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Das Kloster der Ketzer

Das Kloster der Ketzer

Titel: Das Kloster der Ketzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M Schroeder
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eilten, würden sie mit ihren Alarmschreien gewiss weitere Soldaten auf den Plan rufen. In Windeseile würde auch der Letzte in der Festung wissen, dass es in den Kerkerkatakomben zu einem Kampf gekommen war. Und damit schnappte die Falle für sie unweigerlich zu!
    Was das bedeutete, war Sebastian sofort klar. Ein Entkommen war aussichtslos. Ihnen blieb nur, ihr Leben so teuer wie möglich zu verkaufen und dann einen schnellen Tod zu suchen, wenn sie nicht auf Folterbank und Scheiterhaufen enden wollten.
    »Sieh an, wer sich da an diesen unfreundlichen Ort verirrt hat«, brach der Scharfrichter das Schweigen und schob seine Waffe seelenruhig wieder in die Scheide zurück, als wäre er sich seiner Sache absolut sicher, dass keiner ihn angreifen würde. »Da haben wir sie ja alle zusammen vereint, den jungen Sebastian von Wittgenstein, den Fuhrmannsknecht Lukas, den Klosterbruder Scriptoris und den neugläubigen Herrn Ekkehard von Wittgenstein!«
    Verblüfft über das Wissen des Scharfrichters, mit wem genau er es zu tun hatte, starrte Sebastian zu ihm auf.
    Dann aber griff er zum Degen des Schergen, den er sich umgegürtet hatte, und zog blank. »Lebend werdet Ihr uns nicht bekommen, Scharfrichter!«, stieß er mit der wilden Verzweiflung des Hoffnungslosen hervor.
    Abwehrend streckte Hubertus Haberstroh den Waffenarm aus. »Du steckst die Klinge besser wieder weg, Sebastian!«, sagte er schnell. »Ich bin nicht hier, um euch dem Domherrn
auszuliefern, sondern um euch notfalls zu Hilfe zu kommen. Doch ich sehe, dass ihr meines Beistandes gar nicht bedürft. Ich muss gestehen, dass ich euch das nicht zugetraut hätte. Meine Anerkennung!« Und mit diesen Worten nahm er die letzten Stufen und kam ihnen entgegen.
    Zögern ließ Sebastian den Degen sinken und sah ihn mit einem Ausdruck völliger Fassungslosigkeit an. »Seid... seid Ihr es etwa, der...«, stammelte er ungläubig.
    Der Scharfrichter von Passau nickte. »Ja, ich bin der, den ihr als ›Kapuzenmann‹ zu bezeichnen pflegtet. Und macht euch wegen der Wachen oben keine Sorgen. Ich habe ihnen die Erlaubnis erteilt, sich zu den anderen Soldaten in den Esssaal zu begeben und sich die Bäuche voll zu schlagen.«
    »Allmächtiger! Was für eine Wendung!«, entfuhr es dem Mönch, begleitet von einem mächtigen Stoßseufzer. »Und ich dachte schon, noch heute vor meinen Schöpfer treten zu müssen!«
    Auch Lauretia und Ekkehard mussten erst einmal tief Luft holen und ihre Fassung wiedergewinnen.
    »Ihr seid es also gewesen, der den Brief mit der Warnung an meine Ziehmutter geschrieben und nach Erlenhof geschickt hat!«, stieß Sebastian hervor.
    Der Scharfrichter nickte. »Es war mir nicht möglich, mich zu jener Stunde selbst auf den Weg zu machen. Zum Glück traf meine Warnung ja noch rechtzeitig bei euch ein.«
    »Jetzt verstehe ich auch Eure mir damals so rätselhaft erscheinende Frage, ob ich Euch jemanden nennen könne, für dessen Freundschaft ich meine Hand ins Feuer legen würde!«, meldete sich nun Sebastians Vater zu Wort. »Erst habe ich Euch nicht getraut und eine Hinterlist vermutet. Aber nachdem Ihr mich noch im letzten Moment von der Folterbank geholt, Euch deswegen so heftig mit meinem Bruder angelegt
und ihm vorgehalten habt, dass mein Name ja noch gar nicht auf der offiziellen Liste der Inhaftierten vermerkt und die Tortur daher nicht statthaft sei, da habe ich dann doch Vertrauen gefasst und Euch vom Buchhändler Burkhard Felberstätt und von Bruder Scriptoris erzählt.«
    »Aber woher konntet Ihr von der Reisebibel und dem geheimen Versteck mit den Briefen wissen?«, wunderte sich Sebastian.
    »Als es mir endlich möglich war, mich in jener Nacht selbst zum Landgut aufzumachen, da stand Erlenhof schon lichterloh in Flammen«, berichtete der Scharfrichter. »Aber Eure Ziehmutter lebte noch, und sie teilte mir vor ihrem Tod noch mit, welche Bedeutung die Reisebibel hatte. Ich hätte sie dir vielleicht besser gleich abnehmen sollen, hielt das Versteck in der Kammer von Meister Dornfeld jedoch anfangs für sicher.«
    Damit hatte sich für Sebastian wie für Lauretia und den Mönch das letzte Rätsel gelöst und sich in die anderen Teile des noch nicht gänzlich vollständigen Bildes gefügt. Er verstand jetzt auch die Verbindung zu Stumpe und der Besitzerin des Frauenhauses, gehörte es doch zu den Aufgaben eines Scharfrichters, in der Stadt ein scharfes Auge auf das Gesindel und die Dirnen zu halten, die sich sein Wohlwollen und seinen Schutz

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