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Das Kind der Stürme

Das Kind der Stürme

Titel: Das Kind der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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Wort.
    Das Lederband, das den Vogel hielt, zerriss. Niemand sah es. Der Vogel schrumpfte, und dann schwoll er und veränderte sich. Einen Augenblick lang bemerkten die sich drängenden Käufer noch nichts. Bunte Federn wurden zu glitzernden Schuppen. Klauen und Schnabel verschwanden. Ich benutzte meine Fantasie. Das Geschöpf wurde lang und schlank und geschmeidig. Die Schlange wand sich um die Sitzstange, spürte die Macht in ihrem muskulösen Hals, spürte das Gift in den Zähnen, bewegte die gespaltene Zunge. Spürte die beinahe vergessene Macht der Freiheit.
    Dann sagte ein Kind: »Mam, was ist denn das?«
    Der Meister erstarrte, als sich etwas über seine Schultern und um seinen Hals wand, oberhalb des fadenscheinigen schwarzen Umhangs.
    »Aaah …«, brachte er noch hervor, nur den Schatten eines Geräuschs. Sein Assistent wich zurück. Die Menge ebenfalls. Der Mann Ross, der gerade den Rand der Menge erreicht hatte, blieb stehen und schaute zurück, ohne dabei den Arm des Mädchens loszulassen. Ich machte einen Schritt vorwärts und sorgte dafür, dass der Meister mich sehen konnte.
    »Nimm es zurück«, sagte ich sehr leise.
    Seine Augen quollen vor. Sein Gesicht war violett. Vielleicht drückte die Schlange sehr fest zu. Das war mir gleich.
    »Ruf das Mädchen zurück und nimm zurück, was du getan hast«, sagte ich wieder, so leise, dass nur er und sein Assistent es hören konnten. »Tu es sofort, oder du bist tot. Glaub nicht, dass mich interessiert, was aus dir wird.«
    »Aaah …«, röchelte der Meister abermals und verdrehte die Augen zu seinem Assistenten. Die Schlange veränderte ihren Griff, und ihr Schwanz rutschte von der Sitzstange, um sich fest um den Arm des Meisters zu winden. Nun musste er ihr volles Gewicht tragen. Der kleine dreieckige Kopf befand sich direkt vor seinen Augen.
    Der Assistent regte sich schließlich und rief: »Du da! Bring sie zurück!«
    Die Menge teilte sich für Mann und Mädchen. Angst hielt die Menschen vom Wagen fern, Faszination ließ sie dennoch in der Nähe bleiben, denn diese Ereignisse würden noch lange Zeit Stoff für Gespräche am Feuer liefern. Der Assistent packte den anderen Arm des Mädchens und riss sie von dem gierigen Ross weg. Er musste nicht sonderlich fest ziehen. Ross war beim Anblick der bösen kleinen Augen der Schlange blass geworden. Er verschwand rasch im Schutz der Menge.
    Das Mädchen wurde näher herangeführt. Ihre Miene war immer noch ausdruckslos; das erschreckende Geschöpf hätte genauso gut ein Igel oder ein Schaf sein können.
    »Nimm es zurück«, zischte ich. »Und beeile dich. Oder die Schlange wird zubeißen.« Ich war nicht sicher, ob ich das wirklich erreichen konnte, aber es hörte sich gut an. Der Meister hob eine zitternde Hand und schnippte einmal mit den Fingern vor den Augen des Mädchens. Sie blinzelte und rieb sich die Augen. Dann sah sie die Schlange und schrie auf.
    »Schon gut«, sagte ich im Schutz der aufgeregten Reaktion der Menge zu ihr. »Geh nach Hause. Geh schon. Finde deine Verwandten und geh nach Hause.«
    »Vater …«, sagte sie entsetzt, als erinnerte sie sich an etwas. »Vater wird mich umbringen!« Sie sah sich hektisch um, entdeckte jemanden bei den Pferden und rannte davon.
    »Erggh …«, erklang ein würgendes Geräusch. Ich hatte den Meister nicht vergessen. Nicht vollkommen. Und ich musste nun schnell handeln und verschwinden, denn ich hatte Roisin am Rand der Menge erspäht und wusste, dass die anderen ebenfalls da sein mussten und nach mir suchten.
    Ich sah der Schlange in die kleinen, glänzenden Augen. Ich war mit meiner Schöpfung recht zufrieden. Aber eine Schlange konnte nicht fliegen. Ich sprach das Wort, und sie veränderte sich. Der Meister keuchte schmerzerfüllt auf, als der Vogel ihm einen Moment die Krallen in die Schulter drückte, dann breitete das Tier die bunten Flügel aus und erhob sich ein wenig ungleichmäßig in die Luft, umkreiste die Menge mit einem verächtlichen Schrei und flog dann nach Osten. Alle blickten nach oben und reckten die Hälse, um den Vogel zu sehen. Ich hatte nicht viel Zeit, aber ich kannte mich mit solchen Dingen aus. Käfigtüren sprangen auf, Riegel fielen aus ihren Halterungen. Nicht alle konnten gleich fliehen, einige musste ich erst verändern. Der Hase wurde zu einem schönen, gesunden Pony, das ich mit einem Klaps aufs Hinterteil in die Richtung der Pferdereihen schickte. Dort würde er gut zurechtkommen. Das pelzige Geschöpf mit den Klauen

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