Das kleine Haus am Meer (Romantischer Lady-Krimi)(German Edition)
auch nur eines Blickes zu würdigen.
»Entschuldigen Sie, Silvia, dass ich so einfach hier eindringe. Ich vergaß gestern, Ihnen zu sagen, dass ich Sie heute zu einem kleinen Ausflug abholen möchte. Ich hoffe, dass Sie Zeit haben.«
Es war Silvia, als greife eine eiskalte Hand nach ihrem Herzen, als sie Graf Gerlachs Blick auf sich ruhen fühlte. Ihre Augen trafen sich. Es war weder die Zuneigung von vorhin noch seine Freundschaft, derer sie sich sicher gefühlt hatte, die sie entdeckte. Die Verachtung und Enttäuschung, die er offensichtlich für sie empfand, waren unübersehbar.
Mit unsicherer Stimme stellte sie die beiden Männer einander vor, obwohl sie lieber die Flucht ergriffen hätte. Zu peinlich war diese Situation, und ausgerechnet in dem Moment, als sie Andreas von dem ungebetenen Gast hatte erzählen wollen, der ihr die romantische Badebucht verleidete, war dieser hier aufgetaucht. Sie konnte gut verstehen, dass der Graf jetzt einen ganz falschen Eindruck von ihr hatte, doch dagegen konnte sie jetzt im Augenblick nichts tun.
»Sehr erfreut«, knurrte Graf Andreas. Dann rief er Arco zu sich, der sich noch immer nicht ganz beruhigt hatte. »Wir beide wollten ohnehin gerade gehen. Bitte, entschuldigen Sie die Störung, Silvia. Ich wusste nicht, dass Sie Besuch erwarteten.«
Seine Stimme klang eisig, und ein verächtliches Lächeln umspielte seinen Mund.
»Aber ich… bitte, Andreas, glauben Sie mir…«‚ warf die Frau verzweifelt ein. »Ich…«
»Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen«, unterbrach Andreas sie heftig. »Es war mein Fehler. Ich hätte mich vorher anmelden sollen, doch ich konnte ja nicht, dass bei Ihnen bereits so ein reger Durchgangsverkehr herrscht. Sie haben die seltene Gabe, sehr schnell viele Freundschaften zu schließen.« Er grinste, denn die Worte, eigentlich als Anerkennung gedacht, passten nicht zu seiner eiskalten Stimme.
Zornesröte schoss Silvia ins Gesicht. »Ich glaube, Sie haben genug gesagt, Herr Graf«, konterte sie böse. »Sicher ist es besser, wenn Sie jetzt den Heimweg antreten. Es ist ziemlich weit, wie Sie schon sagten, und ich habe das Gefühl, dass sich ein Unwetter zusammenbrauen könnte.«
Verständnislos schaute Sigmund Willert zum Himmel. Alle Wolken waren verschwunden und von einem Unwetter nichts zu sehen. Na ja, ihm sollte es gleich sein, wenn nur der Graf so schnell wie möglich von hier verschwand.
»Leben Sie wohl, Herr Graf. Ich habe mich sehr gefreut, Ihre Bekanntschaft zu machen. Es kommt nicht oft vor, dass man Gelegenheit hat, einem leibhaftigen Grafen die Hand zu schütteln«, sagte er plump vertraulich.
Angewidert wandte sich Andreas ab. Diese Geschmacklosigkeit hätte er Silvia nicht zugetraut. Alle Fröhlichkeit war aus seinem Herzen gewichen, als er mit Arco den Heimweg antrat. Sogar der Hund spürte, dass sich etwas verändert hatte. Betrübt trottete er neben seinem Herrn her,
Mit brennenden Augen starrte Silvia Graf Andreas nach. Vor wenigen Minuten noch waren sie sich so nahe gewesen, dass sie vor lauter Glück die ganze Welt hätte umarmen können. Und nun war mit einem Schlag alles zerstört. Unbändiger Hass auf Sigmund Willert, diesem seltsamen ungebetenen Gast stieg in Silvia hoch. Er war Schuld daran, er ganz allein.
»Was wollen Sie denn eigentlich schon wieder?« fragte sie böse und ging aufs Haus zu, ohne seine Antwort abzuwarten.
Wie ein braves Hündchen folgte ihr der Mann, obwohl in seinem Innern ebenfalls ein Sturm tobte.
Er hatte es nicht nötig, sich so behandeln zu lassen.
»Ich wollte Sie ganz einfach wiedersehen, Silvia«, sagte er leise und tat, als würde er zerknirscht den Kopf senken, als sich die Frau umdrehte. In seinen hellbraunen Augen stand ein böses Flackern, doch das konnte Silvia nicht sehen.
»Es tut mir wirklich L eid, Herr Willert, doch ich habe keine Zeit für eine Unterhaltung. Es wäre mir lieber, wenn Sie mich allein ließen. Wir können unsere Unterhaltung sicher ein anderes Mal fortsetzen. Doch dann melden Sie sich vorher besser an, damit ich mich darauf einrichte.«
Sigmund sah, dass er für heute verloren hatte. Ganz deutlich wurde ihm jetzt bewusst, dass er etwas zerstört hatte, das gerade erst an seinem Beginn gestanden hatte. Höflich verabschiedete er sich von Silvia, dann machte er sich, trotz seiner Niederlage heute, beschwingt auf den Rückweg. Er war so zufrieden mit sich selbst, dass er noch immer über das ganze Gesicht strahlte, als er bereits an seinem Auto
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