Das Kind des Schattens
Levon, »einer von den Schwänen ist auf ihn niedergestoßen.«
Dave erinnerte sich, dass Mabon nur zwei Tage zuvor sein Leben gerettet hatte, als Avaia selbst in einem verschwommenen Todesschleier aus einem klaren Himmel herabgekommen war. Er schluckte und brachte mit Mühe hervor: »Torc, ich habe auch Barth und Navon gesehen, alle beide. Sie waren …«
Torc nickte steif. »Ich weiß. Ich habe es auch gesehen. Alle beide.«
Diese Kleinkinder im Wald, dachte Dave. Barth und Navon waren gerade vierzehn, als sie starben. In seiner ersten Nacht in Fionavar hatten er und Torc die beiden Jungen im Faelinnhain beschützt. Sie hatten gewacht und sie vor einem Urgach errettet, nur um sie jetzt …
»Es war der Urgach in Weiß«, sagte Dave. Die Bitterkeit stieg wie Galle in seinen Mund. »Es war dieser ganz große. Er hat sie beide getötet. Mit einem Schlag.«
»Uathach.« Levon spuckte diesen Namen fast aus. »Ich hörte, dass die anderen ihn so gerufen haben. Ich versuchte, ihn zu verfolgen, aber ich konnte ihn nicht …«
»Nein! Mit ihm kannst du es nicht aufnehmen, Levon«, unterbrach ihn Torc, und seine Stimme klang beschwörend. »Nicht allein. Wir werden sie besiegen, weil wir es müssen, aber versprich mir jetzt, dass du, ihn niemals alleine verfolgst. Er ist mehr als ein Urgach.«
Levon schwieg. »Versprich mir!« wiederholte Torc. Er drehte sich um und stand breit vor Avens Sohn, er achtete nicht auf die Tränen, die noch immer in seinen Augen glänzten. »Er ist zu groß, Levon, und zu schnell, und er hat noch eine Eigenschaft mehr. Versprich es mir!«
Ein Augenblick verging, bevor Levon antwortete. »Nur euch beiden kann ich es versprechen. Versteht es. Aber ihr habt mein Wort.« Sein gelbes Haar leuchtete in der Sonne. Mit einer steifen Drehung seines Kopfes warf er es zurück, dann wandte er sich jäh um und ging zu den Pferden zurück. Ohne seinen Schritt zu unterbrechen, stieß er hervor: »Kommt. Heute morgen wird in Celidon der Rat der Stämme abgehalten.« Ohne auf sie zu warten, saß er auf und ritt davon.
Dave und Torc tauschten einen Blick, dann bestiegen sie zu zweit das graue Pferd und ritten ihm nach. Auf halbem Weg zu den aufgerichteten Steinen holten sie ihn ein, denn Levon hatte auf sie gewartet. Sie hielten neben ihm an. »Vergebt mir«, bat er, »ich bin ein Tor und ein Tor und ein Tor.«
»Ja, mindestens zwei davon«, stimmte Torc bedeutungsvoll zu. Dave lachte. Und bald darauf lachte auch Levon. Ivors Sohn streckte seine Hand aus, und Torc ergriff sie. Sie schauten auf Dave. Schweigend legte auch er seine rechte über ihre beiden Hände. Den Rest des Weges ritten sie zusammen.
»Der Weber sei gepriesen, wie auch die goldenen Fäden seines Gewirks«, rief zum dritten Mal der ehrwürdige Dhira, der Häuptling des ersten Stammes.
Allmählich ging er Dave auf die Nerven. Sie befanden sich in der Versammlungshalle in Celidon. Es war keine sehr große Halle, aber sie genügte für die nicht sehr zahlreichen Teilnehmer der Versammlung der Aven, der trotz eines bandagierten Armes und einer Wunde an der Schläfe, ähnlich der, welche Levon davongetragen hatte, wach und beherrscht aussah, die Häuptlinge der anderen acht Stämme mit ihren Ratgebern, Mabon, der Herzog von Rhoden, der auf einem Strohsack lag; ganz offensichtlich litt er Schmerzen, war aber genauso offensichtlich entschlossen, mit dabei zu sein, und schließlich dann Ra-Tenniel, der Lord der Lios Alfar, zu dem aller Augen immer wieder in Ehrfurcht und Staunen zurückkehrten.
Aber manch einer fehlte und wurde schmerzlich vermisst. Dave wusste es. Zwei von den Häuptlingen: Damach vom zweiten Stamm und Berlan vom fünften Stamm hatten ihren Rang erst jetzt erhalten, sie waren Sohn bzw. Bruder von Männern, die beim Fluss gefallen waren.
Zu Daves Überraschung hatte Ivor den Vorsitz über die Versammlung Dhira überlassen. Torc flüsterte eine knappe Erklärung: Der erste Stamm war der einzige, der nie über die Ebene gezogen war, Celidon war seine ständige Heimat. Hier in der Mitte der Ebene blieben sie, sie empfingen Botschaften und gaben sie an alle Stämme weiter, bewahrten die Aufzeichnungen der Dalrei, versahen die Stämme mit ihren Schamanen und führten hier in Celidon den Vorsitz über die Versammlungen. Immer … selbst in Gegenwart eines Aven. So war es in Revors Zeit gewesen, und so war es auch jetzt.
So war es eben festgelegt und Tradition, dachte Dave. Theoretisch war es irgendwie vernünftig, aber das half
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