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Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen

Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen

Titel: Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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die anderen folgten mir vorsichtig. Mit der Taschenlampe suchte ich den ganzen Raum ab. Er war komplett leer geräumt. Auf dem Boden konnte man noch die Abdrücke der Kisten erkennen.
    »Herzlichen Glückwunsch«, sagte Sigrun und verschränkte die Arme über ihrer ehemals weißen Joggingjacke. »Dafür gibt’s ein Sternchen. Wäre das Thema hiermit erledigt?«
    »Schaut euch doch die Spuren hier an.« Ich beleuchtete die Abdrücke auf dem Boden. »Hier standen Kisten. Da drüben lagen Bretter. Ich spinne doch nicht. Gestern waren sie noch da, und heute sind sie weg. Jemand hat sie abgeholt.«
    Die anderen schwiegen.
    »Utz, du hast doch auch gesagt, jemand wäre vor kurzem hier gewesen.«
    Utz kratzte sich am Kinn. »Jaja. Aber ob heute oder vor Wochen, das kann man nicht sagen.«
    Marie-Luise kickte ein Steinchen vom Boden weg. Sigrun ging zu der rostigen Schachttür. »Ich würde vorschlagen, wir verschwinden von hier.«
    Ich warf das Brecheisen in die Ecke, wo es nach einem infernalischen Scheppern liegen blieb. »Aaron war hier. Er und der zweite Mann.«

    »Ach ja, der große Unbekannte.« Sigrun kostete ihren Triumph so richtig aus. »Und unterwegs nach Kiew ist er wohl auch schon.«
    »Ja«, sagte ich langsam, »das ist er.«
    Marie-Luise sah mich abwartend an. Sigrun stieg mit einem Schulterzucken in den Gang zurück. Schweren Herzens sah ich zu, wie erst Utz und dann Marie-Luise ihr folgten. Ich kroch als Letzter in den Gang und schloss die Tür hinter mir.
    Dann hörten wir es, kein Brummen, eher ein Zittern der Erde über uns. Marie-Luise blieb in der Hocke und sah erschreckt nach oben. »Was ist das?«
    Das Zittern und Beben wurde stärker, dann hörte ich Sigruns Schrei. »Der Gang stürzt ein! Schnell!«
    Schnell ging in dem Durcheinander gar nichts. Wir setzten Beine und Hände voreinander, stießen und drückten vorwärts, quetschten uns gegen die feuchten Betonwände.
    »Sigrun!«, rief Utz. »Vorsicht!«
    Doch es war zu spät. Erdmassen stürzten auf Sigrun herab. Utz packte sie an den Beinen und zog sie zurück. Sie hustete und spuckte. Ich leuchtete in den Gang. Durch die geöffnete Luke war Erde gerutscht. Sehr viel Erde. Das Geräusch über uns wurde leiser und schwoll wieder an, donnerte über unsere Köpfe hinweg und schob die Erde weiter in den Gang hinein.
    »Was ist das?«, schrie Marie-Luise noch einmal.
    Ich drückte ihr die Lampe in die Hand, kletterte rücksichtslos über alles, was mir im Weg war, und fing wie ein Verrückter an, mit bloßen Händen zu graben. Utz half mir. Die beiden Frauen hinter uns konnten nicht viel tun, dafür war der Gang zu eng. Immer wieder rutschte die Erde nach. Das Brummen kam gefährlich nahe.
    »Vorsicht!«, rief Utz und riss mich nach hinten. Ein weiterer Schwall Erde rutschte nach und bedeckte mich bis zu den Hüften.

    »O mein Gott!«, schrie Sigrun. »Was machen sie, was machen sie denn? Aufhören!«
    Es hatte keinen Zweck. Das Erdreich bedeckte mittlerweile die Stufen, den Eingang und einen Teil des Ganges. Der Wahnsinnige über uns hörte einfach nicht auf. Gesteinsbröckchen regneten auf uns nieder. Aus den Rissen in der Decke staubte es.
    »Zurück«, rief Utz. »Geht in den Keller zurück. Tut, was ich euch sage!«
    Zögernd machten Sigrun und Marie-Luise Platz. Utz half mir, mich aus der Erde zu befreien. Wir krochen zurück. Als wir ungefähr die Hälfte des Weges geschafft hatten, kam die Decke herunter. Betonstücke schlugen neben mir ein. Ich schob und drückte Utz, so gut es ging. Mittlerweile hatten Sigrun und Marie-Luise den Keller erreicht und zogen uns aus dem Gang. In letzter Sekunde konnten wir die Tür schließen, um uns wenigstens etwas vor dem Geröll zu schützen. Ich leuchtete die Wände ab. Es gab keine Fenster hier.
    Ich holte mein Handy heraus. Kein Empfang. Marie-Luises Handy zeigte dasselbe an. Wir setzten uns an die Wand, erdverschmiert und schweigend. Ich löschte die Lampe. Nun war es schwarz um uns. Die tiefste Dunkelheit, wie nur Blinde sie sehen.
    »Der Bagger«, sagte ich schließlich. Wir hörten gedämpft durch die dicken Wände, dass der Irre immer noch weiterarbeitete und wohl vorhatte, eine Pyramide über dem Einstieg zu errichten.
    »Was für eine Scheiße, Scheiße, Scheiße.« Marie-Luise schlug mit den Fäusten auf den Boden.
    »Hätten Sie getan, was Joachim Ihnen gesagt hat, wäre unsere Lage jetzt nicht so kompliziert.« Das war Sigrun.
    »Kompliziert?«, äffte Marie-Luise sie nach. »Die Lage ist

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