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Das Kind der Talibanfrau

Das Kind der Talibanfrau

Titel: Das Kind der Talibanfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yair Nehorai
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Hemdchen
    Gräuel
    Hölle
    zerreißen
    verbrennen
    zerstören.
    Alte Zeitung
    dreckig
    sie lächelt
    rosa Unterwäsche
    vielleicht rot
    muss sie vom Boden aufheben
    niemand schaut hin.
    Ein winziges Hemdchen
    nicht mal warm genug
    ganz schwarz von den Schuhsohlen
    sie sind auf sie draufgetreten.
    Bauch
    Beine
    gelbes Haar
    aus Gold
    bis zum Bauchnabel
    muss die Zeitung ordentlich machen.
    Ihr ist kalt
    nackt
    geh in die Mikwe
    wegwerfen
    drauftreten
    in Stücke reißen.
    Armes Ding
    keine Mama und kein Papa
    kein Zuhause
    keine Freunde
    keine Synagoge
    keine Rabbis
    sie ist allein
    ein gekidnapptes Baby
    deshalb lacht sie.
    Steck sie in die Tasche
    niemand wird sie sehen
    im Schutzraum.

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    David ist geächtet
    darf nicht mit ihm reden
    nahe kommen
    und ihn ansehen.
    Nicht in der Schule
    nicht im Viertel
    und sonst wo.
    Er sündigt und lenkt ab
    Fernseher
    des Teufels schwarze Kiste
    in seinem Haus.
    Tat so als wäre er ein Zaddik
    ein weiser Schüler
    ein Alleswisser
    Raschi
    hat die Mischna auswendig gelernt
    den Vers der Woche.
    schleimt sich ein
    meldet sich ständig
    wackelt beim Beten wie eine Schaukel hin und her.
    Ungläubiger
    sieht fern
    ächten
    hat Rabbi Schulman gesagt
    auch seine Eltern
    und seine Brüder.
    Teufel
    wie Fotografieren im Tempel.

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    Achaschwerosch Metuschalach
    riesiger Pillermann
    fett
    größer als von den Alten in der Mikwe.
    Schwarz
    auch braun
    mit Röhren
    rosa
    und rot
    von unten bis oben
    und eine große Kippa
    ein großer Zaddik.
    Faul
    ein Penner
    will sich nur verstecken
    und schlafen.
    Muss mit dem Stock
    kratzen
    damit er herauskommt.
    Bleibt groß
    eine Stunde lang
    wird nicht müde
    kann töten.
    Meiner ist klein
    kein bisschen gruselig.

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    Die Schwestern sind in der Küche
    ins Wohnzimmer zu gehen ist verboten
    Sabbat-Tisch
    Heiligkeit.
    Nur Faigy darf rein
    das Essen bringen
    aber ohne zu reden.
    Mama passt auf
    Jungs im Wohnzimmer
    Mädchen in der Küche
    kein Lachen
    kein Schreien
    Sabbat-Lieder müssen geflüstert werden
    kann es im Wohnzimmer hören.
    die Stimme einer Frau ist ihre Nacktheit.
    nicht gucken
    nicht näher kommen
    nicht reden
    nicht lächeln
    nicht zuhören.
    Die größten Zaddikim im Haus
    im Viertel
    in der Stadt
    im Land
    auf der Welt.
    Mehr als Raschi Rambam und der Gaon von Wilna
    zusammen
    Paradies.

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    Schlafen
    Schlafen
    wenn nur endlich das Morgengebet zu Ende wäre.
    Die Füße
    der Rücken
    die Hände
    schlafen.
    Um halb sechs morgens
    als die Sonne den Mond vertrieb
    durchsuchte Papa das Haus nach Brot
    schlafen
    das Haus ist koscher für das Pessach
    mehr als irgendein anderes
    gar kein Brot
    rein.
    Mittags haben wir angefangen sauber zu machen
    genau um eins
    ich habe auf die Uhr geschaut.
    Alle
    Schwestern
    Brüder
    Papa.
    Mama hat aufgepasst
    Brot in den Bodenfliesen
    innen
    tief
    in den Ritzen
    muss alles raus
    mit dem Lappen
    feste scheuern
    langsam
    gründlich
    man darf es nicht finden
    eine Mitzwa.
    Das Brot eine Schlange
    versteckt sich
    in den Fliesen
    von der Rückseite
    von unten
    versucht abzuhauen
    ein Teufel
    wird es nicht schaffen
    Mama sieht es
    von ganz oben
    steht darüber.
    Noch einmal
    von vorn
    mehr Wasser
    Seife.
    Ich schrubbe die Fliese
    er ist verletzt
    läuft weg
    bleib stehen
    und er kommt zurück.
    Fest putzen
    damit es stirbt
    böses Brot
    ein Sünder und Verführer
    der Allmächtige schaut zu.

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    Viele Bodenfliesen
    eine Million
    der ganze Raum.
    Die Hand ist runzelig
    wie die Alten
    darf nicht aufhören
    Mama
    befiehlt es.
    Ich bin Samson der Held
    ich werde das Brot besiegen
    bin viel stärker.
    Muss feste schrubben
    damit er es hört
    und wegläuft.
    Die Hand ist müde
    faul
    tut weh
    der Rücken auch
    der Hals.
    Nicht reden
    nicht lachen
    sieh auf den Boden
    such nach Brot
    such.
    Faigy weint
    ein Baby
    weiß nicht wie man sauber macht
    Brot in den Kleidern
    Mama hat ihren Schrank durchsucht
    dreimal
    noch einmal schütteln
    polieren
    abbürsten
    noch mal von vorn.
    Lass sie weinen
    Pessach
    eine große Mitzwa.
    Um halb sechs morgens waren wir die Sieger
    das Brot ist weggelaufen.
    Schlafen.

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    Mama ist wieder da
    hör auf zu spielen
    hör auf zu lachen
    hör auf zu reden
    wasch die Lippen
    versteck die Bilder
    schlag die Mischna auf.
    Bin im Wohnzimmer geblieben
    Bete
    Psalmen.
    Muss abhauen
    erst ich
    dann Faigy.
    Will Achaschwerosch nicht
    und auch keinen Sandkasten
    nur Süßigkeiten
    Eis am Stiel
    und Schokolade.
    Im Schutzraum ist es süß.

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    Ich bin
    Rabbi Schimon bar

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