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Das Kind der Stürme

Das Kind der Stürme

Titel: Das Kind der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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man nur sein kann.
    ›Euch ebenfalls, Herr‹, erwiderte der Kleine und hämmerte weiter.
    ›Und was ist es, was Ihr da herstellt?‹, fragte Daithi.
    ›Ein Schuh, das ist doch wohl klar‹, erklärte der Clurichaun spöttisch. ›Und was habt Ihr vor, dass Ihr hier unterwegs seid, statt zu arbeiten?‹
    ›Ich werde schon bald wieder an die Arbeit zurückkehren‹, erwiderte Daithi, und er dachte: Aber vorher fange ich dich. ›Jetzt sagt mir, was habt Ihr in Eurem schönen kleinen Krug dort?‹
    ›Bier‹, sagte der kleine Mann. ›Das Beste, was je gebraut wurde. Ich habe es selbst gemacht.‹ Er lecke sich die Lippen.
    ›Tatsächlich?‹, sagte Daithi. ›Und was benutzt Ihr für ein solches Gebräu? Malz?‹
    Der Clurichaun verdrehte die Augen. ›Malz? Malz ist für Kinder. Dieses Bier ist aus Heidekraut gebraut. Es gibt nichts Besseres.‹
    ›Heidekraut?‹, rief Daithi. ›Man kann doch aus Heidekraut kein Bier brauen.‹
    ›Ah‹, sagte der kleine Bursche. ›Dubhghaill hat mir gezeigt, wie es geht. Es ist ein Geheimrezept. Nur meine eigene Familie stellt es her und keine andere.‹
    ›Darf ich es einmal versuchen?‹
    ›Sicher‹, erwiderte der Clurichaun. ›Aber ich bin schockiert, dass ein feiner Bauer wie Ihr seine Zeit damit verbringt, an der Straße zu trinken, wenn seine eigenen Gänse aus dem Hof gerannt sind und sich im Nachbarsgarten tummeln.‹
    Daithi war erschrocken und hätte sich beinahe umgedreht, um wieder zu seinem Haus zu laufen und nachzusehen, ob der kleine Mann Recht hatte. Aber im letzten Augenblick nahm er sich zusammen und streckte stattdessen die Hand aus und packte den Clurichaun am Bein. Der Krug fiel um, und das Bier floss auf den Boden.
    ›Nun‹, sagte Daithi so streng er konnte, ›werdet Ihr mir zeigen, wo Ihr Euer Gold aufbewahrt, oder Ihr werdet es bereuen.‹
    Der Clurichaun saß in der Falle, denn wie wir alle wissen, braucht man einen von ihnen nur festzuhalten, und er muss einem seinen Schatz zeigen. Also gingen sie zu einem von Daithis eigenen Feldern, an eine Stelle, an der noch viele Steine weggeräumt werden mussten, bevor es bepflanzt werden konnte. Der Clurichaun zeigte auf einen dieser großen Steine am südlichen Ende des Feldes.
    ›Dort‹, sagte er. ›Da drunter, da ist mein Goldschatz, und den könnt Ihr Euch holen.‹
    Nun, Daithi strengte sich an und versuchte, den Stein zu bewegen, drückte und schob, und ließ den Clurichaun die ganze Zeit nicht los, und schließlich wusste er, dass er den Stein nicht ohne Spaten vom Fleck bekommen würde. Er würde ihn allerdings kennzeichnen müssen, bevor er den Spaten holte. Daithi tastete in seiner Tasche. Dort fand er ein Stück rotes Band, das er von einem Hausierer gekauft hatte, um es seiner Liebsten zu schenken. Er zog es heraus und band es um den Stein, unter dem das Gold vergraben lag.
    ›So‹, sagte er. Dann sah er den kleinen Mann stirnrunzelnd an. ›Und bevor ich Euch freilasse‹, sagte er, denn er wusste, wie heimtückisch diese Geschöpfe sein können, ›will ich Euer Wort. Ihr werdet den Schatz nicht wegholen, bevor ich mit dem Spaten zurückkomme. Und Ihr werdet auch das Band nicht von diesem Stein nehmen. Versprecht es mir.‹
    ›Ich verspreche es‹, erklärte der Clurichaun vollkommen ehrlich.« Leises Lachen erklang von denen unter Dans Zuhören, die das Ende der Geschichte schon kannten oder ahnten.
    »›Also gut‹, sagte Daithi.
    ›Werdet Ihr mich nun bitte gegen lassen?‹, bat der kleine Mann höflich. Also ließ Daithi ihn gehen, und der Clurichaun machte sich gleich davon. Daithi ging nach Hause, um seinen Spaten zu holen, und eilte wieder zu dem Feld zurück, den Kopf schon voller Gedanken daran, was er tun würde, wenn er den Goldschatz gefunden hatte. Und als er um die Ecke bog und das Feld in Sicht kam, was sah er da? Jeder einzelne Stein auf dem Feld hatte ein rotes Band, ordentlich gebunden. Und so lange er auch grub, Daithi O'Flaherty hat den Schatz des Clurichauns nie gefunden.«
    Zufriedener Applaus erklang. Selbst mir hatte die Geschichte gefallen, obwohl ihr die Großartigkeit der Geschichten fehlte, die mein Vater erzählte. Dann schlug der grauhaarige Mann, der inzwischen offenbar von seinen Zahnschmerzen geheilt war, vor zu singen. Er sang ein schönes, ermutigendes Lied darüber, wie schwer es war, im bitterkalten und rauen Land von Caenn na Mara sein Dasein zu fristen, und wie er es dennoch liebte, und dass sein Herz ihn stets dorthin zurückrufen würde.

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