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Das Kloster der Ketzer

Das Kloster der Ketzer

Titel: Das Kloster der Ketzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M Schroeder
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verantwortungsvolle Amt im Jahre 1511 begegnet. Wir verbrachten mehrere Tage zusammen und wir haben uns auf Anhieb sympathisch gefunden. Daher bin ich guter Hoffnung, dort Aufnahme zu finden. Und sollte das nicht der Fall sein, dann wird sich etwas anderes ergeben. Gott weiß, wo er mich haben will, und ich werde diesen Ort finden.«

    Der Abschied von Bruder Scriptoris fiel ihnen schwer, und es war schließlich der Mönch, der den gegenseitigen Umarmungen, Segensworten und Wünschen ein Ende bereitete.
    Er saß schon auf seinem Pferd, als er sich noch einmal an Sebastian und Lauretia wandte. »Du hast Recht gehabt, Lauretia, als du vor einigen Tagen sagtest, dass es keine uneinnehmbare Festung auf Erden gibt, wie mächtig die Wälle, Gräben, Mauern, Zinnen und Brustwehren auch sein mögen. Zumindest keine von Menschenhand erbaute. Aber eine uneinnehmbare Festung gibt es schon«, sagte er mit großer Warmherzigkeit und Zuneigung in der Stimme. »Nur kommt ihr Baumaterial aus keinem Steinbruch und keiner Festungsschmiede, sondern aus dem Herzen. Denn sie wird errichtet aus Glaube, Hoffnung und Liebe!« Er nickte ihnen lächelnd zu. »Ihr werdet immer in meinen Gebeten sein, Lauretia und Sebastian! Gottes besonderer Segen möge allzeit auf euch ruhen!« Damit griff er zum Zügel, hob noch einmal zum letzten stummen Gruß die Hand und galoppierte davon.
    »Auch wir werden Euch nie vergessen!«, rief Sebastian ihm noch zu. Mit Tränen in den Augen blickte er ihm nach, wie er hoch zu Pferd auf dem Pfad zwischen den Bäumen rasch kleiner wurde und dann von der Dunkelheit verschluckt wurde, die bald dem neuen Tag weichen würde. Dann spürte er Lauretias Hand, die sich in die seine gelegt hatte, und wortlos teilten sie sich ihre Liebe mit.
    Der Morgen graute, als auch sie sich schließlich auf ihre Pferde schwangen und auf die Landstraße zurückkehrten, um der anderen, nordöstlichen Abzweigung zu folgen.
    Ihre Reise hatte gerade erst begonnen, und Sebastian hatte das sichere Gefühl, dass sie nicht in Wittenberg enden würde, so interessant und aufregend das Leben dort jetzt auch sein mochte. Dafür hatte er einen zu guten Novizenmeister gehabt!

Nachwort
    zu Leonhard Kaiser und Martin Luthers Reformation sowie Danksagung
    Die Geschichte von Sebastian, Lauretia, Bruder Scriptoris und der Gebrüder von Wittgenstein, die ich im Jahre 1527 in Passau und Umgebung angesiedelt habe, wurde angeregt durch Besuche in der Stadt sowie das Studium zahlreicher Sachbücher und anderer Materialien über jene Zeit (die im Anschluss an die Zeittafel von Luthers Leben und Werk sowie seinen berühmten 95 Thesen im Quellenverzeichnis aufgeführt sind) und ist das Produkt meiner Fantasie. Sie hat sich so, wie im Roman geschildert, also nicht ereignet, hätte aber so passiert sein können. Auch das Zisterzienserkloster Unsere Liebe Frau vom Inn gehört in das Reich der Fiktion. Ich habe es so ähnlich skizziert wie die mir vertraute Zisterzienserabtei Himmerod in der Eifel.
    Was jedoch die Verfolgung lutherischer Ketzer, die Hinrichtung von Wiedertäufern und insbesondere Martin Luthers Freund Leonhard Kaiser angeht, so habe ich mich dabei an die historischen Quellen gehalten, wenn auch mit kleineren dramaturgischen Freiheiten, wie sie jedem Romanautor zustehen. Da das Ende meines Romans das Schicksal Leonhard Kaisers im Dunkel lässt, hier der Ablauf der verbürgten Ereignisse, die zu seinem Tod geführt haben.
    Wie in meiner Geschichte geschildert, reiste Leonhard Kaiser Anfang 1527 von Wittenberg, wohin er zwei Jahre zuvor geflüchtet und wo er ein eifriger Schüler von Luther und Melanchthon
31 geworden war, ins oberösterreichische Raab in der Nähe von Passau, um seinen todkranken Vater noch einmal zu sehen. Der Ortspfarrer hatte nichts Eiligeres zu tun, als ihn bei den Behörden zu denunzieren, sodass es zu seiner Verhaftung und Einkerkerung auf der Festung Oberhaus wegen Eidbrüchigkeit und Ketzerei kam.
    Die Nachricht veranlasste zahlreiche theologische Freunde sowie einige Mitglieder des Adels, sich für ihn bei Herzog Ernst einzusetzen, auch schickten ihm Martin Luther und Philipp Melanchthon Trostbriefe in den Kerker. Leonhard Kaisers monatelanger zäher Kampf, um in den Verhören die Vertretbarkeit seiner lutherischen Bekenntnisaussagen zu beweisen, blieb jedoch erfolglos – wie nicht anders zu erwarten gewesen war. Auch verweigerte man ihm das Recht, einen Anwalt zu seiner Verteidigung an seiner Seite zu haben. Dennoch blieb er

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