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Das Kloster der Ketzer

Das Kloster der Ketzer

Titel: Das Kloster der Ketzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M Schroeder
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Torwächter wird es wagen, Tassilo von Wittgenstein den Weg zu verwehren, wenn es ihm beliebt, zu eben dieser Stunde aus der Stadt und hinauf zur Festung zu wollen. Und jetzt höre endlich auf, dir wie ein eingefleischter Pessimist auszumalen, was alles schief laufen könnte! Bis jetzt ist doch alles so gekommen, wie wir es uns erhofft haben.«
    »Ihr habt ja Recht«, gab Sebastian mit einem schweren Seufzer zu, doch sehr viel ruhiger wurde er nicht.
    Plötzlich gellte ein kurzer, scharfer Pfiff aus der Lehmgrubengasse zu ihnen über den Platz.
    »Lauretia!«, stieß Sebastian hervor und wollte schon aufspringen.
    Doch sofort packte der Mönch seinen Arm und hielt ihn mit eisernem Griff neben sich auf der Treppenstufe. »Warte!«, zischte er. »Bettelmönche legen keine unziemliche Hast an den Tag und rennen wie Gassenjungen über einen Kirchplatz! Bewahre Ruhe und einen kühlen Kopf.« Und mit aufreizender Ruhe verstaute er den Brotlaib, von dem noch gut drei Viertel übrig waren, in dem alten Stoffsack, den er bei sich trug.
    Wie schwer es Sebastian fiel, scheinbar gleichmütig neben Bruder Scriptoris sitzen zu bleiben und zu warten, bis dieser sich endlich erhob und sich gemessenen Schrittes auf den Weg hinüber zur Lehmgrubengasse machte!

    Lauretia hatte sich indessen schon wieder in den Schutz des Tordurchgangs zurückgezogen. Lag die Gasse selbst noch zu einem gut Teil in weichem Abendschein, so kündete in der Torpassage das Zwielicht schon von der herannahenden Nacht.
    »Sind sie auf die List hereingefallen?«, stieß Sebastian im Flüsterton hervor, kaum dass er mit dem Mönch den äußeren Torbogen passiert hatte und Lauretia am anderen Ende der Durchfahrt entdeckte. Eine Frage, die völlig überflüssig war, hätte Lauretia ihnen andernfalls doch nicht durch den Pfiff zu verstehen gegeben, dass die drei Schergen wehrlos niedergestreckt im Stall lagen und sie nun kommen konnten, um gemeinsam mit ihr den Rest zu besorgen.
    »Das erste Troja ist kampflos gefallen!«, antwortete sie mit einem stolzen Lächeln.
    »Dem Herrn sei Lob und Dank!«, raunte Bruder Scriptoris und zeigte nun doch deutlich Erleichterung, als wäre auch er insgeheim nicht frei von Sorge gewesen. »Zeig uns, wo sie liegen!«
    »Kommt!«
    Als Sebastian mit ihnen hinaus in den Hof trat, verstand er besser, warum ein erfahrener Kutscher selbst mit einem vierspännigen Gespann nicht allzu große Schwierigkeiten hatte, an diesem Ort zu wenden. Der verstorbene Kaufmann hatte einen großen Hinterhof angelegt, weil er hier sein Lager gehabt hatte, wie der Trakt zur Rechten mit seinen drei hohen Toren vermuten ließ. Auf der Linken erstreckten sich der Pferdestall und die Remise. Davor stand die Kutsche des Domherrn mit den vier Schimmeln im Geschirr, die ihre Köpfe in die ihnen umgehängten Futtersäcke versenkt hatten und sich den Hafer schmecken ließen.
    Lauretia führte sie durch die nur angelehnte Tür in die Stallung, und gleich dahinter, in dem offenen Bereich zwischen
den Abtrennungen der Einstellplätze für die Pferde, lagen sie reglos im Stroh, mit offenen Mündern und wie tot.
    Schnell kniete sich Bruder Scriptoris zwischen sie und vergewisserte sich, dass ihr Atem gleichmäßig ging und ihr Pulsschlag keine Besorgnis erregenden Unregelmäßigkeiten aufwies. Aber auch wenn dem so gewesen wäre, hätten sie nichts für sie tun können.
    »Sie werden sich morgen reichlich schlapp und elend fühlen, aber das ist auch alles, was sie als Nachwehen ihrer Zecherei zu befürchten haben«, sagte er. »Also dann, machen wir uns an die Arbeit.«
    Ohne viele Worte und in großer Eile lösten Sebastian und Bruder Scriptoris den drei Gefolgsleuten des Domherrn die Waffengurte, zerrten ihnen die Stiefel von den Füßen, gurteten die Lederwamse auf und zogen sie dann gänzlich aus. Dabei rollten sie die Männer wie ausgeweidete Rinderhälften mal auf die eine Seite, mal auf die andere. Indessen trug Lauretia einen ganzen Arm voll Stricke zusammen, von denen es in jedem Pferdestall eine ausreichende Menge gab. Denn die Kordel, die sie vorsorglich mitgebracht hatten, wurde später im Kerker gebraucht.
    Anschließend vertauschten sie ihre Kleidung mit der der Dienstmänner. Sebastian und der Mönch hatten mit der Größe der Kleidung keine Probleme, unterschied sich ihre Körperstatur doch nur unwesentlich von der der Schergen. Nur Lauretia sah sich gezwungen, ihr allzu locker sitzendes Lederwams und die kniehohen Stiefel mit Stroh auszufüttern, das

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