Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Kind der Stürme

Das Kind der Stürme

Titel: Das Kind der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
Vom Netzwerk:
erklärte den Mädchen, wie sie sich beim Feilschen verhalten sollten, und gab ihnen außerdem allerhand andere Anweisungen, damit sie ja keinen Ärger machten. Vielleicht brauchte ich niemanden zu fragen, ob ich zurückbleiben dürfte. Vielleicht würden sie mich einfach vergessen. Plötzlich wurde ich von Heimweh überwältigt, von der Sehnsucht, Vater wieder zu sehen und im sicheren, vertrauten Kerry zu sein. Wenn ich nur eine kleine Tasche packen und mich allein auf den Weg machen könnte, den ganzen Weg zurücklaufen, bis ich zu dem Hügel kam, wo die Stehenden Steine die Zeit festhielten und ich wieder in der Bucht wäre! Aber ich konnte nicht gehen. Der einzige Weg führte nach vorn. Ich fühlte mich machtlos. Ich war traurig. Ich fühlte mich wahrhaft ausgeschlossen, als gäbe es keinen Ort mehr, an den ich gehörte.
    »Iss lieber auf und mach dich fertig, Mädchen«, riss Pegs Stimme mich aus meinen Gedanken. »Wir machen uns gleich auf den Weg. Es gibt viel zu tun.«
    Ich blickte zu ihr auf, suchte nach Worten. Dann erschien Darragh hinter ihr, in seine besten Sachen gekleidet, das grüne Halstuch verwegen schief, die Stiefel glänzend poliert.
    »Es ist zu weit für Fainne«, sagte er zu seiner Mutter.
    »Sie kommt schon zurecht«, sagte Peg und warf ihm einen ziemlich seltsamen Seitenblick zu. »Sie ist nicht verkrüppelt.«
    »Ich … ich würde am liebsten –« Mehr brachte ich nicht heraus. Zwei Paar Augen sahen mich forschend an, und ich wusste, dass Mutter und Sohn wussten, was ich sagen wollte.
    »Weißt du was?«, meinte Darragh lässig. »Ich werde Fainne mitnehmen. Aoife stört es nicht, wenn sie noch eine Person tragen muss. Ich setze sie nahe den Eichen ab und sorge dafür, dass wir dich finden, bevor ich zum Verkauf gehe. Das ist für alle am besten.«
    »Wenn du willst«, meinte seine Mutter trocken. »Aber beeil dich.«
    »Ja, Mam«, sagte Darragh grinsend und ging auf mich zu. Ich stand mit unzufriedener Miene da, die leere Haferbreischale in der Hand. »Fertig?«, fragte er und zog die Brauen hoch.
    »Ich will nicht mal mitgehen«, murrte ich.
    »Na ja, du kannst nicht allein hier warten, also wird dir gar nichts anderes übrig bleiben«, meinte er leichthin. »Aber du wirst ein Kopftuch brauchen; es wird windig beim Reiten. Und am besten solltest du dir das Haar flechten. Soll ich es für dich tun?«
    »Ganz bestimmt nicht!«, fauchte ich. »Ich bin doch kein Kind. Ich mache das selbst.«
    »Beeil dich«, sagte er ruhig.
    Eines der Mädchen bot mir Hilfe mit dem Haar an, und weil ich es eilig hatte, ließ ich es zu. Aber das sollte ich bald bereuen.
    »Sonderbehandlung, wie?«, fragte sie, während sie sich durch meine dicken, wirren Locken arbeitete.
    Ich konnte sie nicht ansehen, um ihren Klatsch mit einer geringschätzigen Miene zum Schweigen zu bringen. Daher war ich gezwungen zu antworten: »Wie meinst du das?«
    »Mit Darragh zu reiten. Das hat er noch nie zuvor getan – ein Mädchen mit sich zur Kreuzung genommen. Es sind zu viele hinter ihm her, das ist sein Problem. Darragh ist da sehr vorsichtig und zeigt keine Vorlieben.«
    Ich wusste wirklich nicht, was ich sagen sollte. Ich hätte sie am liebsten geschlagen, aber sie hielt mein Haar fest.
    »Darum geht es auch nicht«, flüsterte ich zornig. »Er versucht nur zu helfen, weil ich nicht so schnell laufen kann.« Ich bewegte meinen rechten Fuß ein wenig, um zu zeigen, dass der Stiefel eine andere Form hatte als gewöhnliche Schuhe.
    »Ach, das?«, meinte das Mädchen geringschätzig. »Das ist doch nichts. Du könnest schon Schritt halten. Hast du ein Band?«
    Ich reichte ihr das Band über die Schulter hinweg.
    »Nein. Er bevorzugt dich. Es passt so gar nicht zu ihm, hier zu warten, und das am ersten Markttag. Er ist sonst immer der Erste, der aufsteht, wenn die Sonne noch kaum aufgegangen ist. Darragh ist verrückt nach Pferden. Warte, bis er an der Kreuzung auftaucht, mit dir auf dem Pferd. Das wird ein paar Herzen brechen.«
    »Ich bin sicher, dass du dich irrst«, sagte ich und spürte, wie meine Wangen vor Verlegenheit glühten. »Es ist nur … ich bin keine von euch. Ich bin eine Fremde, ein Gast. Er versucht nur höflich zu sein. Das ist alles.«
    Das Mädchen band die Zöpfe ordentlich. »Mag sein«, sagte sie und beugte sich mit einem kleinen Grinsen vor, das sie als eine weitere aus Pegs scheinbar endloser Brut kennzeichnete. Sie war offenbar Darraghs Schwester. Ich konnte mich nicht einmal an ihren Namen

Weitere Kostenlose Bücher