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Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen

Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen

Titel: Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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und zog die Gardine hoch. Ich nahm die Taschenlampe und leuchtete in den Raum. Es war ein quadratisches Zimmer mit zwei Türen. Die Rahmen waren aus dunklem Holz, so wie die Balken in der Decke. Die Tapeten hatten sich von den Wänden gelöst. In einer Ecke entdeckte ich ein dunkles Bündel. Es sah aus wie ein Mensch.
    »Alte Kleider«, meinte Marie-Luise. »Jemand hat hier geschlafen.«
    Sie ging durch die vordere Tür und verschwand. Ich folgte ihr. Der Strahl meiner Taschenlampe zitterte. Wir gelangten auf eine breite Galerie, von der wir in die Eingangshalle hinuntersehen konnten. Bei jedem Schritt knarrten die Dielen unter unseren Füßen. Über eine breite Treppe gelangten wir ins Erdgeschoss.
    Es war ein Geisterhaus. Vor einigen verrammelten Fenstern hingen zerschlissene Gardinen herab. Das Parkett war überall blind und aufgequollen, und der Stuck an den hohen Decken war zum Teil abgefallen. Es roch muffig. Plötzlich griff Marie-Luise nach meinem Arm und drückte ihn fest. Ich knipste sofort die Taschenlampe aus. Ein Auto rollte an der Villa vorbei. Langsamer
diesmal. Eine schreckliche Sekunde lang schien es, als würde es anhalten. Dann fuhr es weiter. Sie ließ meinen Arm los. Ich trat zur letzten Tür. Sie lag direkt neben dem Eingang und verbarg endlich das, was wir suchten: die Kellertreppe.
    Sie war schmal und aus Stein, die Fortsetzung der Turmtreppe. Wir folgten der Biegung nach unten. Die Luft wurde feuchter, es war grabesdunkel. Der Lichtkegel tanzte vor unseren Füßen und warf die Schlagschatten unserer grotesk verlängerten Körper an die Wand. Am Fuß der Treppe leuchtete ich in einen Gang.
    »Der Plan«, flüsterte Marie-Luise.
    Ich griff in die Tasche und holte ein völlig durchweichtes Stück Papier heraus. Es war die Zeichnung von 1945, die Kevin netterweise im Copy-Shop um die Ecke noch kopiert hatte. Wir verglichen den Grundriss mit dem Gang vor uns.
    »Die zweite Tür führt in den vergrößerten Raum.«
    Ich lief voraus. »Pst!«
    Sofort löschte ich das Licht und blieb stehen. Marie-Luise tastete nach meiner Hand. Wir verharrten etwa eine Minute lang in absoluter Dunkelheit. Im Haus war es still.
    »Entschuldige.« Sie ließ meine Hand los und atmete hörbar auf. »Ich dachte, ich hätte etwas gehört.«
    »Willst du, dass ich einen Herzinfarkt bekomme?«, flüsterte ich ihr zu.
    »Es war was. Über uns«, protestierte sie.
    Wir tasteten uns im Dunkeln voran. Ohne Licht fühlte ich mich sicherer. Doch dann hatten wir die Tür erreicht. Ich drückte die Klinke hinunter – sie war nicht verschlossen. Marie-Luise presste sich von hinten an mich. Leise und vorsichtig öffnete ich die Tür einen Spaltbreit. In diesem Moment schoss etwas über unsere Köpfe hinweg, und Marie-Luise stieß einen hysterischen Schrei aus.
    »Still!« Ich knipste das Licht an. »Das war nur eine Fledermaus.«

    »O Hilfe. Ich kann nicht mehr. Lass uns gehen.« Ihre Stimme zitterte, und sie klammerte sich an mich.
    Ich hielt sie einen Moment fest, bis sie sich beruhigt hatte. »Geht es wieder?«
    »Okay. Lass uns weitermachen.«
    Der Kellerraum entsprach in den Abmessungen genau dem Plan von 1945. Rechteckig, mit vier Oberlichtern, die zum Garten hinausführten. Er war leer. Bis auf einen Tisch. Darauf lag ein Akku-Schlagbohrer. Die linke Wand war die, die versetzt worden war. Jemand hatte ein Loch herausgeschlagen, das etwa die Größe eines Gullydeckels hatte.
    »Eine Ziegelwand.«
    Ich leuchtete die erste Wand ab und hielt die Lampe dann wieder auf das Loch. »Dahinter ist noch eine Wand.« Ich holte den Hammer heraus und klopfte die Ziegel ab. Es klang hohl.
    »Gib mir den Beitel.«
    Sie reichte ihn mir, und ich klopfte den Mörtel zwischen zwei Ziegeln heraus.
    »Leiser! «, zischte sie mir zu.
    »Hier hört uns keiner.«
    »Dann kannst du ja gleich den Schlagbohrer nehmen.«
    Ich hämmerte, so schnell es ging. Ein Ziegel lockerte sich. Ich klopfte dagegen und versuchte, ihn zu bewegen. Schließlich hatte ich genug von dem Mörtel entfernt. Ich schlug noch zwei Mal mit voller Kraft gegen den Stein, dann fiel er durch die Wand nach hinten. Ich nahm die Taschenlampe und leuchtete durch das Loch. Staub, so weit ich sehen konnte. Gegenüber eine Wand.
    »Was ist da drin?«
    »Nichts«, sagte ich. Ich leuchtete nach links. »Warte. Ich sehe Holz.«
    »Holz?«
    »Kisten. Links an der Wand. Und Holzstapel. Mehr ist nicht zu erkennen. Wir müssten noch ein paar Ziegel herausschlagen.«

    Ein Geräusch ließ mich

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