Das knallrosa Tagebuch: Das knallrosa Tagebuch
auf den Boden geschmissen hat. Mein Brotkranz ist rausgefallen - zusammen mit einer toten Maus. Kimby funkelte mich böse an und brüllte: »Das ist aber gar nicht witzig, Ben!«
Ich sagte, daß ich keine Ahnung habe, wie die Maus in die Schachtel gekommen ist, und das war die reine Wahrheit. Die alte Sängerin hat die Schachtel untersucht und ein kleines Nageloch im Boden entdeckt. Anscheinend ist die Maus irgendwann nachts in die Schachtel gekrochen, hat versucht, den mit Schellack bestrichenen Kranz zu fressen, und ist dabei tot umgefallen. Der Kranz hatte kleine Bißspuren. Die alte Sängerin hat mit der Zunge geschnalzt und gesagt: »Wie schade, Ben. Die ganze Arbeit.« Dann nahm sie die Maus und ging damit raus.
Eigentlich wollte ich mich bei Kimby entschuldigen, aber mir war klar, daß ich bestimmt zu lachen anfange. Also habe ich den Mund geheilten. Daß der Kranz kaputt war, war nebensächlich. Kimbys Gekreisch war die Sache wert gewesen.
Alle Geschenke wurden geöffnet, und jeder tat so, als ob er sich freut. Da entdeckte die alte Sängerin noch ein letztes Päckchen unter dem Baum. Es stand nichts weiter drauf als »FÜR MAG« in Großbuchstaben. Mag hat das Päckchen von der alten Sängerin entgegengenommen und blickte mich total perplex an. Dann hat sie es aufgemacht Drinnen war ein hübsches Schmuckstück aus weißem Glas in Form einer Taube.
Am unteren Rand stand »LOVE«. Mag war verwirrt. Sie hatte doch schon ein Geschenk von Dana bekommen. »Von wem ist das?« hat sie mir zugeflüstert. Ich habe die Achseln gezuckt und mich dumm gestellt.
Kimby hat den angeknabberten Kranz gehalten wie eine Gitarre. »Sieht aus, als hätte Mag einen heimlichen Verehrer«, meinte sie mit einem fiesen Grinsen. Alle lachten. Ralph auch, als ob er nicht wüßte, wer der heimliche Verehrer ist.
Mir hat Mag leid getan. Sie sah ziemlich kläglich aus, wie sie so mit ihrer Glastaube dastand. Allerdings hat sie sich an Kimby gerächt. Als wir in Englisch stille Lektüre hatten, nahm Mag eine rote Christbaumkugel aus Satin und hängte sie hinten in eine von Kimbys Gürtelschlaufen. Beim Rausgehen ist die Kugel über ihrem Hintern gebaumelt und hin und her gehüpft. Anscheinend hatte Kimby eine Windel an, denn sie hat überhaupt nichts gemerkt. Alle haben gegackert. Heute abend im Bus hatte sie das Ding immer noch dran -und war vollkommen ahnungslos.
Als ich heute aus der Schule kam, schlief Papa auf dem Sofa. Ich habe die Glotze angemacht, und er meckerte, ich soll sie wieder ausmachen. »Warum? Damit du vor dem Abendessen deine Kräfte sammeln kannst?« hätte ich am liebsten gefragt. Aber ich habe den Mund gehalten.
16. Dezember
Ein Scheißtag. Er hat so wunderbar angefangen, aber mit einer Katastrophe geendet. Zuerst habe ich den Bus verpaßt und mußte Miles bitten, daß er mich mitnimmt. Als er in seinem grünen Auto vorbeikam, hielt ich den Daumen hoch und brüllte: »Hab' den Bus verpaßt!« Er blieb mit kreischenden Bremsen stehen und hat mich einsteigen lassen. Er hatte enge Jeans und eine Lederjacke an und sah spitze aus, aber trotzdem irgendwie alt. Ich habe keinen Ständer bekommen wie sonst, wenn ich ihn sehe. Woran lag das nur? Wir haben über den Wettkampf geredet, und Miles meinte, daß er mit meiner Leistung wirklich zufrieden ist. Ich soll einfach meinen Spaß haben und mir keine Sorgen um die Plazierung machen.
Er ist aufs Gas getreten, und plötzlich fing er damit an, wie einsam man ist, wenn man allein in einer Kleinstadt wohnt. Er sagte, es wäre »zum Kotzen« und sah ein bißchen traurig aus. Ich wollte ihm gerade anbieten, ihm in den Weihnachtsferien Gesellschaft zu leisten, aber da waren wir schon an der Schule. Er hat geparkt, mich hinreißend angelächelt, und mein Schwanz hat verrückt gespielt.
Als ich ins Klassenzimmer kam, bin ich gleich von Duff gekrallt worden. Er war stinksauer und beschuldigte mich, ich hätte im Klo Graffiti gemalt. Er hat mein »Duff ist ein Arsch«-Kunstwerk vom September gefunden und sagt, er hätte die Handschrift (richtig) analysiert und festgestellt, daß nur ich es gewesen sein kann. Die ganze erste Stunde habe ich damit verbracht, meinen Spruch mit Seife wegzuschrubben. Und außerdem habe ich noch dreimal Nachsitzen gekriegt. Scheiße ...
Beim Mittagessen hat Lesly eine Schale Chop-suey auf zwei Fingern balanciert und sie mir auf den Schoß fallen lassen. Den restlichen Tag lief ich rum mit einem Gesicht, als hätte ich Schwanzbluten. In Erdkunde fragte mich
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