Das knallrosa Tagebuch: Das knallrosa Tagebuch
Kram.«
Mama hat einen Bluterguß auf der Backe, der gestern noch nicht da war. Ich fragte, wie das passiert ist, und sie hat mir erklärt, sie hätte schnell bremsen müssen und sich das Gesicht am Armaturenbrett angeschlagen. Ich wollte wissen, warum sie so schnell hat bremsen müssen, und sie sagte, ein Milchlaster hätte sie geschnitten. Als ich mir den Bluterguß näher ansehen wollte, hat sie mich abgewehrt. Oma hat nur den Kopf geschüttelt. »Diese LKW-Fahrer rasen wie die Bekloppten«, sagt sie.
19:30
Wollte gerade in Mamas Zimmer, um mir eine Schleife für den Kranz zu holen. Papa war bei ihr. Ich habe ihn leise reden hören. »Du weißt doch, daß ich es nicht so gemeint habe«, sagte er. Als ich die Tür einen Spalt weit aufgemacht habe, sah ich, wie er sie umarmte und zärtlich auf den Scheitel küßte. Sie hat ihn auch geküßt.
Habe schnell die Tür zugemacht.
12. Dezember
Marsha ist heute zum Abendessen gekommen. Wir haben alle am Tisch gesessen und auf Papa gewartet. Er kam herein und hat gelacht. Als ich ihn lachen hörte, ist mir ein Schauder den Rücken runtergelaufen. Ich kannte dieses Lachen. Wir alle kannten es. Jeff und ich haben es immer »Papas Whiskey-Lachen« genannt. Ein schrilles Kichern. Oma hat die Augen geschlossen und dann auf ihren Teller gestarrt (ein stilles Gebet?).
Mama hat Papa etwas auf den Teller getan. Es hat eine Zeitlang gedauert, bis Papa mit dem Essen klarkam. Ein paarmal hat er seinen Mund nicht getroffen, aber schließlich klappte es doch. Niemand hat ein Wort gesagt. Mir tat Jeff leid. Und Marsha auch. Papa kotzt mich an.
Mama war während des ganzen Essens. Sie hat gesummt, als sie das Essen verteilt hat. Sie war stark geschminkt. Den Bluterguß konnte man fast nicht mehr sehen. Oma hat Marsha gefragt, wie es in der Schule läuft, und Marsha sagte: »Gut«. Mehr wurde nicht gesprochen. Ich hätte losschreien können. Es war so peinlich. Papa aß etwa drei Portionen und verkündete dann, er wäre so vollgestopft, er könnte nicht mal mehr an einer Titte lutschen. Dann zog er eine Bierflasche aus der Tasche und grinste uns alle an. Er hatte ein Stück Salatblatt zwischen den Zähnen. Er öffnete die Flasche und nahm einen großen Schluck. Mama hat die Augen zugemacht, während das Bier seine Kehle runtergelaufen ist. Ich hatte das Gefühl, daß sie versucht, aus einem Alptraum aufzuwachen.
Alle waren ganz still. Papa rülpste. Oma hat bitterböse geschaut und ist rausgegangen. Mama wurde knallrot. Dann hat sie künstlich gelacht. Marsha hat auf ihren Teller gestarrt. Jeff und ich schauten uns nur an. Kurz darauf fing Papa an, Omas Namen zu rufen (»Maiseeeeel«). Dann ist er rausgegangen, um sie zu suchen. Mama hat den Tisch abgeräumt. Jeff blickte Marsha an und meinte stinksauer: »Du wolltest ja unbedingt meinen Vater kennenlernen.«
Die beiden sind raus. Ich hörte die Tür knallen. Mama kam wieder, um die restlichen Teller zu holen. Sie hatte ganz rote Augen. Sie schaute mich an und meinte: »Räumst du bitte den Rest weg? Ich bin furchtbar müde.« Klar, Mama ...
13. Dezember
Leute abend gab es einen tierischen Krach. Jeff hat einen Freiwurf versiebt. Chappaqua hat seinetwegen um einen Punkt verloren. Auf dem Heimweg war Papa stocksauer und fragte Jeff, wo er das Werfen gelernt hätte. »Von deiner Mutter?« Jeff hat ihn einen geilen Bock genannt. Papa hat angehalten und ihn rausgeschmissen. Wir haben Jeff mitten auf der Straße stehengelassen. Als ich mich umdrehte, hat er unserem Auto den Stinkefinger gezeigt.
Zu Hause hat Papa uns nur abgesetzt, dann ist er sofort wieder weggefahren. Mama hat sämtliche Freunde von Jeff angerufen. Keiner hat ihn gesehen. Sie fing an zu weinen und ist ins Bett gegangen. Ich wollte rein und sie fragen, wann sie endlich anfängt zu bestimmen, was hier läuft. Aber dann habe ich es doch lieber gelassen.
1:36
Papa sitzt mit sechs Dosen Bier und einer Flasche Gin im Wohnzimmer. Gott hilf uns allen.
14. Dezember
Heute war die GROSSE Weihnachtsfeier in Französisch. Die alte Sängerin hat Eierpunsch gemacht und für alle Plätzchen mitgebracht. Die Geschenke waren eine Katastrophe. Zuerst habe ich meins von Theresa aufgemacht. Es war ein Pfund Schokoladencreme. Ich hasse Schokoladencreme, aber ich tat, als würde ich mich über freuen. Theresa war es offenbar sowieso egal.
Als Kimby mein Geschenk aufgemacht hat, hat sie ganz furchtbar gekreischt. Ich wußte nicht, ob sie sich freut oder Angst hat, bis sie die Schachtel
Weitere Kostenlose Bücher