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Das kleine Buch vom Riechen und Schmecken

Das kleine Buch vom Riechen und Schmecken

Titel: Das kleine Buch vom Riechen und Schmecken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Hatt , Regine Dee
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entwickelt, und wenn ein Baby gleich nach der Geburt den natürlichen Geruch seiner Mutter wahrnimmt, passiert etwas ganz Erstaunliches: Es lernt innerhalb weniger Stunden, ihren Duft von dem anderer Frauen zu unterscheiden. Dieser Duft ermöglicht fortan eine enge Bindung zur Mutter und vermittelt dem Baby Trost und Geborgenheit. Umgekehrt lernen übrigens Mütter in kürzester Zeit, ihr Baby am Geruch zu erkennen.
    »Säuglinge sind programmiert auf sehr schnelles Lernen von Gerüchen«, erklärt die Wissenschaftlerin Margret Schleidt. Bei Versuchen mit zwei Wochen alten Säuglingen wurden ihnen kleine Stoffstückchen unter die Nase gehalten, die entweder die eigene oder eine fremde Mutter am Körper getragen hatte. Nur dem Geruch der eigenen Mutter wendeten sich die Babys zu. Allerdings nur, wenn sie gestillt wurden oder auf andere Weise intensiven Hautkontakt zur Mutter hatten. Den gleichen Effekt können getragene T-Shirts haben. Wenn die Mutter nicht da ist, kann so ein T-Shirt dem Babysitter gute Dienste erweisen, um ein weinendes Baby zu beruhigen.
    Tiermütter lecken ihre Neugeborenen ab, um sie dann am Geruch als ihre eigenen Kinder zu erkennen. Die nach der Geburt blinden Tierbabys wiederum finden die Brüste ihrer Mütter, weil diese ein spezielles Zitzenpheromon abgeben. So lassen sich Kaninchenbabys nicht ohne Weiteres von Katzenmüttern säugen, es sei denn, sie werden von Wissenschaftlern überlistet. Bei einem Experiment wurde eine Kaninchenmutter mit Chanel No 5 besprüht. Ihre Babys lernten bereits durch einmaliges Säugen, diesen Parfumduft mit dem Zitzenpheromon und somit mit der Mutter zu verknüpfen. Als beim nächsten Mal eine Chanel-beduftete Katze zum Stillen kam, wurde auch sie als Mutter akzeptiert und an ihr gesaugt. Allen Schwangeren, die zur Geburt ins Krankenhaus kommen, sei deshalb geraten, auf Parfums zu verzichten, um ihrem Neugeborenen die Chance zu geben, ihren natürlichen Körperduft kennenzulernen.
    Gerüche und Geschmäcker nimmt der Fötus schon während der Schwangerschaft über das Fruchtwasser auf. Die Mutter isst gern Spaghetti mit Knoblauch? Da wird das Baby nicht gefragt, sondern muss probieren. Eine Mutter, die während dreier Schwangerschaften unterschiedliche Vorlieben für Lakritze, saure Gurken und Schokolade entwickelt hatte, stellte später bei ihren Kindern fest, dass sie genau die gleichen Vorlieben hatten wie sie selbst in der Schwangerschaft. Dasselbe bestätigen Studien aus Frankreich mit Pfefferminz, Anis und Knoblauch. Selbst Kinder, die erst nach zwei Jahren getestet wurden und in der Zwischenzeit nie in Kontakt mit Minze oder Anis gekommen waren, bevorzugten Mahlzeiten, die diese Aromen enthielten. Und trinkt die Mutter im letzten Drittel der Schwangerschaft Karottensaft statt Wasser, essen ihre Babys später anstandslos Karottenbrei. Kinder, die den Geschmack noch nicht kennen, verziehen dagegen das Gesicht. Geruchsvorlieben sind also nicht genetisch geprägt, sondern werden erlernt. Und die Riechschule beginnt bereits vor der Geburt im Mutterleib, weshalb manche Wissenschaftler vom »ersten Klassenzimmer« oder der »olfaktorischen Urheimat« sprechen.
    Auch beim Stillen geben Mütter Geschmacksstoffe ihres eigenen Essens an die Babys weiter. Wenn die Mutter eine Banane isst, schmeckt die Milch schon nach einer Stunde danach, das Gleiche gilt für Lakritz und Menthol, wie Versuche an der Universität Stockholm zeigten. Die Mediziner vermuten, dass diese Erfahrungen unser Riechen und Schmecken für das ganze Leben prägen.

Angstschweiß macht sympathisch

    Kaum zückt der Zahnarzt den Bohrer, steht dem Patienten der Schweiß auf der Stirn. Kaum betritt der Redner den Saal und fühlt Hunderte von Augenpaaren auf sich gerichtet, bekommt er ganz feuchte Hände. Dabei ist beiden gar nicht heiß. Im Gegenteil. Angstschweiß ist kalt, denn er entspringt einer Panikreaktion des Körpers. Schwitzen bedeutet normalerweise, dass der Körper erhitzt ist. In solchen Situationen sorgt ein Schweißausbruch dafür, dass die Haut feucht wird und der Körper sich durch das Verdunsten abkühlt. Anders ist es, wenn der Mensch in Angst und Panik gerät. Dann reagiert das vegetative Nervensystem ganz archaisch. Es kühlt den Körper schon mal vor, um für die kommende Anstrengung oder die Flucht vorbereitet zu sein. Die Schweißtropfen verdunsten deshalb nicht, sondern bleiben als »kalter Schweiß« auf der Haut. Außerdem werden Stresshormone wie Cortisol und Adrenalin

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