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Das Knochenhaus

Das Knochenhaus

Titel: Das Knochenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
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und noch viel weniger ausgegraben worden war. Der Einfall, die Karte aus dem Grabmal zu holen, bevor sie von irgendeinem anderen gefunden werden konnte, stellte eine äußerst raffinierte List dar. Das Mädchen war wirklich pfiffig; das musste man ihr lassen. »Ich denke, wir nehmen an einem ganz besonderen Vergnügen teil«, sagte Kit. »Wir können aufbrechen, wann immer es Ihnen beliebt.«
    »Ist es weit bis zu diesem Grabmal?«
    »Nicht allzu weit. Mit einem Beförderungsmittel dauert es weniger als einen Tag.«
    »Großartig!« Der Arzt rieb sich die Hände; seine stahlumrahmten Brillengläser glitzerten im fahlen Abendlicht. »Ah, hier; wir sind da! Der blaue Lotos. « Young hielt neben einem tief liegenden, ziemlich kastenförmig aussehenden Boot mit einem breiten, offenen Deck und einem Paar roter Segel an, das für die Nacht an den Masten aufgerollt war. Vom Bug aus führte ein Steg zum Ufer, wo drei Seeleute in hellblauen Kaftanen um eine Wasserpfeife hockten. Sie gab gurgelnde Geräusche von sich, während der Rauch nach oben sprudelte; er roch sehr scharf und wurde von der sanften Abendbrise weggeweht.
    »Salaam!« , rief Thomas und grüßte den Kapitän und die Mannschaft des Schiffes, wobei er jeden mit dem Namen ansprach. Dann stieg er auf den Steg; doch bevor er weiterging, wandte er sich Kit zu. »Hier entlang. Und achten Sie auf Ihre Schritte!«
    Kaum hatten sie das Schiff betreten, erschien ein Diener, der ein Tablett mit einem Krug und Gläsern trug.
    »Willkommen an Bord, mein Freund«, sagte Thomas, goss frische Limonade in die Gläser und reichte eines davon seinem Gast. »Bitte, fühlen Sie sich hier wie zu Hause. Mehmet hier wird Ihnen gleich Ihr Quartier zeigen. Leider steht nur diese eine Gästekabine zur Verfügung. All die anderen sind vollgestopft mit Ausrüstungsgegenständen für meine Arbeit.«
    Kit schluckte seine Limonade hinunter und folgte dem Diener zur Kajütenleiter und dann nach unten zu den Gästequartieren.
    »Bitte ... Sie sich frisch machen«, erklärte Mehmet und führte Kit in die Kabine. »Ich werde den Gong ertönen für das Abendmahl.«
    Das Quartier war recht gemütlich und enthielt zwei enge Betten an dem einen Ende und am anderen ein Wasserklosett. Es gab ein Bullauge und zwischen den Nachtlagern ein Nachttischchen mit zwei Kerzen. Auf den Betten lagen saubere weiße Laken, und vor dem runden Fenster hing eine Spitzengardine. Der Boden und die Wände waren aus Teakholz und mit Messingbeschlägen versehen: alles in allem eine gepflegte und ordentliche kleine Gästekabine.
    »Nun, Kit, alter Junge«, sagte Kit und blickte sich anerkennend um, »es sieht so aus, als ob wir auf den Füßen gelandet wären.« Auf einem Gestell ruhte ein Becken mit frischem Wasser. Er trat zu der Porzellanschüssel, tauchte die Hände ins Nass und wusch sein Gesicht. Dann befeuchtete er das bereitliegende Leinenhandtuch und trat sich die Schuhe von den Füßen. Zu guter Letzt streckte er sich auf einem der Betten aus und legte sich das feuchte Tuch auf die Augen.
    »Danke schön, Wilhelmina«, seufzte er. Nach der Erwähnung ihres Namens sinnierte er: »Was hat sie noch mal über Dr. Young geschrieben?« Einen Moment später kehrte die Erinnerung an die Aussage aus ihrem Brief zurück: Er ist der letzte Mann auf der Welt, der alles weiß.

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ACHTZEHNTES KAPITEL

    L ady Haven Fayth saß auf der Bettkante und schnürte ihr Schuhwerk – gute, robuste hohe Stiefel, die ihre Füße vor den Gefahren unvertrauter Straßen in unbekannten Ländern und Zeiten schützen würden. Burleigh hatte versprochen, ihr die Feinheiten dessen zu lehren, was sie als Ley-Springen bezeichnete; und bisher hatte der »Schwarze Earl« – so nannte sie ihn in ihren Gedanken – stets Wort gehalten. Er hatte sie schon zu mehreren seiner Reisen in verschiedene Welten mitgenommen und ihr gezeigt, wie man die subtileren Elemente von Ley-Linien erkennt. Unter seiner etwas planlosen Anleitung hatte sie begonnen, ein paar der grundlegenden Fertigkeiten zu beherrschen – nicht nur, um solche Sprünge durchzuführen, sondern auch, um an fremden neuen Orten ihren Weg zu finden.
    Auch wenn er nicht gerade ein Quell kostbarer Weisheit war, so erwies sich der Earl zumindest darin als zuverlässig, dass all die Dinge, die er auswählte, um sie ihr zu zeigen, wirklich funktionierten. Dennoch war ihr klar, dass es noch sehr viel mehr zu lernen gab und dass er ihr weit mehr vorenthielt, als er ihr sagte. So wusste sie

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