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Das Kloster der Ketzer

Das Kloster der Ketzer

Titel: Das Kloster der Ketzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M Schroeder
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waren? Was hatte Cato mit dem Tod der beiden Mönche zu tun? Wie und woran war er gestorben? Und was hatte Eusebius beim Sezieren des Tieres entdeckt, das er dem Novizenmeister so dringend hatte zeigen müssen?
    All das stürzte Sebastian in tiefe, ruhelose Verwirrung, die das Verlangen nach einer Klärung in ihm immer stärker werden ließ. Eines jedoch glaubte er jetzt mit Sicherheit zu wissen, nämlich dass Bruder Scriptoris nicht der Mörder sein konnte. Woher er auf einmal diese Gewissheit nahm, wusste er selbst nicht genau. Es hing aber irgendwie mit dem Kadaver des Klosterkaters und den Erklärungen von Bruder Eusebius zusammen, denen der Novizenmeister mit sichtlich bestürzter Miene gefolgt war. Aber wenn der Tod von Bruder Pachomius nichts mit den Flugblättern zu tun hatte, wie er jetzt zu wissen glaubte, was steckte dann hinter dem Verbrechen?
    War er am Morgen noch fest entschlossen gewesen, sein Wissen über den Verfasser und Drucker der ketzerischen Flugschriften für sich zu behalten und sich in der Nacht aus dem Staub zu machen, so drängte es ihn nun, vorher noch mit Bruder Scriptoris über die Vorgänge zu reden, ja ihm eine
Erklärung für seine heimliche Drucklegung anonymer Flugschriften abzuverlangen.
    Dass der zweite Teil der Disputation, der an diesem Tag wieder vor der Vesper im Kapitelsaal stattfinden sollte, auf einen unbestimmten Tag verschoben wurde, wie Abt Adelphus durch den Prior verkünden ließ, verwunderte niemand.
    Sebastian ging davon aus, gleich in der Druckwerkstatt ausreichend Gelegenheit zu haben, mit Bruder Scriptoris unter vier Augen zu reden. Der Mönch würde seine Urheberschaft nicht abstreiten und ihm die Wahrheit verweigern können, wenn er die beiden Flugschriften hervorzog und ihn auf das fehlerhafte W hinwies. Jede der in der Werkstatt verwendeten Lettern hatte der Mönch von eigener Hand gegossen, wie er wusste. Die Gussformen befanden sich in einem der beiden Nebenräume. Da blieb kein noch so geringer Raum für irgendwelche Ausflüchte. Der Novizenmeister würde ihm Rede und Antwort stehen müssen!
    Aber nicht mehr an diesem Vormittag, wie Sebastian wenig später erfuhr. Bruder Scriptoris winkte ihn am Fuß des dunklen Treppenaufgangs zu sich, als die Mönche nach der Aufbahrung von Bruder Lombardus in der Nische des Kreuzgangs in gedrückter Stimmung auseinander gingen.
    »Schreckliche Dinge, die sich gestern und heute ereignet haben«, sagte er düster.
    »Abgründig wäre wohl der treffendere Ausdruck dafür«, erwiderte Sebastian.
    Der Novizenmeister runzelte die Stirn, ging jedoch nicht darauf ein. »Hör zu, du begibst dich in die Werkstatt und erledigst dort die Arbeiten, die du ohne meine Aufsicht zu erledigen weißt.«
    »Kommt Ihr nicht auch?«, fragte Sebastian verwundert.
    »Nein, ich habe heute anderes zu erledigen«, gab der Mönch
vage zur Antwort. »Und wenn du damit fertig bist, meldest du dich bei Bruder Cäsarius.«
    »Aber ich muss dringend mit Euch reden!«
    Bruder Scriptoris zog die Augenbrauen hoch. »So? Nun, das wird warten müssen. Und so dringend wird es ja wohl nicht sein, dass es nicht noch eine Weile warten kann.«
    »Ihr irrt!«, beharrte Sebastian. »Ich weiß, wer Ihr wirklich seid, und will wissen, warum Ihr das getan habt!«
    Der Mönch sah ihn nun scharf und wachsam an. »Was soll ich getan haben?«
    »Das mit den Flugblättern!«
    »Ich weiß nicht, wovon du redest! Und jetzt tu, was ich dir gesagt habe!«, herrschte Bruder Scriptoris ihn schroff an.
    »Nein, so werdet Ihr mich nicht los!«, stieß Sebastian hervor. Er war entschlossen, sich nicht für dumm verkaufen zu lassen. »Ich weiß, dass Ihr der Verfasser der beiden Flugblätter seid! Ihr habt nicht nur die Flugschrift Wider die heidnische Barbarei , sondern auch das Flugblatt Wider die Missbräuche und gottlosen Sitten der kirchlichen Fürsten auf Petri Stuhl heimlich hier im Kloster gedruckt! Und ich kann es sogar beweisen! So wie auch Bruder Pachomius es hätte beweisen können, wenn er nicht plötzlich eines sehr seltsamen Todes gestorben wäre. Also versucht bloß nicht, abzustreiten, dass Ihr der Verfasser und Drucker der Schriften seid!«
    Ein Ausdruck blanken Erschreckens trat auf das Gesicht des Mönches. »Um Himmels willen, bist du von Sinnen?«, zischte er. »Weißt du, was du da sagst?«
    »Ja, das weiß ich sehr wohl, Bruder Scriptoris! Und ich will auf meine Fragen klare Antworten hören!«
    »Allmächtiger! Kein weiteres Wort mehr, hörst du!«,

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