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Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen

Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen

Titel: Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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nicht verstanden hatte.
    Tote kriegen keine Töchter.
    »Ich weiß es nicht«, sagte ich. »Aber ich verspreche dir, ich werde es herausfinden.«
    Ich hatte die dunkle Seite der Zernikows entdeckt. Das bedeutete: Ich gehörte dazu. Wir waren eine Familie.
    »Bring mir die Frau«, sagte Utz hinter mir. »Ich will mit ihr reden.«
     
    Gott sei Dank hatte ich nicht die Schlafwandlerin am Apparat. Ein junger Mann versuchte mehrmals, mich zu Millas Zimmer durchzustellen, aber sie war nicht zu erreichen. Ich bat ihn, in ihrem Zimmer nachzusehen. Irgendetwas in meinem Ton brachte ihn dazu, dass er es tatsächlich tat. Er sagte mir, sie sei vermutlich gar nicht da gewesen, das Bett wäre unberührt. Ich setzte mich in den Porsche und raste in die Meinekestraße.
    »Ich darf Sie nicht hinauflassen«, erklärte er mir. Vor ihm lag eine wissenschaftliche Abhandlung über theoretische Physik. »Ich bin nur die studentische Aushilfe.«
    »Ich bin im Auftrag der Maria-Hilf-Gemeinde hier«, sagte ich so sanft ich konnte. »Sie hat ihre Bibel mit der des Pfarrers verwechselt, in der sich die Aufzeichnungen von Hochwürden für die morgige Predigt befinden. Es ist ein Notfall.«
    »Zeigen Sie mal Ihren Ausweis«, verlangte der Experte für Elementarteilchen, den ich daraufhin am liebsten in jedes einzelne zerlegt hätte. Er begutachtete meinen fälschungssicheren Personalausweis und gab mir dann seufzend den Schlüssel.
    Millas Zimmer sah unbewohnt aus. Im Kleiderschrank fand ich ihre wenigen Habseligkeiten. Zwei Pullover, eine Jeans, ein bisschen Unterwäsche. Auf der anderen Seite hingen zwei Kleider. Ich durchsuchte die Hosentaschen, fand aber nichts außer
einen wieder ins Papier gewickelten Kaugummi. Ich ging ins Bad.
    Die Handtücher hingen trocken und ordentlich an ihrem Platz. Bis auf ihre Zahnbürste und einen kleinen Cremetopf fand ich auch hier nichts Persönliches.
    Ich sah in der Nachttischschublade nach. Das Neue Testament auf Deutsch, Englisch und Französisch. Eine Kerze für den Stromausfall. Ihren Koffer entdeckte ich unter dem Bett.
    Er war leer. Kein Notizbuch, kein doppelter Boden mit versteckten falschen Papieren. Im ganzen Zimmer keine Handtasche, kein Hinweis, wo sie sein könnte. Neben dem Telefon lag der übliche Block und ein Bleistift.
    Marlowe nahm den Bleistift und schraffierte das Papier. Auf dem Blatt erschien eine Telefonnummer. Der Meisterdetektiv war sehr stolz auf sich. Er schraffierte weiter. Die Telefonnummer kam ihm bekannt vor. Marlowe wählte.
    »Ja, bitte? Wer sprricht?«
    Ich kannte nur zwei Personen, die aus vier Worten eine bühnenreife Szene machen konnten. Eine von ihnen war Zarah Leander. Die andere hatte ich gerade am Apparat. Ich legte auf.
    Ich riss den Zettel ab und steckte ihn ein. Dem jungen Mann drückte ich einen Zwanzig-Euro-Schein in die Hand und bat ihn, mich sofort anzurufen, wenn er irgendetwas Neues hätte.
    »Um achtzehn Uhr kommt aber die Nachtschicht«, sagte er.
    Ich gab ihm noch einen Schein, damit er meine Nachricht auch an seine Kollegen weiterreichte.
     
    Ich erreichte Marie-Luise übers Handy während der Essensausgabe in der Gerichtskantine.
    »Du hast Milla ins Hotel gebracht?«, fragte ich.
    »Nein«, antwortete sie, »bitte ohne die Jägersoße. Keine Pommes. – Ja, natürlich, das hab ich dir doch gesagt.«
    Ich hörte Geschirrklappern und heitere Pausenkonversation.
»Salzkartoffeln, gerne. Warum?«
    Ich wartete, bis sie bezahlt hatte. Dann erklärte ich ihr, dass ich Milla nicht erreichen konnte. »Und im Hotel ist sie letzte Nacht nicht auf ihrem Zimmer gewesen.«
    »Sie wird schon wieder auftauchen«, meinte Marie-Luise. »Außerdem habe ich jetzt Hunger. Und ein Jägerschnitzel wird definitiv nicht besser, wenn man es kalt isst. Bis heute Abend dann. Ist dir acht Uhr recht? Im Schimmelreiter hinter der Gotzkowskybrücke.«
    »Was hast du vor?«
    »Ich werde deinen Wissensstand ein bisschen auf Vordermann bringen. Ich glaube, du hast es nötig.«
    »Und Milla?«
    »Gib eine Vermisstenanzeige auf. Am besten bei dem Witzbold von gestern Abend, der sie festgenommen hat. Als Erstes wird er sie unter deinem Bett suchen. Wenn überhaupt.«
    Sie legte auf, noch bevor ich ihr einen guten Appetit wünschen konnte.
    Ich ging hinüber zu Harry und trat ohne anzuklopfen ein. Er telefonierte gerade und blickte erstaunt auf, als ich plötzlich vor ihm stand. Ich nahm ihm den Hörer aus der Hand und legte auf.
    »He! Was soll das?«
    »Was war das heute Morgen in

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