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Das Knochenhaus

Das Knochenhaus

Titel: Das Knochenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
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zu, dass sie mich in solch eine völlig unmögliche Geschichte einwickelte. Und ich muss gestehen: Ich war völlig eingenommen von der Kühnheit ihrer schöpferischen Erfindungsgabe.« Thomas hob einen Finger und verteidigte sich nun selbst. »Es war nicht so, dass ich ihr nicht widersprach: Ich brachte zahlreiche starke Gegenargumente vor, die sie nicht vollständig entkräften konnte. Doch sie zog auch nicht ihre Behauptungen zurück. Am Ende trafen wir eine Vereinbarung. Im Austausch für meine Hilfe würde sie mir unwiderlegbare Beweise dafür liefern, dass ihre Behauptungen der Wahrheit entsprachen.« Thomas Young starrte Kit an, und vor Ehrfurcht senkte sich seine Stimme. »Ich habe geglaubt, es sei alles ein großartiger Spaß. Ich habe niemals auch nur im Traum daran gedacht, dass in dem, was sie erzählt hatte, auch nur ein ganz, ganz kleines bisschen Wahrheit stecken könnte. Man denke sich bloß – die Fähigkeit, willkürlich durch Raum und Zeit zu reisen.« Einen Moment lang verlor sich sein Blick in der Weite, als er ein weiteres Mal über die gewaltigen Auswirkungen der neuen Realität nachdachte, die über ihn hereingebrochen war. »Sie müssen mich entschuldigen«, bat er. »Ich kann das alles immer noch nicht glauben.«
    »Mir geht es genauso«, versicherte ihm Kit. »Und ich bin schon ein paar Mal in eine andere Welt gesprungen.«
    »Bei der allerersten Gelegenheit müssen Sie mir diese Fertigkeit beibringen. Ich bestehe darauf.«
    »Nun, warum nicht?«, erwiderte Kit. »Aber um noch einmal auf Wilhelmina und die Vereinbarung zu sprechen zu kommen, die Sie mit ihr getroffen haben ... Warum haben Sie zugestimmt, wenn Sie der Ansicht gewesen sind, sie würde unter irgendeiner Form von Geisteskrankheit leiden?«
    »Weil, mein lieber Freund, Miss Wilhelmina mich dazu gebracht hat, ihr mein Wort als Gentleman zu geben, dass ich ihr helfen würde, falls sich ihre Aussagen als wahr herausstellten.« Er kicherte über sich selbst. »Sie kann eine äußerst überzeugende und entschlossene junge Dame sein.«
    »Die Beweisstücke: die Münze, der Zeitungsausschnitt und die Seiten aus dem Buch – das alles hat sie überzeugt«, merkte Kit an.
    »Nicht zu vergessen die Briefmarke«, fügte Thomas hinzu. »Ja, ich bin nun überzeugt. Verstehen Sie: Derzeit sitzt König Georg auf dem Thron von England. Prinzessin Victoria ist nur ein Kind und noch nicht einmal in der direkten Linie der Thronfolge. Doch sie wird offensichtlich Königin sein – mit dem Bild von ihr auf jeder Münze. Außergewöhnlich! Aber das Buch ist der Gegenstand, der sämtliche Zweifel ausgeräumt hat. Dieses Buch habe ich schon seit einer ganzen Weile im Kopf. Als Präsident der Königlichen Gesellschaft habe ich über mehrere Jahre hinweg meine Unterlagen gesammelt und natürlich geordnet. Doch ich habe sie noch nicht drucken lassen, da sie an keiner Stelle auch nur annähernd fertig sind, und noch vieles bleibt daran zu machen.«
    Sie erreichten das Ende des Pfades, machten kehrt und begannen zurückzugehen. Der Nachmittag ging auf sein Ende zu, und die Hitze des Tages ließ etwas nach.
    Während sie gemeinsam spazierten, gewann Kit den Eindruck, dass er einen echten Freund gefunden hatte: Young war eine Person von hoher Integrität und ein Mensch, dem er vertrauen konnte. Allerdings war er sich immer noch nicht sicher, wie viel er von dem Problem mit Burleigh und seinen Verbrechern enthüllen sollte. Doch diese Unsicherheit entstand mehr aus einer echten Besorgnis als aus dem Wunsch, etwas verschleiern oder den anderen gar täuschen zu wollen. Nachdem er gerade einen neuen und vertrauenswürdigen Verbündeten gefunden hatte, wollte er nicht riskieren, ihn zu ängstigen und so zu verjagen.
    So schlenderten sie in kameradschaftlichem Schweigen weiter und beobachteten, wie die Schatten auf dem Pfad immer länger wurden, während der Abend herbeieilte.
    Thomas, der über die welterschütternden Enthüllungen des Tages nachdachte und grübelte, gestand zu guter Letzt: »Gerade wenn ich beginne, mir vorzustellen, ich hätte die eine oder andere Felsspitze der Erkenntnis erklommen, fast den Gipfel des höchsten Anstiegs erreicht ... dann klettere ich die letzten ein, zwei Yards zur Spitze hoch, nur um zu erkennen, dass ich bloß einen festen Stand auf einem schmalen Plateau erlangt habe und sich vor mir ganz neue Gebirgsketten erheben – eng geschlossene Reihen von Berggipfeln, von denen jeder höher als der vorhergehende ist.« Er lachte

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