Das knallrosa Tagebuch: Das knallrosa Tagebuch
»Einen Christbaum für meine Jungs besorgen«, antwortete Papa. Der Wildhüter sagte, das wäre Privatgrund, und Papa tat ganz überrascht, als ob er das nicht gewußt hätte. Dann meinte der Wildhüter, wir sollten verschwinden, was wir auch taten. Aber erst hat Papa ihn noch überredet, uns zu helfen, den Baum aus dem Wald zu schleppen. Papa konnte früher klasse sein.
Heute auf der Heimfahrt habe ich angefangen, leise »Row Row Row Your Boat« zu summen, um zu sehen, ob er sich noch daran erinnerte. Er schaute mich an, als hätte ich nicht alle Tassen im Schrank.
Wir kamen nach Hause und haben schweigend den Baum aufgebaut. Oma meinte, ich hätte einen schönen Baum ausgesucht. Ich habe ihr erzählt, daß Papa den Baum ausgesucht hat. Sie schnaubte und ging raus.
19. Dezember
Heute haben wir den Baum geschmückt. Marsha und Mag sind gekommen, und Oma hat Eierpunsch gemacht. Es war sehr nett, obwohl Mag den ganzen Tag miese Laune hatte. Sie ist stinksauer, weil ihre Mutter sie doch nicht auf die Bahamas mitnimmt. Sie hat in einer Kneipe irgendeinen Bankfritzen kennengelernt und ihn gefragt, ob er mitfahren will. Mag soll bei ihren Großeltern in Walterton bleiben, während ihre Mutter weg ist. Sie hat mir leid getan. Mach einer Weile ging es ihr anscheinend ein bißchen besser. Sie meinte, das Zusammenleben mit ihrer Mutter ist ein ständiges Rauf und Runter. Marsha und Oma haben sich wegen der Christbaumkerzen gestritten. Marsha warnte Oma, daß sie die Steckdose überlastet, aber Oma sagte, sie wisse genau, was sie tut. Als sie dann den Stecker in die Steckdose steckte, sind die Funken geflogen. Marsha hat mich nur angeschaut. Oma murmelte irgendwas von kaputten Christbaumkerzen und meinte dann, Marsha wäre klüger, als gut für sie ist. »Ist das so schlimm?« fragte Marsha, und Oma antwortete: »Wenn man eine Frau ist, ja.« Ich hätte fast laut losgelacht. Mama und Marsha haben zusammen »Twelve Days of Christmas« gesungen und dabei die einzelnen Strophen vorgespielt. Als sie bei den elf tanzenden Damen waren, ist Mag aufgesprungen, hat mit den Hüften gewackelt und ihren Schal durch die Luft geschwenkt Oma schimpfte, daß das eine Sünde ist, und drohte Mag mit dem Finger. Weil ich es lustig fand, bin ich aufgestanden und habe mitgetanzt. Jeff meinte, wir wären alle bescheuert, und ging zum Basketballtraining.
Oma hat eine Karte rausgeholt, die sie an Timmy Wills Fernsehgemeinde schicken will. Sie sagte, wir alle müssen Gott unsere Liebe zeigen, indem wir Timmy Will Geld schicken, damit er Seinen/seinen Willen erfüllen kann. Oma hat einen Zwanziger zusammengefaltet und in die Karte gelegt. Dann fragte sie uns, ob wir auch Geld spenden wollen. Wir haben alle den Kopf geschüttelt. Oma hat »Sünder« gezischt und ist dann zur Post gegangen, um die Karte abzuschicken. Papa hat den ganzen nachmittag in der Ecke gesessen und aus dem Fenster geschaut. Er spielte ständig mit einem Stück Papier herum, das wie ein Scheck aussah, so als wollte er es zerreißen. Mach dem Essen ist er gegangen und immer noch nicht zurück.
21. Dezember
Jeff hat heute im Weihnachts-Basketballturnier in Freemont gespielt. Weil Mama hin wollte, bin ich mitgegangen. Auf dem Weg haben wir noch Mag abgeholt. Mag erzählte einen Witz über Christoph Columbus und Königin Isabella, der Mama zum Lachen gebracht hat. Eigentlich wollten wir auch Marsha abholen, aber sie hat heute morgen angerufen und gesagt, daß sie ihrer Mutter bei der Arbeit helfen muß.
Das Turnier war spitzenmäßig. Miles war auch da. Ich habe ihn neben den Sitzreihen stehen sehen, er redete mit Mr. Nolier. Als ich ihm zuwinkte, kam er rüber und fragte mich, wie es mir geht. Ich sagte, daß ich nicht klagen kann. Dann hab' ich ihn Mama vorgestellt. Fast hätte ich alles vermasselt und ihn »Miles« genannt, doch ich hab' noch rechtzeitig die Kurve gekriegt und »Mr. Mariner« gesagt. Er hat ihr die Hand geschüttelt und sie hinreißend angelächelt. Offenbar war Mama seinetwegen sehr nervös, aber er hat das ganz locker genommen. Sie hat kurz auf den Boden geschaut und extra für ihn ihre Haare in Form gewuschelt. Miles hat ihr gesagt, daß ich ein sehr intelligenter junger Mann bin. Sie meinte, daß ich die Intelligenz von ihr geerbt hätte, und Miles hat furchtbar gelacht. Ich wäre am liebsten gestorben.
Dann fragte Mag, ob er über Weihnachten in Maine bleibt. Er hat uns erzählt, daß er am Tag nach Weihnachten zu seinen Eltern nach Florida fährt, mir
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