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Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen

Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen

Titel: Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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zusammenfahren. Fast hätte ich die Taschenlampe fallen gelassen.
    »Licht aus! Sofort!«
    Ich knipste die Lampe aus. Wir standen erstarrt wie die Salzsäulen. Draußen im Garten waren Schritte zu hören. Sie kamen langsam näher und schritten die Oberlichter ab. Eines nach dem anderen. Sie kamen in unsere Richtung.
    »An die Wand!«
    Ich riss Marie-Luise von dem Loch weg. Wir pressten uns an die Kellerwand unter den schmalen Fenstern. Die Schritte stoppten direkt über uns. Marie-Luises Atem ging schneller. Die Person hatte auch eine Taschenlampe dabei. Sie leuchtete durch die Ritzen. Wir drückten uns noch enger an die Wand. Der Lichtstrahl wanderte zitternd über die gegenüberliegende Mauer. Dann ging er aus. Einige Sekunden war es totenstill. Leise entfernten sich die Schritte. Marie-Luise atmete tief ein.
    »Vielleicht ein Sicherheitsdienst«, flüsterte sie. »Wir warten ein paar Minuten und machen dann weiter.«
    Ich rührte mich nicht. »Das Brecheisen. Ich habe es oben liegen lassen.«
    Marie-Luise lief zur Kellertür. Ich sprintete ihr hinterher, doch da hörten wir schon Schritte über uns. Sie polterten die Treppe in die Halle hinunter.
    »Gibt es noch einen zweiten Ausgang?«
    Ich versuchte, mir den alten Plan wieder ins Gedächtnis zu rufen.
    »Schnell!«
    Die Schritte hatten die Kellertür erreicht, sie wurde aufgerissen.
    »Nach rechts!«
    Wir liefen den Gang hinunter bis ans Ende. In dem Moment, in dem die Schritte den Kellergang erreichten, hatte ich irgendeine Tür aufgerissen, schleuderte Marie-Luise herein und schloss die
Tür hinter uns. Die Verfolger rannten in den Raum mit der Doppelwand. Ich knipste die Taschenlampe an.
    Wir waren in der Waschküche. Wenn sie ein ähnliches Modell war wie das in der Zernikow’schen Villa, musste sie einmal eine Feuerstelle und einen Kamin gehabt haben. Ich sah die Öffnung links von uns. Wir hörten Männerstimmen. Sie waren im Gang und begannen, eine Tür nach der anderen aufzutreten. Sie kamen rasch näher.
    »Da rein«, sagte ich.
    Ich leuchtete in die Öffnung. Steigeisen führten nach oben in das dunkelste Schwarz, das ich jemals gesehen hatte. Marie-Luise begann sofort, wie ein Eichhörnchen nach oben zu klettern. Ich stieg ihr nach und verschloss die Luke hinter uns. Im selben Moment sprang die Tür zur Waschküche auf.
    Sie sprachen ein paar Worte miteinander. Ich verstand kein Wort. Klang so Albanisch? Anscheinend verständigten sie sich, was zu tun war. Dann öffnete einer die Luke. Der Strahl seiner Taschenlampe verfehlte knapp meinen Knöchel. Marie-Luise war zwei Meter über mir. Ich hielt den Atem an. Der Arm mit der Lampe reichte weiter, gleich würde der Mann hineinkriechen. Ich sprang. Unter meinen Füßen spürte ich Knochen brechen, dann hörte ich einen heiseren, irren Schmerzensschrei. Sofort kletterte ich mit Höchstgeschwindigkeit nach oben. Die Stimmen brüllten. Wenn sie eine Waffe hatten, würde sie der andere jetzt ziehen. Er würde seinen Kumpel herausholen, selbst in den Schornstein kriechen, sie nach oben halten und einfach nur abdrücken. Und er würde es jetzt tun.
    »Hierher!«
    Marie-Luise krallte mich in die Haare und zerrte mich aus dem Schacht. Etwas pfiff an mir vorbei, dann spürte ich einen brennenden Schmerz in der Wade, sprang nach vorne und fiel auf einen Steinboden.
    »Steh auf!«

    Ich ignorierte den Schmerz und folgte ihr humpelnd nach draußen. Wir waren wieder in der Eingangshalle. Wir rasten die Treppe hoch und erreichten das Turmzimmer, durch das wir gekommen waren.
    »Spring!«, schrie ich Marie-Luise zu. Sie erklomm das Fensterbrett und reichte mir die Hand.
    »Du nach rechts, ich nach links«, keuchte ich. »Versuch, zum Auto zu kommen. Ich melde mich.«
    Wir sprangen gleichzeitig. Mein verletztes Bein schickte einen weiß glühenden Schmerz in mein Gehirn.
    »Hau ab!«, rief ich ihr zu. Sie lief die Treppe hinunter nach vorne zum Bauzaun und kletterte an ihm hoch. Die Männer hatten das Turmzimmer erreicht. Ich rannte die Wiese zum Wasser hinunter. Etwas zischte an meinem Kopf vorbei wie eine irrsinnig gewordene Wespe. Ich hörte Rufe, aber ich schaute mich nicht um, rannte einfach ins Wasser. Noch eine Kugel pfiff an mir vorbei. Ich begann zu kraulen, wie ich noch nie in meinem Leben gekrault war. Es ging viel zu langsam. Ich sah zurück. Zwei dunkle Gestalten kamen zum Ufer gerannt. Ich holte tief Luft und tauchte unter.
    Ich tauchte um mein Leben. Das Wasser erschlug mich fast mit seiner Kälte, es

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