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Das Kind

Titel: Das Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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Taschentüchern, vier Aspirin und einem Träger Bier im warmen Bett vor dem Fernseher zu verbringen, während andere die Arbeit für ihn erledigten. Stattdessen musste er jetzt im strömenden Regen nach einer Leiche graben. Genauer gesagt nach dem, was von ihr noch übrig war. Der Kopf, den sie in dem Grab eines Rottweilers gefunden hatten, war so klein, dass sie ihn in einem Damenschuhkarton abtransportieren konnten, sobald die Spurensicherung hier durch war. Engler stapfte wütend durch eine Pfütze zu dem provisorischen Planenzelt hinüber, das direkt hinter dem Jägerzaun als Unterstand diente. Seit ihrer Ankunft steigerte sich der Regen von Minute zu Minute, und Brandmann musste in regelmäßigen Abständen mit einem Holzstock nach oben schlagen, damit das angestaute Wasser schwallartig über die Seiten der Plastikplane abfl ießen konnte. «Mist!«, hörte er den Sonderermittler laut fl uchen. Ein Teil der Sintfl ut war Brandmann in den Kragen gelaufen, und Engler fragte sich nicht zum ersten Mal, wie der ungeschickte Typ es überhaupt bis zum Bundeskriminalamt schaffen konnte. Er würde drei Kreuze schlagen, wenn das Riesenbaby wieder verschwunden war. Dann würden sie endlich alle
zu ihrer gewohnten und bewährten Arbeitsweise zurückkehren können.
»Wie geht’s Ihrem Kopf?«, fragte Brandmann, als Engler sich fröstelnd neben ihn in den Unterstand zwängte. »Wieso Kopf? Der Mistkerl hat mir den Elektroschocker in den Rücken gestoßen.«
»Und Sie sind sicher, dass es nicht Stern gewesen sein kann?«
»Wie oft denn noch?« Engler unterdrückte einen Impuls, den Schleim in seinem Mund auf den Boden zu spucken. »Der Mann trug einen OP-Mundschutz bis unter die Augen, einen Arztkittel und vermutlich eine Langhaarperücke. Nein, ich bin mir nicht sicher. Aber er sprach anders und wirkte etwas kleiner.«
»Schon komisch. Ich wette, wir fi nden Sterns Fingerabdruckspuren am Tatort.«
»Und ich wette, wir …«
Engler stockte mitten im Satz, holte sein vibrierendes Handy aus der Hosentasche und sah auf das zerkratzte Display, das ihm den Anruf eines unbekannten Teilnehmers signalisierte.
Er legte den Zeigefi nger an seine Lippen, obwohl Brandmann im Augenblick gar nichts sagen wollte, und klappte sein Telefon auf.
»Hallo?«
»Hab ich recht gehabt?«, hörte er Robert Sterns vertraute Stimme fragen.
2.
E ngler schniefte und nahm dankbar von einer uniformierten
Polizistin einen Pappbecher mit dampfendem Kaffee entgegen.
»Ja, leider. In dem Sarg lag ein Schädel.« »Menschlich?«
»Ja. Aber warum haben Sie uns informiert? Woher wussten Sie schon wieder von dem Grab?«
Stern machte eine kleine Pause, als wäre ihm gerade die Antwort entfallen.
»Von Simon«, sagte er schließlich.
Engler überlegte kurz, dann stellte er das Gespräch auf laut. Die Freisprechanlage seines Diensttelefons war mehr als dürftig, und Brandmann musste etwas näher rücken, um kein Wort der Unterhaltung zu verpassen. »Das ist Quatsch, Stern. Kommen Sie: Wie hängen Sie da mit drin?«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen.«
Zwei laut diskutierende Polizisten näherten sich dem Unterstand. Sie wurden durch Englers wütendes Fuchteln zum Schweigen gebracht und drehten vorsichtshalber gleich wieder ab.
»Und wieso rufen Sie jetzt schon wieder an?« »Ich will Zeit. Nehmen Sie den Tipp mit dem Friedhof als Beweis dafür, dass ich vor Ihnen nichts zu verbergen habe. Simon ist mir genauso ein Rätsel wie Ihnen. Aber ich werde es knacken. Das kann ich jedoch nur, wenn Sie mich in Ruhe lassen.«
»Fürchte, dafür ist es jetzt zu spät.«
»Wieso? Ich hab nichts verbrochen.«
»Das sehe ich anders. Wir haben Ihr Auto gefunden. Es parkte zufälligerweise ganz in der Nähe einer Spedition in Moabit.«
»Verpassen Sie mir einen Strafzettel, wenn ich im Halteverbot stand.«
»Die Beschreibung des Mannes, der dort den Leichenkühlschrank öffnete, trifft irgendwie auch auf Sie zu. Komisch, was? Und apropos Halteverbot. Da stand heute ein schwarzer Jeep am Hackeschen Markt in zweiter Reihe. Vor Tiefensees Praxis. Waren Sie dort?«
»Nein.«
»Aber ein gewisser Andreas Borchert. Wir haben das Kennzeichen überprüft. Angeblich sind Sie und der Vergewaltiger seit heute wieder ein Herz und eine Seele.« »Andi wurde freigesprochen.«
»O. J. Simpson auch. Aber lassen wir das. Wichtiger ist doch, dass ich jetzt schon wieder Ihretwegen einen Tatort absperren lassen musste.«
»Hätte ich Sie informiert, wenn die Männer auf mein Konto gingen?«
»Nein.

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