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Das Kloster der Ketzer

Das Kloster der Ketzer

Titel: Das Kloster der Ketzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M Schroeder
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begeistert hervor, um jedoch schon im nächsten Moment wieder von heftigen Zweifeln gepackt zu werden. »Aber wie soll Lauretia das denn anstellen?«
    »Mit Hilfe zweier rechtschaffener Männer, denen ich in dieser Sache vertrauen kann, nämlich meines Klosterbruders Eusebius und des Buchhändlers Burkhard Felberstätt. Sein Besuch im Kloster wird bei keinem auch nur den Schimmer eines Verdachts erregen, wenn er sich nach den Büchern erkundigt,
die ihm zum Verkauf versprochen waren, und dann noch mit Bruder Eusebius spricht, um sich von ihm eine Heilsalbe für seine Frau anrühren zu lassen!«, antwortete der Mönch verschmitzt und sagte zu Lauretia: »Besorg mir Feder, Tinte und Papier! Ich muss meinem werten Mitbruder noch heute einen langen Brief schreiben, den Felberstätt unserem Kräuterbruder heimlich zustecken wird. Und in dem Brief wird es nicht allein darum gehen, ihn und den Abt von Bruder Sulpicius’ Verbrechen in Kenntnis zu setzen!«

5
    Fünf Tage später hockte Sebastian auf den Stufen der Kirche, die den Marktplatz der Innstadt unweit der Donaubrücke beherrschte. Er trug seine abgerissene Bettelmönchskutte und hatte die hochgeschlagene Kapuze weit in die Stirn gezogen, als wollte er seine Augen vor dem blendenden Schein der schon tief stehenden Sonne schützen. Zu seinen Füßen lag die hölzerne Bettelschale, in der sich schon einige Münzen von sehr bescheidenem Wert befanden.
    Es war Markttag in der Innstadt, und wenn die Zeit des größten Gedränges auch schon vorbei war, so herrschte zwischen den vielen Ständen, Buden und Fuhrwerken, von denen herab die Bauern aus dem Umland ihre Erzeugnisse verkauften, doch noch immer ein reges Kommen und Gehen.
    Sebastian versuchte durch seine nach vorn gebeugte Haltung und die gefalteten Hände den Anschein zu erwecken, als wäre er in ein stilles Gebet versunken und als nähme er das Markttreiben vor seinen Augen nicht zur Kenntnis. Dabei war
er hellwach und in einem Zustand äußerster innerer Anspannung, in die sich auch eine gehörige Portion Angst mischte, ihr sorgfältig ausgeheckter und vorbereiteter Plan könne durch irgendein unvorhergesehenes Ereignis scheitern.
    Fünf ebenso geschäftige wie aufregende Tage lagen hinter ihnen, in denen sie vieles zu durchdenken und zu organisieren gehabt hatten. Angefangen von der eher einfachen Aufgabe, unauffällige Kleidung für vier Personen zu beschaffen, die für die Flucht aus dem Passauer Land für sie bereitliegen musste, über den unverdächtigen Kauf von vier ausdauernden Pferden bei vier verschiedenen Pferdehändlern bis hin zur allmählichen Umgarnung und schließlich Bestechung des jungen Stallknechts Dominik Felten. Ein Großteil dieser wichtigen Erledigungen hatte auf den Schultern von Lauretia gelegen. Aber auch der mit Bruder Scriptoris befreundete Buchhändler Burkhard Felberstätt hatte sich als große Hilfe erwiesen. Er kannte einen vertrauenswürdigen Bauern, dessen Hof auf dem linken Donauufer kurz vor dem Dorf Hacklberg lag und bei dem sie Rufus und die vier anderen Pferde unterstellen konnten, bis sie gebraucht wurden – was in wenigen Stunden der Fall sein würde, sofern alles nach Plan verlief. Und zu ihrem Plan gehörte es, möglichst auch Leonhard Kaiser aus der Kerkerhaft zu befreien.
    Immer wieder blickte Sebastian verstohlen zu Bruder Scriptoris hinüber, der sich links von ihm am diesseitigen Ende der Brücke postiert hatte, die von Passau ans rechte Innufer herüberführte. Er hielt Ausschau nach der Kutsche des Domherrn, um ihn früh genug über dessen Kommen in Kenntnis zu setzen, damit wiederum er, Sebastian, das verabredete Zeichen sofort an Lauretia weitergeben konnte. Denn dann musste alles sehr schnell gehen, damit es beim Austausch des Stallknechtes keine Verzögerung gab, die ihren Plan mit einem Schlag zunichte machen konnte. Ein dicker, schmutziger Leinensack
hing dem Mönch von der linken Schulter. In ihm befanden sich saubere Kleidung und Schuhe, wie sie auch einem wohlhabenden Kaufmann gut zu Gesicht gestanden hätten, sowie zwei dicke Rollen mit reißfester Kordel.
    Lauretia stand an der Ecke, wo die Lehmgrabengasse auf den Kirchplatz mündete, und dort genau gegenüber der Toreinfahrt, durch die man in den Hinterhof von Ämilia Gerwalds Haus mit dem Stall gelangte. Sie hatte am Mittag in Passau einer höchst dankbaren alten Marktfrau einen großen Korb mit gebündelten Kienspänen abgekauft und unterschied sich mit diesem Korb zu ihren Füßen in nichts von

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