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Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen

Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen

Titel: Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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irgendeine weitere Bemerkung machst, ich bin die Treppe hinuntergefallen. Okay?«
    Sie musterte mich, dann nickte sie. »Die Treppe. Mmhh. Passiert meinen Mandantinnen öfter. Mal tritt sie die Treppe in die Milz, oder das Stuhlbein springt ihnen an die Nase.
    Bei dir würde ich tippen, deine Kaffeemaschine hat dir einen Kinnhaken versetzt, und der Toaster ist dir direkt ins Gesicht gesprungen. Muss ja ein verdammt schlechter Morgen für dich gewesen sein.«
    Hinter mir gab Georg ein prustendes Geräusch von sich, das ich nicht einordnen konnte. Ich drehte mich zu ihm um, aber er schnaubte nur in ein Papiertaschentuch und sah mich aus seinen blauen Kuhaugen an. Es klingelte.
    »Ich glaube, wir sind an der Reihe. Ist das dein Sozialfall?«
    Ich wies mit dem Kopf in Richtung einer blond gefärbten, dauergewellten Person, die sich zur Feier des Tages in ein schneeweißes Kostüm gezwängt hatte, das ihr mindestens eine Nummer zu klein war. Sie blickte unsicher zu uns herüber.
    Marie-Luise nickte. »Ich wünsche dir alles Gute. Nicht für den Prozess. Eher im Umgang mit deinen Haushaltsgeräten. Oder mit deiner Frau.«
    Die Sitzung begann, und wie erwartet sorgte die Liste mit den bereits gezahlten Summen für erhebliches Aufsehen. Richter Kaminski klopfte mit dem Hammer und rief dann Marie-Luise und mich zu sich an den Tisch.
    »Warum erfahre ich erst jetzt von diesem Papier?«
    Ich versuchte, trotz meines lädierten Gesichts wie ein Unschuldsengel zu blicken. »Die Anwältin der Gegenseite ist von
mir darüber informiert worden. Zudem habe ich ihr eine Kopie vorgelegt und ein sehr großzügiges Angebot unterbreitet.«
    Ich legte Georgs Schriftsatz dazu.
    Kaminski musterte Marie-Luise. »Stimmt das?«
    »Ich bitte Sie«, sagte sie empört. »Der Mann zeigt mir in einem Restaurant einen Zettel, und ich soll glauben, was er mir erzählt?«
    »Haben Sie die Prüfung der Zahlungsbelege angeordnet?«
    Marie-Luise atmete hörbar aus. Dann sagte sie tapfer: »Nein.«
    Kaminski lehnte sich zurück. »Dann tun Sie es. Bitte bald. Und langweilen Sie mich das nächste Mal nicht mit diesen Mätzchen. Das gilt auch für Sie.«
    Ich hob entschuldigend die Hände. Kaminski gab uns zu verstehen, dass wir beide nun unerwünscht waren. Wir gingen zurück zu unseren jeweiligen Tischen.
    »Die Verhandlung wird vertagt auf ... Mittwoch in drei Wochen. Es sei denn, Frau Hoffmann, Ihre Mandantin zieht die Klage zurück.«
    Das in Weiß gekleidete Ungeheuer begann einen aufgeregten, geflüsterten Disput. Marie-Luise sah hasserfüllt zu mir herüber. Dann stand sie auf.
    »Wir werden die angeblichen Zuwendungen selbstverständlich genau überprüfen lassen. Die Klage wird nicht zurückgezogen.«
    Weiß vor Wut packte sie ihre Unterlagen und stürmte hinaus. Ich konnte sie erst auf der Treppe einholen »Du hast verdammt schlechte Karten. In jeder Beziehung.«
    »Ich werde die Überweisungen unter dem Mikroskop …«
    »Vergiss die Überweisungen. Das Fax. Bei den Zernikows haben Zwangsarbeiter gearbeitet. Stimmt das?«
    Sie hob die Augenbrauen. »Das fragst ausgerechnet du mich?«

    »Stimmt es oder stimmt es nicht?«
    »Fünfhunderttausend, das Ferienhaus und zweihunderttausend in Aktien.«
    »Grober Undank«, erwiderte ich. »Erpressung. Anklage. Vielleicht zwei Jahre auf Bewährung.«
    »Verdammte Scheiße«, fluchte sie. »Was soll das?«
    »Nichts weiter als eine kleine Rechtsbelehrung. Außerdem bin ich nicht erpressbar.«
    »Hab ich das jemals versucht?«
    Ich sah ihr tief in die Augen. Sie schluckte.
    »Ich will das Originalfax. Und alle existenten Kopien.«
    Sie drehte sich um und stieg die Stufen hinab.
    »Hallo?«, rief ich ihr hinterher.
    Auf dem letzten Absatz drehte sie sich um. »Wir sollten uns sehen. Ich ruf dich an.«
    Sie lächelte honigsüß. Und genau dieses Lächeln verhieß nichts Gutes.
     
    Die Fahrt in die Guntherstraße verlief schweigend. Georg musterte mich zwar verstohlen, hatte aber den Leitgedanken der Kanzlei genug verinnerlicht, um keine dummen Fragen zu stellen.
    Connie war dafür umso direkter. »Was ist denn mit dir passiert? «
    »Und was mit dir?«, fragte ich sie, um abzulenken.
    Sie hatte sich die Haare kinnlang abschneiden lassen. Damit nicht genug, zierten mehrere blonde, rote und blaue Strähnen den neuen Pagenkopf. Sie trug falsche Wimpern und ein knallenges weißes T-Shirt, auf das in gotischen Lettern das Wort Büroschlampe gedruckt war.
    »Das kommt aus London«, erklärte sie. »Und dein neuer

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