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Das Kloster der Ketzer

Das Kloster der Ketzer

Titel: Das Kloster der Ketzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M Schroeder
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nicht allein wegen des noch immer herabrieselnden Regens, und hielten die Köpfe gesenkt. Ein Stück weiter vor ihnen ritt Lauretia in ihrer Männerkluft auf Rufus hinter dem Fuhrwerk eines Händlers, der den Menschenauflauf am Richtplatz zu einem lukrativen Geschäft genutzt hatte, war er doch in der langen Zeit des Wartens auf den Beginn des Spektakels Körbe voller Backwaren und Holzspieße mit gerösteten Fleischstücken an die Schaulustigen losgeworden.
    Sebastian, Lauretia und Bruder Scriptoris hatten es nicht über sich gebracht, der Hinrichtung aus nächster Nähe beizuwohnen und Zeugen dieser Barbarei im Namen Christi zu werden. Sie hatten fast eine Meile davon entfernt am Rand eines kleinen Gehölzes in stummem Gebet verharrt, als der Rauch in den Himmel aufgestiegen war, und gewartet, bis sie sicher sein konnten, dass der Tod die beiden Männer von ihren Qualen erlöst hatte. Dann erst hatten sie sich in Bewegung gesetzt und sich unter die Menge gemischt.

    Sebastian fühlte sich elend wie kaum jemals zuvor. Er war an dem Richtplatz vorbeigezogen, ohne auch nur einmal den Kopf zu heben und einen Blick nach links auf den Ort zu richten, wo die beiden Wiedertäufer den Tod in den Flammen erlitten hatten. Auch kein noch so schwaches Bild davon sollte sich in seinem Gedächtnis festsetzen, wusste er doch, dass es ihn dann bis ans Ende seiner Tage verfolgen würde. Zu wissen, dass seinem Vater vielleicht dasselbe Schicksal drohte, wenn sie ihn nicht noch retten konnten, lastete schon schwer genug auf seiner Seele.
    Wie Lauretia vorhergesagt hatte, schenkte ihnen keine der Wachen, die im tiefen Tordurchgang Schutz vor dem Regen gesucht hatten, auch nur einen flüchtigen Blick, als sie im Strom der Rückkehrer an ihnen vorbeischlurften.
    Sebastian vermochte sich eines mulmigen Gefühls nicht zu erwehren, als er sich nun wieder in den Mauern der Stadt befand, in der er jeden Moment Tassilo von Wittgenstein oder Jodok über den Weg laufen konnte. Die einzig mögliche Vorsichtsmaßnahme bestand darin, dass sie tunlichst nur abgelegene Seitenstraßen und die schmutzigen Gassen der armen Wohnviertel benutzten. Aber er wusste, dass sich nur hier in Passau ein aussichtsreicher Plan schmieden und die Hilfe beschaffen ließ, die nötig war, um seinen Vater aus dem Kerker der Festung Oberhaus zu befreien. Insgeheim hegte er immer noch die Hoffnung, dass sich dies irgendwie doch mit Hilfe der drei Briefe des Domherrn bewerkstelligen ließe, auch wenn Bruder Scriptoris anderer Meinung war.
    Kurz hinter der großen Kreuzung, wo ein Rundbrunnen in der Mitte den Menschenstrom teilte und es von der tiefer in die Stadt führenden Landstraße nach rechts in die kaum weniger breite Bader Straße ging, lenkte Lauretia ihr Pferd nach links in eine schmale Seitengasse.

    Sebastian und Bruder Scriptoris folgten ihr mit einigem Abstand. Als sie um die Hausecke bogen, sahen sie, dass Lauretia indessen vom Pferd gestiegen war und sich scheinbar am Sattelgurt zu schaffen machte.
    Lauretia sah sich nach ihnen um, um sich zu vergewissern, dass sie ihr auch in die richtige Gasse gefolgt waren, und tauschte mit ihnen einen kurzen Blick. Dann nahm sie die Zügel auf und führte ihr Pferd hinter sich her, während sie ihren Weg unweit des rechtsseitigen Donauufers durch das verwinkelte Gassengewirr der einfachen Wohnviertel fortsetzte, so entfernt als möglich von den großen Plätzen und Straßen rund um den Dom, wo die Wohlhabenden und Mächtigen dieser Stadt ihre Wohnhäuser, Kontore und Geschäfte hatten.
    Ihr Ziel war eine Taverne am östlichen Ende des Fischmarktes, doch nicht direkt an diesem betriebsamen Platz gelegen, sondern in einer Seitenstraße weiter flussabwärts. Das Wirtshaus trug den eigenartigen Namen Zum weinenden Lautenschläger und bot Reisenden mit knapp bemessener Barschaft ein billiges Quartier in seinen Dachstuben. Lauretia kannte den Wirt und seine Frau aus jenen Tagen, als sie an Bord eines Floßes nach Passau gekommen war und dort mehrere Nächte verbracht hatte. Und seitdem hatte sie manches Mal die Taverne besucht, um dort für wenig Geld ein einfaches, aber doch schmackhaftes Gericht und einen Krug Bier zu sich zu nehmen. Sie hatte ihnen versichert, dass sie bei den Eheleuten Fidelis und Mechthild Troller gut aufgehoben sein und nicht mit Fragen nach ihrem Woher und Wohin belästigt werden würden.
    Der Sommerregen hatte wieder an Kraft zugenommen, als sie ihr Ziel jenseits des Fischmarktes erreicht hatten. Über

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