Das Kind der Stürme
einer. Wie heißt Ihr, Herr?«
Der Mann war vor Verlegenheit rot angelaufen, aber er grinste auch. »Er heißt Ross«, sagte ein hilfreicher Freund lachend. »Er hat nicht alle Tassen im Schrank, aber er ist doch ein prima Kerl.« Es klang, als hätten sie schon früh mit dem Bier angefangen.
»Du hättest doch gern eine hübsche Liebste, nicht wahr, Ross?«, fragte der Assistent, als er das Opfer die Wagenstufen hinaufzog, wo alle ihn sehen konnten. »Sehen wir mal, ob wir eine für dich finden können. Welche von euch Damen möchte das Elixier versuchen?«
Es gab verlegenes Füßescharren, und dann wurde es still. Anscheinend wollte ihn keine. Ich war nicht überrascht. Der Mann, den sie ausgesucht hatten, war mager und sah nicht allzu sauber aus, und er hatte eine triefende Knollennase.
»Kommt schon«, lockte der Helfer. »Wer will es versuchen? Es muss doch eine hübsche Dame hier geben, die ein wenig Spaß haben möchte? Nein? Dann muss der Meister selbst wählen.«
Der Mann im schwarzen Umhang war bereits vom Wagen gestiegen und an der ersten Reihe entlanggegangen, wo die Leute dicht gedrängt standen. Ich hatte ihn beobachtet, während alle anderen ihre Aufmerksamkeit auf den Mann gerichtet hatten, der das Reden übernommen hatte. Der Meister hatte eine feine Goldkette mit einem kleinen glitzernden Gegenstand daran in der Hand, und er ließ ihn hin und her baumeln, immer hin und her.
»Vielleicht gibt es auch eine kleine Belohnung für das Mädchen, das mutig genug ist«, deutete der Assistent an. Der Meister ging hin und her. Die kleine Kette schwang nach links und rechts, links und rechts. Er blieb stehen. Er streckte den Finger aus und zeigte auf jemanden.
»Ah!«, rief der Assistent. »Wir haben eine Dame, die es wagen will. Kommt herauf, meine Liebe, kommt und trinkt dieses hervorragende Elixier, das sorgfältig ausgewählte Kräuter und Beeren und nur ein winziges bisschen« – er machte einen Kreis mit Daumen und Zeigefinger – »der geheimsten Zutaten enthält. Nur einen winzigen Schluck.«
Das Mädchen, das sie ausgewählt hatten, war sehr jung, sicherlich jünger als ich selbst. Sie trug ein an vielen Stellen geflicktes Kleid. Dennoch war ein zartes Blühen an ihr, das vielleicht einen Mann interessiert hätte. Niemand legte Einspruch ein, als die Männer sie nach vorn führten. Offenbar war sie allein hier. Niemand bemerkte, wie sie auf die kleine Goldkette starrte, die hin und her schwang, immer hin und her, als wäre das alles, was sie sehen konnte. Niemand außer mir. Und ich spüre, wie ich immer zorniger wurde.
Der Meister steckte die Goldkette wieder in die Tasche. Das Mädchen stand vor ihm, die Züge ausdruckslos. Auf der anderen Seite warf ihr der Mann mit der Knollennase einen gierigen Blick zu, dann verdrehte er die Augen zu seinen Kumpanen in der Menge, die lachten und einander vielsagende Rippenstöße versetzten.
Der Meister beugte sich vor und flüsterte dem Mädchen etwas ins Ohr. Ich hörte nur: »Trink das hier, meine Liebe.« Aber es war mehr gewesen. Ich konnte raten, was es war.
Sie nahm den kleinen Becher in die Hand und trank. Es herrschte erwartungsvolles Schweigen. Einen Augenblick lang geschah nichts. Dann drehte sie sich um, immer noch mit ausdrucksloser Miene, und ging auf den Mann, Ross, zu. Sie schlang ihm die Arme um den Hals, schmiegte sich an ihn und drückte ihm einen langen Kuss auf die Lippen. Die Menge jubelte und applaudierte. Ich sah zu, wie der Mann ihre Röcke betastete und ihr seine Zunge in den Mund schob. Ich wartete darauf, dass der Meister mit den Fingern schnippte oder die Hand vor den Augen des Mädchens bewegte und zurücknahm, was er getan hatte. Stattdessen sah er zu, wie der Bursche das Mädchen die Stufen herunterführte und sich mit ihr durch die Menge zu schieben begann. Eine Gruppe von Männern scharte sich um den Karren, begierig, das Elixier zu erwerben. Ich war empört. Es war nichts als Betrug, ein alter Trick, der nicht schwer war, wenn man das richtige Opfer fand. Es war leicht bewirkt und leicht zurückzunehmen.
Aber dieser Mann hatte es nicht zurückgenommen. Er hatte das kleine Mädchen gehen lassen, mit diesem Mann, und … und wie ich schon sagte, man ist eben, was man ist. Manchmal muss man einfach handeln. Der Regenbogenvogel saß auf seiner Stange an der Schulter des Meisters und kreischte immer noch so empört, wie es ihm meiner Ansicht nach zustand. Ich sah ihm in die Augen und sprach in meinem Geist ein
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