Das Kloster (German Edition)
fragte Halbert den Prediger.
»Ich wüßte nicht, wie sie sich bewerkstelligen ließe,« antwortete Warden, »indessen steht es in Deiner Macht, mich zu retten.«
»Ich werde es an ernstlichem Bemühen nicht fehlen lassen,« versetzte Halbert.
»Gib diesen Brief hier auf Deinem Wege nach Edinburg dem Anführer der Reiterschar, der Du begegnen wirst. Sie ist auf dem Ritte nach dem Süden begriffen, und Du kannst sie unmöglich fehlen. Benachrichtige den Anführer von der Lage, in der ich mich befinde, und es kann wohl geschehen, daß die Begegnung mit dem Herrn zu Deinem Glück ausschlägt.«
Als er Halbert den Brief durch die enge Oeffnung gereicht hatte, setzte er hinzu: »Und nun, mein Sohn, ziehe mit dem Segen Gottes weiter und vollende das Werk, das er mit seiner unendlichen Güte in die Wege geleitet hat.«
»Amen!« sprach Halbert und schritt ohne weiteres Säumen zur Ausführung seines Planes.
An dem Felsen hinunter zu klimmen bis zum Seespiegel, erschien ihm bei der herrschenden Finsternis zu gefahrvoll; er besann sich deshalb schnell eines andern und schlug die Hände über den Kopf, um mit einem kühnen Sprunge von dem Felsen in den See hinunter zu tauchen. Das Wasser schlug hoch über ihm zusammen, aber solcher Uebung gewohnt, tauchte er wie ein Wasserhuhn wieder empor und schwamm, wenngleich das Schwert ihn hinderte, mit kräftigen Stößen in nördlicher Richtung durch den See. Am Lande angelangt, warf er noch einen Blick nach der Burg zurück. Da ward er inne, daß dort Lärm entstand; er hörte, wie die Zugbrücke niedergelassen wurde, dann Pferdegetrappel über den Damm hinüber, dann sah er, wie die Fenster eins nach dem andern hell wurden. Aber vor einer Verfolgung in der Finsternis hatte er wenig Bange, er wand das Wasser aus den Kleidern, watete durch den Morast, der sich zwischen dem Seeufer und der Heide dehnte, und eilte, vom Polarstern geleitet, in nordöstlicher Richtung von dannen.
Achtes Kapitel.
Im Turme von Glendearg war es mittlerweile auch seltsamlich hergegangen. Das Mittagessen war mit aller Sorgfalt hergerichtet worden. Die Witwe war hierbei von Tibb und Mysie eifrig unterstützt worden.
»Ob sie wohl bald wieder da sein werden?« fragte Frau Elspath nach einer Weile. »Du warst doch vorhin draußen, Mysie?«
»Freilich, aber ich hab bloß nach der jungen Lady geguckt, die ist nicht recht wohl und hat sich hingelegt.«
»Aber Ihr wart doch auch am Brunnen,« sagte die Tibbie. »Habt Ihr auch dort nichts gesehen?«
»Nicht das geringste,« antwortete Mysie; »wären sie auf der Rückkehr, hätt man die weiße Feder des englischen Ritters doch über dem Buschwerk sehen müssen.«
»Dem Englischen seine weiße Feder?« fragte Frau Glendinning; »Du einfältiges Ding Du! da sieht man doch früher von meinem Halbert den Kopf, als von dem kleinen Gernegroß die Feder! und wenn sie auch noch so weiß ist!«
»Na, wenn sie nicht bald wieder da sind, dann müssen sie eben alles essen, wie es ist,« sagte die Tibbie; »der Küchenjunge kann ja kaum noch den Spieß drehen. Geh, Junge, schöpf ein bißchen Luft! ich will den Spieß so lange drehen, bis Du wieder da bist.«
»Lauf auf die Zinne hinauf, Bursche,« sagte Frau Glendinning, »dort ist die Luft frischer als drinnen vorm Tore. Halt Ausschau und sag uns, wenn mein Halbert mit dem Ritter ins Tal hinunter kommt.«
Der Knabe blieb so lange, daß die Tibbie es bitter bereute, ihn weggeschickt zu haben. Endlich kam er aber mit dem Bescheide wieder, daß nicht das geringste sichtbar sei, so weit man sehen könne.
So verging unter allerhand Mutmaßungen darüber, was die Jäger wohl aufhalten möge, die Zeit bis etwa zur vierten Stunde. Die Turmleute hatten hastig ein paar Bissen zu sich genommen, alles aber so weit zugerichtet, daß das Essen jederzeit aufgetragen werden konnte. Da kam statt der erwarteten Jäger ein andrer Besuch, und zwar einer, dessen man sich am allerwenigsten versehen hätte, der Unterprior Pater Eustachius. Der Auftritt vom vorigen Tage war ihm nicht aus dem Sinne gekommen, das Schicksal der Familie zu Glendearg ging ihm sehr zu Herzen, zudem mußte der Klosterbrüderschaft daran liegen, daß es zwischen Sir Piercie Shafton und dem jungen Glendinning nicht zu einem ernstlichen Konflikte käme, denn alles, was die Aufmerksamkeit der äußern Welt auf den Ritter lenken konnte, mußte dem Kloster unfehlbar zum Nachteil sein, das sich ohnehin von schwerer Gefahr bedroht sah.
Der Prior traf die Familie in
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