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Das Kloster der Ketzer

Das Kloster der Ketzer

Titel: Das Kloster der Ketzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M Schroeder
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da traf ihn schon ein harter Gegenstand am Hinterkopf.
    Sein Schrei erstarb jäh in der Kehle wie ein durchtrennter Faden, hallte nur noch einmal in seinem Kopf nach. Und das Letzte, was er wahrnahm, bevor er das Bewusstsein verlor, war der verzweifelte Gedanke, dass er in dieser Nacht sterben und dass seine geliebte Lauretia vergeblich unten am Fluss auf ihn warten würde. Dann stürzte er in die Finsternis der Ohnmacht, und jegliches bewusste Denken in ihm erlosch wie ein schwaches Kerzenlicht, über das ein schweres dunkles Tuch geworfen wurde.

22
    Die ihn umfangende Schwärze war wie brennendes, flüssiges Pech, das ihm in Nase und Mund drang und ihn zu ersticken drohte. Verzweifelt rang er nach Atem, während sein Bewusstsein darum kämpfte, die wabernden Nebel in seinem Kopf zu durchdringen.
    Ein heftiger Stoß, der Sebastian in die Rippen fuhr und einen stechenden Schmerz durch seinen Körper jagte, riss ihn schließlich endgültig aus der Ohnmacht. Er schlug die Augen auf und wollte schreien, doch irgendetwas saß fest wie ein Pfropfen in seinem Mund und ließ nur einen erstickten Laut hinaus.

    Es dauerte einen Moment, bis er begriff, dass der Prior ihn nicht nur gefesselt, sondern ihm auch den Mund mit einem Knebel verschlossen hatte. Sein verstörter Blick registrierte schwere, vor ihm aufragende Balken, bei denen es sich um die klobigen Standbeine der Druckpresse handelte. Wild flackernder, roter Schein tanzte über das hölzerne Gestell. Und Hitze fuhr ihm wie ein glühender Windhauch in den Nacken.
    Wieder erhielt er einen Stoß in die Seite, diesmal nicht gar so heftig, jedoch begleitet von einem gedämpften Laut. Er warf sich mit einem Ruck herum – und sah nun Bruder Scriptoris, der wie er gefesselt und geknebelt am Boden lag. Und im selben Moment fiel sein Blick auf das lodernde Flammenmeer, das nur wenige Schritte hinter ihnen bei der Tür und vor den beiden Fenstern aus hohen Stapeln von Papier und Holzkisten aufstieg. Die Flammen leckten schon an den Wänden aus Fachwerk und den stoffbespannten Holzrahmen hoch. Nicht mehr lange, und das Feuer würde mit rasender Zerstörungswut von dem ganzen Gebäude Besitz ergriffen haben!
    Der verbrecherische Prior hatte nie vorgehabt, sie am Leben zu lassen und sich durch ihre Fesselung nur einen Vorsprung für seine angebliche Flucht zu verschaffen! Er wollte, dass sie in diesem Feuer umkamen und sie ihr Wissen um seine Mordtaten mit in den Tod nahmen! Fest darauf vertrauend, dass damit jede Gefahr der Entlarvung für ihn gebannt war und dass Bruder Eusebius nicht die Entschlossenheit besaß, nach handfesten Beweisen für seinen Verdacht zu suchen.
    Panische Todesangst befiel Sebastian. Und in kopfloser Verzweifelung versuchte er, sich über den Boden krümmend und robbend vor dem sich schnell ausbreitenden Feuer in Sicherheit zu bringen. Dabei wusste er, dass die Werkstatt nur über einen Ausgang verfügte. Und dort tobte schon jetzt ein Feuer, das jegliche Flucht auf diesem Weg unmöglich machte.
Dasselbe galt für die Fenster. Und wenn erst einmal das alte, pulvertrockene Gebälk in Flammen stand, gab es kein Entkommen mehr. Denn die beiden angrenzenden Kammern verfügten nur über schießschartenschmale Öffnungen im Mauerwerk, die auf den Fluss hinausgingen. Höchstens ein kleines Kind hätte sich da hindurchzwängen können. Auch würde sie keiner hören, wenn sie dort auf den Fluss hinaus nach Hilfe schrien, sofern sie überhaupt dazu in der Lage gewesen wären.
    Bruder Scriptoris kroch hinter ihm her, trat erneut nach ihm und stieß kurze, erstickte Laute aus, die trotz ihrer Unverständlichkeit etwas seltsam Dringendes, ja fast Beschwörendes an sich hatten. Sebastian warf sich erneut zu ihm herum und verstand nicht, was der Mönch von ihm wollte. Sie mussten doch weg von dem Flammenmeer, dessen Hitze schon auf ihrer Haut brannte!
    Der Novizenmeister schob sich hastig an ihn heran und nickte dabei heftig mit dem Kopf, während er seinen Blick auf Sebastians Hüfte richtete.
    Sebastian wusste noch immer nicht, was der Mönch wollte, folgte aber der Richtung seines Blickes und stellte nun fest, dass er noch immer sein Messer an der Hüfte trug. Der Prior war sich seiner Sache so sicher gewesen, dass er es offenbar nicht für nötig gehalten hatte, ihnen ihre Messer abzunehmen.
    Und als Bruder Scriptoris sich nun auf die Seite drehte, so dass seine auf dem Rücken gefesselten Hände ihm zugewandt waren, verstand Sebastian auf einmal, was er

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