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Das Kind der Stürme

Das Kind der Stürme

Titel: Das Kind der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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verwandelte ich in ein Eichhörnchen, das schnell wie der Blitz über den Boden schoss und eine Eiche hinaufkletterte, wo es sich rasch versteckte. Die Finken und Tauben konnten für sich selbst sorgen. Vielleicht waren sie noch nicht lange gefangen, denn sie flatterten schnell davon, um ihr Glück mit dem Winter, den Fallenstellern und den Falken zu versuchen. Aber dann blieb noch ein Gefangener. Die kleine Eule, deren Käfig nun ebenfalls offen stand, verharrte bebend auf ihrer Sitzstange, hob erst einen Fuß und dann den anderen und schien irgendwie den ersten Schritt nicht machen zu können. Und nun bemerkten die Leute, was geschah, starrten hin, und der Meister und sein Helfer kamen auf mich zu, während ich weiter versuchte, das Geschöpf durch reine Willenskraft dazu zu bewegen, endlich loszufliegen. Ich glaubte, Pegs Stimme zu hören, die meinen Namen rief.
    Flieg, du dummes Tier, sagte ich im Geist zu dem Vogel. Ich konnte ihn nicht verändern, er war zu zart und zu verängstigt, um das zu überleben. Eine rasche Entscheidung war erforderlich. Ich wandte mich dem Meister zu.
    »Gib mir diese Eule. Oder ich werde allen Leuten sagen, was für ein Betrüger du bist und dass all deine Tinkturen unnütz sind. Ich bin dazu in der Lage.«
    Er schaute an seiner Nase entlang hinab auf mich herab. »Du?«, zischte er leise genug, dass die anderen es nicht hörten. »Eine Bauersfrau? Das glaube ich nicht. Und jetzt verschwinde, oder ich lasse dich auspeitschen, weil du meine Vorstellung verdorben und meine Tiere gestohlen hast. Verschwinde, weg mit –« Er blieb abrupt stehen, als ich seinen Hals anstarrte und einen weiteren kleinen Zauber anwandte.
    »Ah … aaagh …«
    »Siehst du?«, sagte ich freundlich. »Die Schlange war nur etwas fürs Auge. Ich brauche so etwas nicht, um dich langsam zu erwürgen. Gib mir den Vogel.«
    Er gestikulierte wild mit der Hand und umklammerte seinen Hals mit der anderen. Der Assistent nahm den kleinen Käfig mit seiner Bewohnerin und reichte ihn mir.
    »Gut«, sagte ich ruhig und hob den Zauber auf. Der Meister taumelte keuchend rückwärts, und sein Assistent wurde von gestikulierenden, verwirrten Zuschauern belagert. Nun, da sie sicher waren, dass die Schlange verschwunden war, wollten sie Antworten.
    Der Meister starrte mich an.
    »Wer bist du?«, flüsterte er, und echte Angst stand in seinem Blick.
    »Ich bin die Tochter eines Zauberers und mehr Meisterin, als du mit deinen billigen Tricks je sein wirst«, sagte ich ihm. »Versuche nie wieder, ein kleines Mädchen dazu zu bringen, dass es sich wie eine Hure benimmt. Denk nicht einmal daran.« Ich zeigte auf meinen eigenen Hals, als wollte ich ihn vor den Konsequenzen warnen. Dann entdeckte ich Molly und hinter ihr Roisin, und ich verschwand schnell in der Menge, wo ich nur eine weitere Bauersfrau war, die sich einen schönen Tag machen will.
    Ich zog mich in eine stille Ecke hinter einem leeren Wagen zurück und setzte mich ins Gras. Ich sprach die Worte leise, und dann war ich wieder ich selbst, ein Mädchen vom fahrenden Volk in einem gestreiften Kleid, mit einem Kopftuch mit blauem Rand, einem langen roten Zopf und einem Hinkefuß. Ein Mädchen, das das schönste Schultertuch auf dem Markt trug, ein Tuch mit einem stolzen Muster aus Geschöpfen aller Art. Ein Mädchen, das einen zerbrochenen Käfig mit einer verrückten Eule darin in der Hand hielt. Und dieser Teil war unangenehm. Ich redete sehr leise auf das Geschöpf ein. Es schien beinahe gelähmt vor Angst, und seine einzigen Bewegungen waren das seltsame, mechanische Heben und Senken der Füße.
    »Hab keine Angst«, sagte ich unsicher, ob es mich auch nur hören konnte, von Verstehen gar nicht zu reden. »Du kannst jetzt gehen. Fliegen. Flieg weg, du bist frei.« Ich griff ganz vorsichtig in den Käfig und erwartete zumindest, dass der Vogel nach meinen Fingern hacken würde. Er tat nichts weiter als dieses sinnlose Heben und Senken der Füße. Vielleicht hatte er ja wirklich den Verstand verloren. Vielleicht wäre es besser, ihm einfach den Hals umzudrehen. Wieder konnte ich über den Lärm der Menge hinweg hören, wie Peg nach mir rief.
    »Komm schon«, sagte ich. »Hilf mir ein bisschen.« Ich schloss die Hand um das Geschöpf, drückte die Flügel fest an den Körper, damit es sich nicht wehtun konnte, und hob es vorsichtig heraus, mit dem Kopf voraus. Ich konnte den hektischen Herzschlag und die Zerbrechlichkeit des kleinen Körpers spüren, all die winzigen

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