Das Knochenhaus
beispielsweise aufgrund ihrer lange währenden Verbindung mit ihrem Onkel, dass es einen Preis von unschätzbarem Wert gab, der mit den Leys irgendwie zusammenhing und den Burleigh und seine Männer mit größter Entschlossenheit zu finden versuchten. Doch der Earl achtete darauf, diese Tatsache niemals direkt zu erwähnen. Deshalb glaubte Haven, es sei am besten, wenn sie so tat, als wüsste auch sie nichts davon. Sie gab vor, dass ihr lediglich bekannt wäre, es ginge immer nur um die Erforschung der anderen Welten, die durch Leys miteinander verbunden waren – um Entdeckungen und ihre Kartografierung.
Ebenso wusste sie, dass Burleigh verzweifelt versuchte, die Meisterkarte zu fassen zu bekommen, doch bislang es noch nicht einmal geschafft hatte, auch nur einen Blick auf das Original zu erhaschen: eine Tatsache, die sie verwunderte, wenn man seine gewaltigen Ausgaben an Geld, Zeit und Energie bedachte. Andererseits: Die einzigen beiden Menschen, von denen sie wusste, dass sie schon einmal ein Stück von der berühmten Karte besessen hatten, lagen nun in einem ägyptischen Grabmal – tot durch die Hand des Schwarzen Earl.
Und dafür würde Haven Fayth ihn bis zum Ende aller Zeiten hassen.
Und was den Rest betraf – die Preisgabe von Kit und Giles ... Nun, so bedauernswert dies auch sein mochte, es war einfach Berechnung gewesen, und daran ließ sich nichts ändern. In dieser entsetzlichen, tragischen Situation – gefangen und eingekerkert mit dem armen toten Cosimo und dem sterbenden Onkel Henry ...
Mit den anderen eingeschlossen zurückzubleiben hätte den Tod bedeutet. Am Leben zu bleiben eröffnete ihr immerhin die wenn auch geringe Chance zu kämpfen – so einfach war das. Und wenn sie in der Lage wäre, lange genug am Leben zu bleiben, um die Technik des Ley-Springens zu beherrschen und das notwendige Wissen darüber zu erwerben, war es durchaus wahrscheinlich, dass sie rechtzeitig zum Grabmal zurückkehren könnte, um ihre Freunde zu retten.
Was Haven anbelangte, hatte es für sie nur eine einzige Wahlmöglichkeit gegeben. Sie bedauerte nicht, diese Wahl getroffen zu haben, doch sie hasste Burleigh, weil er sie zu dieser Entscheidung gezwungen hatte. Der Mann war ein hinterhältiger Feigling und ein Unmensch.
Nach außen hin täuschte sie vor, eine gefügige Komplizin zu sein – ein williges Mündel eines strengen und wachsamen Vormunds. Sie heuchelte freundschaftliche Gefühle für ihn und führte ihn auf eine leicht kokette Weise, quasi über einen Pfad des Vergnügens, zu dem Glauben, dass sie im Laufe der Zeit und durch die richtigen Anreize sogar noch etwas mehr für ihn werden könnte – vielleicht seine Geliebte. Sie sprach das Ego und die Eitelkeit ihres auf finstere Weise gut aussehenden Gefährten an und ermöglichte ihm, den Eindruck zu gewinnen, dass er als der ältere und weisere Lehrer dabei war, ihre Bewunderung zu gewinnen. Und sie setzte ihre Schönheit und ihre weiblichen Listen ein, um seinen angeborenen männlichen Stolz anzusprechen. Und Haven Fayth konnte sehr, sehr ansprechend sein: Das hatte sie schon vor langer Zeit gelernt.
Gerade jetzt lag ein typisches Beispiel dafür vor, denn Burleigh erlaubte ihr nun, ihn nach Böhmen zu begleiten, obwohl er ursprünglich dagegen gewesen war. Dies war nicht das erste Mal, dass er dorthin ging, und er hatte viel lieber alleine reisen wollen. Den genauen Zielort hatte Haven zwar noch nicht in Erfahrung bringen können; doch das war ganz gleich. Die bloße Tatsache, dass Burleigh wollte, dass sie zu Hause blieb, machte sie nur noch entschlossener, mit ihm zu reisen. Und durch Charme allein hatte sie ihren Willen bekommen.
»Das wird keine einfache Reise«, erklärte er ihr später an diesem Morgen, als sie zur Kutsche gingen. »Wir werden drei Leys benutzen. Der erste ist ein paar Meilen von hier entfernt, und der zweite und dritte erfordern einen anstrengenden Marsch. Tatsächlich müssen wir eine ziemlich große Entfernung zu Fuß zurücklegen, bevor wir dort ankommen. Seid Ihr sicher, dass Ihr Euch all das antun wollt? Noch ist es nicht zu spät, es sich anders zu überlegen.«
»Und sich das Wunder entgehen lassen, als das Prag gilt?«, erwiderte sie und lächelte ihn herzig an, während sie ihm ihren Rucksack gab.
»Wer hat Euch gesagt, dass wir nach Prag gehen?«
»Keiner«, antwortete sie. »Ich habe ganz allein meine Rückschlüsse gezogen. Habe ich recht?«
»Steigt ein«, sagte Burleigh und öffnete die Tür der
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