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Das Kind

Titel: Das Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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morgens … Seine Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit im Flur, und gleichzeitig bahnten sich die typischen Lebenszeichen eines schlafenden Hauses den Weg in sein Bewusstsein: das Knacken der Heizung, die Standuhr im Wohnzimmer, das Summen des Kühlschranks.
Der Kühlschrank!
Stern wirbelte herum und sah das Licht. Am Ende des Flurs schimmerte es unter der geschlossenen Küchentür hindurch.
»Simon?«, rief er leise. Vorsichtig genug, um niemanden in den oberen Etagen zu wecken. Laut genug für den, der hinter der Tür auf ihn wartete. Er schlich den Gang entlang und versuchte, das schleifende Schmatzen zu deuten, das jetzt gemeinsam mit dem Licht des geöffneten Kühlschranks zu ihm nach draußen drang.
Stern wünschte sich Borchert an seiner Seite, der wahrscheinlich wieder ohne zu überlegen vorangestürmt wäre. Er selbst traute sich erst nach einigem Zögern, die Klinke herunterzudrücken. Dann trat er ein, und sein Herzschlag beschleunigte sich – vor Erleichterung.
»Es tut mir leid.« Simon hockte auf dem Boden und wischte mit einem Geschirrhandtuch eine weiße Flüssigkeit von den Steinfl iesen. Er sah ängstlich zu Robert hoch und stand auf. »Ich hatte Durst. Mir ist das Glas aus der Hand gefallen.« >»Kein Problem.« Stern versuchte seine Gesichtszüge zu ent spannen und lächelte schief.
»Komm mal her.« Er nahm Simon in den Arm und drückte den Kopf des Jungen sanft gegen seinen Bauch. »Hast du dich erschreckt?«
»Ja.«
»Vor dem Wind draußen?«
»Nein.«
»Wovor dann?«
»Das Foto.«
Robert trat einen Schritt zurück und versuchte Simon in die Augen zu sehen. »Was für ein Foto?«
»Das da.«
Simon wich der Milchspur auf dem Fußboden aus und schloss die Edelstahltür des Kühlschranks. Auf einmal war es wieder so dunkel wie draußen im Flur, und Stern schaltete eine Halogenlampe über dem Kochblock an. »Es ist ein Baby«, sagte Simon.
Die Aufnahme, die Stern von der Tür des Gefrierfachs ablöste, musste mindestens vier Jahre alt sein. Sophies Mann lächelte etwas angestrengt in die Kamera, während er die kleinen Körper der Zwillinge abzuhalten versuchte, in das Badewasser der Plastikwanne zu rutschen. »Was ist damit?«, fragte Stern.
»Morgen, auf der Brücke. Es geht um ein Baby.« Das Foto in seiner Hand begann zu zittern.
»Hast du davon geträumt, Simon?«
»Hmm.« Der Junge nickte.
Knack. Knack.
Während Simon weiterredete, sah Stern in die Decken lampe, und das Licht erzeugte rote Flecken auf seiner Netzhaut. »Es ist mir aber erst wieder eingefallen, als ich das Foto gesehen hab. Da habe ich vor Schreck die Milch fallen las sen.«
Stern blickte wieder nach unten. Die Umrisse der Pfütze erinnerten ihn an die Landkarte Islands, und das passte zu der Kälte, die sich plötzlich in ihm breitmachte. »Weißt du, was sie dort mit dem Baby machen wollen?«, fragte er. »Auf dieser Brücke?«
Simon nickte erschöpft. Das nasse Geschirrtuch glitt ihm aus der Hand.
»Verkaufen«, sagte er. »Sie wollen es verkaufen.« Der Handel
Nimmer vergehet die Seele, vielmehr die frühere Wohnung tauscht sie mit neuem Sitz und lebt und wirket in diesem. Alles wechselt, doch nichts geht unter.
Pythagoras
Die Lehre von der Reinkarnation ist die Androhung eines tausendfachen Todes und des millionenfachen Leidens. Offi zielle Stellungnahme zum Thema »Wiedergeburt«
auf der Homepage eines christlichen Radiosenders
Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand nicht von neuem geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht sehen.
Johannes 3:3-7
    ((V A K A T))
    1.
D as ist jetzt nicht dein Ernst, oder?«
Stern nahm kurz den Blick von der Fahrbahn und sah zu Borchert hinüber, der sich gerade ein Fußballtrikot in den Vereinsfarben von Bayern München überzog. »Wieso? Sieht doch gut aus.«
Sein Begleiter schwitzte schon wieder und kurbelte stöhnend die Beifahrerscheibe herunter. Auch Stern war dankbar für die kühle Morgenluft, die jetzt mit sechzig Kilometern pro Stunde ins Innere strömte. Er schätzte seine NettoSchlafzeit der letzten vierundzwanzig Stunden auf weniger als vierzig Minuten. Heute Morgen hatte er es gerade noch geschafft, zu duschen und seine Exfrau um ein Fluchtfahrzeug zu bitten, bevor es Zeit wurde, Borchert im Kreisverkehr an der Siegessäule aufzugabeln. Wider Erwarten gab Sophie ihm anstandslos die Wagenschlüssel. Sie war erstaunlich kooperativ. Sogar Carina und Simon durften noch in Köpenick bleiben, bis Stern herausgefunden hatte, ob

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