Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Koenigreich der Luefte

Das Koenigreich der Luefte

Titel: Das Koenigreich der Luefte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
Vom Netzwerk:
sah dem großen Rumpf des Luftschiffes nach, das sich langsam entfernte. Es flog nach Osten, auf den Fluss und die Hafenanlagen zu.
    »Rote Spitzen«, sagte Nickleby.
    Molly sah den Berichterstatter an. Tränen traten in seine Augen.
    »Rote Spitzen?«
    »Rote Spitzen stehen für Feuerbomben, Molly. Grüne für Dreckgas. Blaue für Sprengsätze mit Schrapnellen. Ich wurde während des Zweijährigen Krieges zum Marine-Geheimdienst einberufen. Ich war noch dabei, als wir Norlay und die anderen Fabrikstädte des Gemeinwesens dem Erdboden gleichmachten. Ich hätte nie gedacht, dass ich so etwas je wieder sehen würde. Und zu Hause schon gar nicht.«
    Ein kollektiver Aufschrei stieg aus den Kehlen der Middlesteeler auf der Straße, als das Grollen künstlichen Donners in der Ferne zu hören war und der Boden erbebte. Die zwei Mädchen und der Berichterstatter hielten sich aneinander fest, als ihre sechsrädrige Kutsche bebte. Das Geräusch verebbte. Eine seltsame Stille senkte sich über die Stadt. Auf der Straße trottete die disziplinierte Einheit Craynarbier noch immer in ordentlicher Aufstellung dahin, ohne auch nur ein einziges Mal aus dem Rhythmus gekommen zu sein. Molly bezweifelte, dass sie überhaupt noch gebraucht werden würden, wenn sie zum Ort des Aufruhrs gelangten.
    Nickleby setzte mit der pferdelosen Kutsche zurück, stieg aus und bog in eine Nebenstraße.
    »Wo gehen wir hin?«, fragte Molly.
    »Wohin sollte man schon gehen, wenn große Ereignisse geschehen, Molly?«, fragte der Berichterstatter. »Wir gehen zur Dock Street.«
    Auf der KAM Resolute standen der Erste Maat und der Hauptmann der rot befrackten Marinesoldaten ihrer Crew in den Bombenschächten mit gezogenen Pistolen gegenüber.
    »Gehen Sie wieder auf Ihre Posten, verdammt noch mal!«, brüllte der Erste Maat.
    »Das waren keine Revolutionäre«, erklärte ein Matrose. »Da unten habe ich nicht mal jemanden mit einer Mistgabel gesehen, schon gar nicht mit einem Gewehr.«
    Weitere Wolkenmaate verstopften nun den Gang zum Unterdeck und versuchten, sich an den beiden Offizieren vorbeizudrängen.
    »Der Skipper hatte seine Befehle«, behauptete der Erste Maat. »Vom Haus und von der Admiralität.«
    »Haben Sie die gesehen?«, schrie ein weiterer Matrose.
    »Zeigen Sie uns diese schriftlichen Befehle doch einmal«, verlangte ein anderer.
    »Spielen Sie hier nicht den Winkeladvokaten, Pemberton«, bellte der Hauptmann der Marine. »Der erste von euch Jungs, der diese Linie übertritt, ist ein toter Mann.«
    Einer der Matrosen wedelte mit einem gemein aussehenden Haken, der zum Laden der Flossenbomben diente. »Sie haben nur zwei Pistolen, das reicht gerade mal für zwei von uns.«
    »Es reicht für Sie, mein Junge«, warnte der Erste Maat.
    Der Hauptmann sah zu einem der nervösen Rotröcke hinüber, die den Korridor sicherten. »Holen Sie den Luftschiffer hierher, sofort!«
    Kapitän Dorian Kemp, Luftmeister des Königlichen Marine-Aerostaten Resolute, lag neben der Pistole, mit der er sich gerade das Leben genommen hatte, und das, was von seinem Gehirn noch übrig war, kühlte der Wind, der durch eine offene Luke hineinwehte.
    Ein Zwerg mit zwei Köpfen tanzte munter neben dem niedergestürzten Offizier. Einer der Köpfe war voll ausgewachsen, der andere von eingeschrumpelter, puppenartiger Größe. »Griff in seinen Kopf und puff. Griff in seinen Kopf und peng.«
    Sein Gefährte sah mitleidig auf das schwachköpfige, irrvernebelte Geschöpf, das um die Leiche herumhüpfte. Ihm war bewusst, dass durchaus die halbe Sondergarde genauso hätte enden können, wenn es der Lauf des Zirkels so gewollt hätte. »Du hast hier gute Arbeit geleistet, Bruder. Der Bombenabwurf ist geschehen. Jetzt wird es Zeit zu verschwinden.«
    »Und ich hatte in meiner Zelle nur Ratten zum Üben«, kicherte die doppelköpfige Gestalt. »Ich zwang sie, sich aufzurichten und für mich zu tanzen. Wenn sie Schlachten austrugen, dann stellten sich meine braven Ratten auf und griffen sich gegenseitig mit Steinen an. Immer die Stellung halten. Die Stellung halten.«
    »Jetzt gibt es keine Rattenspiele mehr, Bruder. Jetzt kannst du die Hambliner dazu bringen, alles zu tun, was du dir vorstellst«, sagte der Mann, dessen Haut vor Zauberlicht zu schimmern begann. »Du kannst in jeden fahren, der dir gefällt.«
    »Du wirst mich nicht mehr wieder in die Zelle stecken, oder?«, bettelte der Zwerg.
    »Natürlich nicht«, log sein Gefährte, der das kleine irrvernebelte Ding nun auf

Weitere Kostenlose Bücher