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Das Knochenhaus

Das Knochenhaus

Titel: Das Knochenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
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antworten: »Ja, das würde ich gern.«
    »E-li« , sagte der Alte; seine Stimme war so tief wie Donnergrollen. In Kits Bewusstsein tauchte das Bild von Sonnenlicht auf, das den Horizont überflutete; es war vereinigt mit der Vorstellung von etwas Ungesehenem, doch Gegenwärtigem, zusammen mit einer Erwartung, die an Sicherheit grenzte ... die Zukunft vielleicht?
    Das hielt Kit eine kleine Weile beschäftigt. »Morgen?«, riet er, wobei sich in seinem Geiste das Bild von einer aufgehenden Sonne festsetzte – der neue Tag, der sein würde.
    »Unh«, grunzte En-Ul. Der Tag, der bald werdend ist.
    »Ich werde morgen mit den jungen Männern gehen«, bekräftigte Kit und stellte sich bildlich vor, wie er mit der Gruppe aufbrechen würde, wenn sie am nächsten Morgen in den Wald ging.
    »Unh«, brummte erneut der alte Häuptling.
    Am nächsten Morgen, als die jungen Männer sich erhoben und sich zum Aufbruch bereit machten – sie stellten sich mit Fellen auf, die sie wie Umhänge trugen, und umwickelten zum Schutz gegen Schnee und Kälte ihre Füße –, tat Kit das Gleiche und schloss sich ihnen bei ihren Vorbereitungen an. An diesem Morgen waren es vier Männer, und sie stimmten seiner Anwesenheit durch Schnauben und Kopfnicken zu. Ihr Anführer war ein großer Mann, den Kit im Stillen Thag nannte – aus keinem anderen Grund als den, dass er eine unheimliche Ähnlichkeit mit einer ihm bekannten Zeichentrickfigur besaß. Thag klopfte ihm leicht auf Kopf und Schultern, eine Geste, die eine Form der freundlichen Begrüßung darstellte, wie Kit inzwischen verstanden hatte; Erwachsene zeigten oft die gleiche Verhaltensweise, wenn sie Kindern begegneten. Sobald Kit fertig war, nahmen sie ihre kräftigen Speere mit den Steinklingen an sich und brachen auf.
    Der Pfad, dem sie ins Tal hinunter folgten, war mittlerweile stark ausgetreten. Die vielen Füße, die in den letzten paar Tagen hier vorbeigekommen waren, hatten den ansonsten kniehohen Schnee zusammengedrückt; und er knirschte, während sie auf ihm gingen. Kit beobachtete, wie die anderen mit großen Schritten hinabmarschierten, und wunderte sich einmal mehr über die lässige Anmut dieser großen Geschöpfe. Der Pfad führte zu einem Felsvorsprung, der nur ein paar Dutzend Yards über dem Fluss lag; das Eis an seinen Rändern fing das Licht der aufgehenden Sonne ein und leuchtete. Wenn in den nächsten paar Tagen weiterhin ein solche Kälte herrschen sollte, würde Kit sich nicht wundern, wenn er sähe, dass das Gewässer vollkommen zugefroren war.
    Sie hielten an, um ein paar Augenblicke zu rasten, zu lauschen und in der Luft zu schnuppern. Darüber wunderte sich Kit zunächst, doch dann kam ihm in den Sinn, dass dieses Verhalten eine einfache Schutzmaßnahme war: Sie versicherten sich dadurch, dass keines der großen Raubtiere – wie etwa Löwen oder Wölfe –, die das Tal durchstreiften, ihnen nachstellte. Doch an diesem Tag mussten sie sich keinem Kampf stellen, und so gingen sie weiter.
    Nach einer kleinen Weile stieg der schmale Pfad an, und bald marschierten sie direkt neben den blanken Kalksteinwänden. Kit fand Gefallen an dieser anstrengenden Körperbetätigung. Es fühlte sich gut an, das Blut in Wallung zu bringen, die kalte Luft in den Lungen zu spüren und zu laufen, nachdem er im Lager nur herumgehangen hatte. Abgesehen von dem Knarren ihrer Füße auf dem harschen Schnee bewegten sie sich so leise wie Schatten. Sie stiegen immer höher und folgten dabei den unebenen Konturen in den Felswänden.
    Der Pfad wurde noch schmaler und steiler, und bald waren sie vollständig aus dem Tal hinausgeklettert und auf einer dicht bewaldeten Ebene angelangt. Thag ließ sie am oberen Rand der Schlucht rasten, um in der kalten Luft zu schnuppern und auf verdächtige Geräusche zu lauschen. Der Wald, der sich vor ihnen erstreckte, lag unter einer schweren Schneedecke und dämpfte alle Laute, sodass sie kaum noch zu vernehmen waren. Dann aber hörte Kit irgendwo in den Tiefen des Waldes den durchdringenden Schrei eines Falken auf der Jagd und das leise, platschende Geräusch von Schnee, der von Ästen fiel.
    Nachdem sich die Gruppe sicher war, dass keine Gefahr drohte, führte sie ihren Marsch fort und folgte dem tief eingetretenen Pfad in den Wald hinein. Hier und dort erspähte Kit Tierfährten, die den Pfad kreuzten: die kleinen Spuren von Mäusen und Hasen und die größeren von Frettchen, Murmeltieren und einigen Tieren, die kleineren Antilopen ähnelten. Einmal

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