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Das Kind

Titel: Das Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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werden Sie mir schon sagen. Spätestens, nachdem ich Sie festgenommen habe.«
»Das ist lächerlich. Vollkommen absurd.« Engler wedelte eine unsichtbare Rauchwolke weg, die aus Brandmanns Zigarette in seine Augen waberte. »Finden Sie? Der Richter hielt es für sehr plausibel, als er vor einer halben Stunde den Haftbefehl gegen Sie unterschrieb. Übrigens in einem Aufwasch mit dem gegen Carina Freitag und Borchert wegen Beihilfe zur Kindesentführung.« Engler legte wütend auf und fragte sich, warum Brandmann ihm seine fette Pranke hinstreckte.
»Was ist?«, fragte er, aufgebracht über das Gespräch, das seiner Meinung nach schon zu Beginn eine völlig falsche Richtung genommen hatte.
»Das Handy«, bat Brandmann.
»Was wollen Sie damit?«
»Den Technikern geben, vielleicht können die doch irgendwas lokalisieren. »Auch bei unterdrückten Rufnummern …« »… gibt es die Möglichkeit, den A-Teilnehmer zu ermitteln,
ich weiß.« Engler warf ihm sein Funktelefon zu und trat einen Schritt näher.
»Das war das letzte Mal. Das mach ich nie wieder, okay?« »Was?«
»Dieses Kasperltheater. Vielleicht irre ich mich ja, und Stern hat doch etwas mit den Morden zu schaffen. Aber wir schießen uns selbst ins Knie, wenn wir ihn nun in unsere Ermittlungen einweihen.«
»Das sehe ich anders. Haben Sie seine Stimme nicht gehört? Sie wurde immer höher. Das bedeutet, Sie haben ihm Angst gemacht. Stern ist ein Anfänger. Ein unerfahrener, nervöser Zivilist auf der Flucht, mit einem kleinen krebskranken Jungen an den Hacken. Wenn er noch nervöser wird, macht er einen Fehler. Er wird stolpern, zu Boden fallen, und dann können wir ihn – um es mal mit den Worten Hertzlichs zu formulieren …«, Brandmann warf seine Zigarette auf den festgetretenen Erdboden, »… wie eine Made zerquetschen.«
Beim Austreten der Glut legte der Kriminalpsychologe sein gesamtes Gewicht auf den rechten Schuh, als wolle er einen langen Nagel in ein dickes Holzbrett treten. Dann verließ er wortlos den Unterstand und stapfte, mehreren kleinen Pfützen ausweichend, den Hang hinunter zu seinem Wagen. Engler sah ihm nach. Und während der Psychologe langsam aus seinem Blickfeld verschwand, fragte er sich, wen er im BKA kannte, der ihm mal die Personalakte dieses merkwürdigen Sonderermittlers besorgen könnte.
3.
S tern presste sein glühendes Gesicht an die Spiegelglas scheibe.
In den letzten Jahren verschwanden sieben Psychopathen
nach und nach von der Bildfl äche.
Die Worte des Ermittlers hallten in seinen Gedanken nach, während er auf die funkelnde Tanzfl äche zwanzig Meter unter ihm hinabsah.
Das Büro des Diskothekenbesitzers thronte wie ein gläserner Adlerhorst über dem Herzstück der Anlage, die von einem Möchtegernkapitän konzipiert worden sein musste. Die Großraumdisco sah schon von außen aus wie ein Schiff. Ihr Wahrzeichen, ein pink angestrahlter Dampfschornstein auf dem schneeweißen Bug des Zentralgebäudes, wies der tanzwütigen Jugend kilometerweit den Weg durch die Brandenburger Nacht. Borchert besaß immer noch einen Schlüssel, und deshalb konnte die »Titanic« ihnen wenigstens für die kommenden drei Stunden als Versteck dienen. So lange, bis die Discothek offi ziell für das Publikum öffnete. Stern machte sich auf den Weg nach unten zu seinen drei Begleitern. Wie in einem Fünf-Sterne-Hotel fuhr er mit einer gläsernen Fahrstuhlkabine zur Haupttanzfl äche hinunter und überlegte sich, wie er es ihnen beibringen sollte. Ab jetzt waren sie auf der Flucht. Borchert kannte diese Situation. Aber für Carina war es sicher eine Premiere. Die Fahrstuhltür öffnete sich, und erst jetzt hörte er die laute Musik. »Hey, der Kleine hat Geschmack«, rief Andi zu ihm her über. Er stand am anderen Ende der Tanzfl äche neben Simon und ließ seine Hüften kreisen. Der Junge lachte begeistert und klatschte im Takt eines Rocksongs, der aus den Bassboxen
wummerte.
»Er hat Simons iPod an die Hausanlage angeschlossen«, erklärte Carina. Stern zuckte zusammen, weil er gar nicht bemerkt hatte, wie sie neben ihn getreten war. Fünfzehn Meter entfernt warf Borchert gerade den Kopf in den Nacken und zog den nicht vorhandenen Mikrophonständer wie eine Hundeleine hinter sich her. »Wir müssen uns stellen.« Stern kam sofort und ohne beschönigende Ausfl üchte zum Punkt. Er erläuterte Carina, dass die Fahndung nach ihnen ausgeschrieben war. »Es tut mir leid«, beendete er seine Zusammenfassung des Gesprächs mit Engler und

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