter hielt es wahrscheinlich für dumm, dass ich das bisher noch nicht getan hatte, um über meine Ungeschicklichkeit und über meine Angst vor Fremden hinwegzutäuschen. Ich hielt es selbst für dumm. Aber etwas hielt mich zurück. Ich erinnerte mich an Darraghs Stirnrunzeln und seine Worte: Es gefällt mir nicht, wenn du das tust. Ich erinnerte mich an die Stimme des kleinen Mädchens. Du siehst hübsch aus. Ich war relativ sicher, dass sie nur gescherzt hatte. Aber einen Moment lang hatten ihre Worte mich gewärmt. Wenn ich den Zauber einsetzte, würden mich alle für hübsch halten, aber es würde nicht das Gleiche sein.
Am Ende gab es keine Möglichkeit, dem abendlichen Fest zu entgehen. Peg schob meine Ausrede einfach beiseite, sie nahm mich an der Hand und führte mich nach draußen in den Kreis von Menschen, die auf Teppichen und alten Kisten rund ums Feuer saßen. Sie platzierte mich zwischen Molly und sich selbst, gab mir einen Becher mit etwas Dampfendem, Duftendem in die Hand, dann ließ sie sich selbst nieder, und das alles in scheinbar weniger als einem Augenzwinkern. Ich hatte keine Chance, Einspruch zu erheben.
Rings um das Feuer waren viele Gesichter zu sehen, vertraute und neue. Die kleineren Kinder saßen dösend auf dem Schoß ihrer Eltern oder hatten sich nahe einer wachsamen Schwester oder einem Bruder unter Decken zusammengerollt. Die Älteren erhielten die besten Plätze, die am bequemsten und am dichtesten am Feuer waren. Alle waren dort: Dan Walker mit seinem schmalen dunklen Bart und dem Goldring im Ohr, die Gruppe von Jungen, die ich bei meinem Besuch im Lager zu Hause gesehen hatte, Darragh selbst, der mit zwei bunt gekleideten Mädchen sprach, die ich noch nie zuvor gesehen hatte. Es gab auch andere Leute, die ich nicht kannte und die eindeutig hoch willkommene Gäste waren. Die beiden Mädchen hatten offenbar Brüder oder Vettern, und ein älterer grauhaariger Mann saß bei Dan, einen Becher mit dem dampfenden Getränk aus dem großen Kessel am Feuer in der Hand. Ich trank einen vorsichtigen Schluck. Es schmeckte gut, aber seltsam, so etwas wie Apfelwein mit Gewürzen und Honig.
»Wie wäre es mit einer Geschichte?«, fragte einer. »Wer weiß eine gute Geschichte? Brian? Diarmuid?«
»Ich nicht«, erklärte der grauhaarige Mann und schüttelte den Kopf. »Ich hab Zahnschmerzen. Kann nicht reden.«
»Bah!«, schnaubte ein anderer. »Trink noch ein bisschen mehr, das wird sie schnell kurieren.«
»Es gibt einen Mann auf dem Markt, der Zähne sauber und schnell zieht«, sagte Molly. »Wenn du hingehst, wird er ihn schneller rausziehen, als du auch nur quieken kannst.«
»Dieser Metzger?« Der Mann erbleichte sichtlich. »Dann lasse ich mir den Zahn lieber von meiner Alten mit der Feuerzange ziehen.«
Es gab noch einige Vorschläge, was er tun könnte, aber keiner von ihnen war sonderlich praktisch. Dann erhob Dan Walker die Stimme.
»Ich werde eine Geschichte erzählen«, sagte er. Anerkennendes Gemurmel erklang, dann wurde es still. »Sie handelt von einem Mann namens Daithi, Daithi O'Flaherty. Kein Verwandter der ehrenwerten Familie dieses Namens, die hier in der Nähe wohnt.« Lachen ertönte. »Er war ein Bauer. Und dieser Daithi setzte es sich eines Tages in den Kopf, sich auf den Weg zu seiner Liebsten zu machen, einfach nur, um die Zeit totzuschlagen. Er ging die Straße entlang, als er unter den Büschen am Weg ein leises Geräusch hörte: tap tappiti tap . Daithi war ein kluger Bursche. Er gab keinen Laut von sich, aber er hockte sich nieder und spähte unter die Zweige, um nachzusehen, was das war. Und ich will verflucht sein, wenn er da nicht einen winzig kleinen Kerl sah, mit einem spitzen Hut und einer schönen kleinen Lederschürze, und neben ihm ein Krug mit einem kleinen Schöpflöffel. Der Kleine arbeitete an einem Stiefel, der nicht länger war als ein Teil eures Fingers und der höchstens einem Clurichaun gepasst hätte, wie er selbst einer war. Während Daithi mit angehaltenem Atem zuschaute, legte der Kleine sein Schuhmacherwerkzeug nieder, ging zu dem Krug, tauchte den Schöpflöffel ein und trank einen Schluck, und dann machte er sich wieder an die Arbeit, tap tappiti tap .
›Ich sollte lieber vorsichtig sein‹, sagte sich Daithi. Also sprach er den kleinen Mann ganz leise an.
›Ich wüsche einen guten Tag, mein Herr‹, sagte er so freundlich, wie
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