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Das Koenigreich der Luefte

Das Koenigreich der Luefte

Titel: Das Koenigreich der Luefte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
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Avenue hinunter, vorbei an den vielen Imbissen, die Aale und Pfeilgrundeln anboten, wie sie in großen Schwärmen durch die Wärmetauscher am Ufer entlangschwammen. Der Dampf-Querdenker führte sie zum Jingo Dancer, einer Kneipe, die einem der Personaleingänge von Greenhall gegenüberlag. Dass es sich beim Dancer um ein Maschinistenlokal handelte, zeigten die vielen verblichenen Lochkarten, die hinter dem Fenster klemmten – Karten, die abgedroschene, binäre Witze oder kurze Botschaften der Stammgäste übermittelten.
    Zwar war es noch recht früh am Morgen, doch im Schankraum drängten sich bereits viele Arbeiter, die gerade von der Nachtschicht kamen. Der billige Import-Jinn, der anderswo sehr in Mode war, hatte sich bei den Beschäftigten von Greenhalls Datenabteilung noch nicht durchgesetzt. Tabletts mit Ale wurden durchgereicht, mit dreckigen, vom Heizen der Kessel geschwärzten Händen und straffen Muskeln, die vom Koksschaufeln in den unterirdischen Maschinenhallen trainiert waren. Das Thekenpersonal wuselte um die Walzmaschinisten herum, die sich den Bart nach Art der Mechomaniker zu Zöpfchen geflochten hatten, und die Szenerie wurde aus blahattseliger Distanz von den Zinkern beobachtet, die mit ihren Nuschelrauchpfeifen in den Ledersesseln gedanklichen Abstraktionen nachjagten.
    Der Kommodore stöhnte. »Nicht der schon wieder. Wir sollen doch nicht etwa auf den Rat dieser kreuzverdammten Ratte vertrauen?«
    Ein schlanker Zinker mit lockigem, orangerotem Haar und einer kahlen Stelle, die sich wie eine Mönchstonsur ausbreitete, winkte sie zu einem Sofa in seiner Nähe heran, wobei er sich vorsichtig außerhalb der Reichweite des Kommodore hielt, als ob er fürchtete, der alte Seebär könne ihm einen Schlag verpassen.
    »Ist dies die Kleine?«, fragte der Zinker und musterte Molly genau. »Sieht aus, als sei sie durch und durch ein echtes Middlesteel-Mädchen.«
    »Lassen Sie Ihre Augen mal schön bei sich, Maschinenmann«, gab Molly zurück. »Und Ihre Hände bitte auch.«
    »Ich bin lediglich interessiert, mein Schatz«, erwiderte der Zinker. »Kein Grund für eine hochmütige Abfuhr. Kupferspur, hast du dabei, worauf wir uns geeinigt hatten?«
    Kupferspurs runder Schädel leuchtete in der dunklen Ecke auf. »Wenn du uns den Zugang ermöglichen kannst, den wir brauchen, Binchy Weichkörper.«
    »Hat dich der alte Binchy schon jemals im Stich gelassen?«, fragte der Zinker. »Und es war ja nicht leicht, das war’s ja wohl wirklich nicht. Ich habe mich an ein paar Leute gewandt, die mir noch etwas schuldeten; eine Menge Freunde und wiederum ihre Freunde werden heute Morgen beide Augen zudrücken.«
    Der Kommodore beugte sich zu dem Zinker hinüber. »Gute Freunde von dir, Binchy? Wie die Schlauköpfe, die uns die Seekarten für die Feuersee besorgt haben?«
    Binchy zuckte zurück. »Ich hatte es dir doch gesagt, Jared. Ich hatte es dir verdammt noch mal gesagt. Die stammten von Messtischblättern, die aus einem zerschellten Schiff des Imperiums geborgen wurden. Glaubst du, der Gottkaiser versteht irgendwas von Untersee-Navigation?«
    »Offenbar gerade genug, um die Sprite Of The Lake gründlich durchzukochen und vor den tückischen Küsten der Isla Umsonna auf Grund gehen zu lassen.«
    »Ihr seid doch wohl nach Hause gekommen, und ja wohl auch ein bisschen reicher als bei eurer Abfahrt. Wenn du das Meer so sehr liebst, Jared, dann gib doch etwas von deinem Geldsegen für ein neues Schiff aus.«
    »Spiel hier nicht den verdammten Narren«, zischte der Kommodore. »Du weißt genau, weshalb das keine so gute Idee wäre.«
    Der Zinker berührte seitlich seine Nase. »Schon verstanden, Skipper. War es nicht der alte Binchy, der dir in dieser kleinen Angelegenheit ebenfalls zu Hilfe kam? Nun, da Kupferspur nicht gerade üppig mit Taschen ausgestattet ist, nehme ich mal an, dass du oder die Kleine meine Sachen dabeihabt?«
    Der Kommodore nickte und zog ein dünnes, in braunes Papier eingeschlagenes Päckchen aus seiner karmesinroten Weste. Binchy nahm es beinahe zärtlich in Empfang, als furchte er, das Päckchen könne sich in Luft auflösen, wenn er es berührte. Dann schlug er das Papier vorsichtig zurück und enthüllte fünf Lochkarten, ganz schwarz und von einem hellen Rand umgeben, der im Gaslicht der Kneipe wie Silber leuchtete. Molly reckte den Hals, um sie besser sehen zu können. Die Stanzlöcher zeigten ein Muster für die Berechnungsmaschinen, das sie unwiderstehlich anzog. Sie hätte am liebsten

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