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Das Kind

Titel: Das Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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dieser alten Gurke, und da hab ich mich gefragt, ob du auch schon mal daran gedacht hast?« Woran? Dass Sophie etwas damit zu hat?
»Du spinnst. Das ist verrückt.«
»Nicht unbedingt verrückter, als nach einem Baby zu suchen, das vielleicht nur in der Phantasie eines kleinen Jungen existiert.«
»Und was soll deiner Meinung nach in dem Bad passiert sein?« Stern konnte seine Wut kaum zügeln und fragte sich, warum er so aggressiv auf diese Theorie reagierte. »Die Toilette war abgeschlossen. Ohne Hintereingang. Meinst du vielleicht, sie hat da drinnen noch eine Totgeburt gehabt und der dann schnell die Landkarte Italiens auf die Schulter tätowiert?«
»Okay, okay, vergiss es.« Andi hob beschwichtigend beide Hände. »Suchen wir halt das Baby. Aber warum schleichen
wir dazu die Nuttenmeile entlang?«
Borchert sah einer Prostituierten hinterher, die mit holzsplitterdünnen Beinen apathisch über den Bürgersteig wankte. Der Babystrich zwischen Kurfürsten-, Lützowund Potsdamer Straße zählte seit jeher zu den übelsten Gegenden Berlins. Die meisten Mädchen hier hatten sich ihre Hepatitis schon mit zwölf oder dreizehn Jahren abgeholt und gaben sie in der Folge fl eißig an ihre kaputten Freier weiter, die nirgendwo anders so billig an ungeschützten Geschlechtsverkehr kamen.
Es war erst kurz nach halb neun, aber die minderjährigen Opfer warteten an einem solchen Tag wie heute, wo Touristen die Stadt überschwemmten, bereits am frühen Morgen auf Kundschaft. Und zumeist waren es nicht Penner und Asoziale, die sich hier von ihrem letzten Geld eine Hure kaufen wollten. Es waren wohlhabende Geschäftsleute und Familienväter, die die Macht genossen, von einem kindlichen Wesen die unbeschreiblichsten Dinge fordern zu können, nur weil es vor Entzugsschmerzen nicht mehr klar denken konnte.
»Ich hätte mal einen Päderasten vertreten sollen«, erzählte Stern, weiterhin auf der Suche nach einem Parkplatz. »Der Mann wollte in Deutschland eine Pädophilen-Partei gründen mit dem politischen Ziel, Sex zwischen Erwachsenen und Kindern ab zwölf nicht mehr unter Strafe zu stellen. Selbst in Pornos sollten die Kleinen mitspielen dürfen.« »Das ist ein Aprilscherz?«
»Leider nein.«
Stern setzte den Blinker und bog in eine große Lücke ein. Ein junges Mädchen in aufgerissener Jeans und Bomberjacke sprang von einem Stromkasten und kam auf sie zu. »Bevor ich das Mandat ablehnte und den Kerl zur Hölle
wünschte, erfuhr ich noch, wo er sich gern an den Wochenenden herumtrieb.«
»Lass mich raten.«
»Genau. Hier bekommt man alles. Drogen, Waffen, Auftragskiller, minderjährige Nutten …«
»Und Babys.«
Stern parkte den Wagen, und Borchert öffnete die Tür. Er zischte der Prostituierten in der Bomberjacke irgendetwas zu, worauf sie ihm den Mittelfi nger zeigte und wieder zu ihrem Stromkasten ging.
»Es soll schon Freier gegeben haben, denen eine drogensüchtige Prostituierte ihr Neugeborenes ins Auto gehalten hat«, bestätigte Stern, der ebenfalls ausgestiegen war. »Ich gebe zu, das war nicht hier, sondern auf dem Straßenstrich an der tschechischen Grenze. Aber das macht es uns vielleicht sogar etwas einfacher.«
»Wieso?«
»Selbst in Berlin ist der Verkauf eines Babys noch etwas Besonderes. Wenn es sich bis zu Simon rumgesprochen hat, dann bestimmt auch in der Szene. Wir müssen also nur an die richtige Tür klopfen. Vielleicht steht ja jemand dahinter, der uns eine Information geben kann.«
»Und mit welcher Tür wolltest du anfangen?« »Mit der da.« Stern zeigte auf die gegenüberliegende Straßenseite, in einen offenen Hauseingang.
»Jackos Pizza« stand in lieblos aufgeklebten schwarzen Großbuchstaben auf der verdreckten Leuchtreklame, bei der vermutlich im Dunkeln nicht eine einzige Glühbirne mehr funktionierte.
»Es soll im zweiten Hinterhof sein. Eine private Klingel. Gleich der erste Stock, rechts.«
»Ein illegales Bordell. Ich weiß.« Borchert klatschte sich in
seinen fl eischigen Nacken, als hätte ihn gerade eine Mücke gestochen. In Wahrheit juckten ihn nur die Schweißtropfen, die seinen Hinterkopf hinabliefen.
»Guck nicht so. Du weißt, mit welchen Filmen ich früher mein Geld verdient habe. Da bekommt man mehr Einblicke in die Szene, als einem lieb ist.«
»Na, dann weißt du ja, warum ich dich an meiner Seite brauche. Ich hoffe, du hast noch eine andere Waffe als deinen Körper dabei.«
»Ja.« Borchert zog den Knauf einer Neun-Millimeter-Pistole ein Stück weit aus der Tasche seines

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