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Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Titel: Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
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allem sehe ich sie in dir.«
    Er war verschwunden.
    »Nun, das ist doch schön zu hören, wenn man bedenkt, dass sie im Kindbett starb.«
    Ihr nächster Traum drängte sich in ihren Kopf, aber sie erinnerte sich später nicht mehr an ihn.
     
    Amelia glaubte allmählich, die Daggischten hätten sie vergessen. Hätten sie im Lagerraum des Tauchboots eingekerkert und ließen sie verhungern, obwohl das angesichts der Nahrung, die man ihr anfangs einmal am Tag gebracht hatte, vielleicht sogar ein Segen gewesen wäre. Lange, grüne Ziegel, die an gepresste, getrocknete Erbsen erinnerten, aber mehr nach Zink schmeckten und in denen seltsam knirschende, kernartige Dinge steckten. Selbst wenn man sie mit kaltem Wasser runterspülte, schmeckten sie nicht besser. Sie waren sicherlich entwickelt worden, den Körperfunktionen der Daggischten-Sklaven möglichst gut entgegenzukommen, aber dieser Umstand betonte zusätzlich, wie fremdartig sie waren.
    Sie verwendete eine Paste, die sie aus dieser Nahrung gemacht hatte, um einen Strich für jeden Tag an die Metallwände zu malen, einen langen Schmierstreifen für jeden verschwendeten Tag in Gefangenschaft. Schon seit ein paar Tagen bewegte sich die Sprite nicht mehr – sie hatte diesen Tag mit einem Kreuz markiert. Falls sie darauf warteten, dass sie irgendwann die Nerven verlor, dann hatten sie allmählich Erfolg. Jede Stunde dachte
sie an nichts anderes als an den lebenden Tod, der das Schicksal aller war, die vom Grünnetz absorbiert wurden. An die bemitleidenswerten, befreiten Sklaven der Daggischten, die bei der Gnadenauktion im Knotenpunkt verkauft worden waren. Und sie waren angeblich noch die Glücklichen, die von ihren eigenen Leuten wieder befreit worden waren. Wie würde es sein, wenn einem jegliche Individualität und Persönlichkeit zugunsten des Diktats jenes Superorganismus ausgetrieben würde, der im Herzen des Dschungels lebte? Waren sich die Sklaven dessen bewusst, was sie einst gewesen waren? Blickte ein kleines Saatkorn der Menschlichkeit durch die Augen der Daggischten, nachdem man ein Teil des Nests geworden war? Ein fiebriger Traum, aus dem man niemals mehr erwachte.
    Irgendwann kamen die Daggischten zu Amelia und schleppten den blutigen Körper Bull Kammerlans mit sich, dessen gestohlene Kapitänsuniform – die man zuvor ohne viel Sachverstand an Kammerlans kleinere und schmalere Statur angepasst hatte – inzwischen durch die Stachel ihrer Widersacher zerfetzt und durchlöchert worden war. Amelia konnte kurz das Bild erfassen, das sich ihr bot, als die Wächter sie auch schon packten und auf den Flur zogen.
    Bull hustete und schüttelte traurig den Kopf, als er erkannte, wer die andere Gefangene war. »Wenn Sie glauben, dass ich ganz schön was abgekriegt habe, dann sollten Sie mal den anderen Kerl sehen.«
    »Wo ist der Rest Ihrer Besatzung, Kammerlan?«

    Die schweigenden Wächter ließen nicht erkennen, ob sie merkten, dass ihre Gefangenen miteinander sprachen; jedenfalls zeigten sie nicht, dass sie etwas dagegen hatten.
    »Keine Ahnung, Mädel. Sie hatten mich allein eingesperrt. Irgendwann haben sie eine der Catosierinnen zu mir reingeworfen – eine Zenturine, eine echte Teufelskatze. Wir sind ungefähr eine Stunde aufeinander losgegangen, bis sie keine Lust mehr hatten, uns dabei zuzusehen, wie wir uns gegenseitig ans Leder gingen. Dann wurde sie wieder weggeschleppt, und seitdem war ich wieder allein.«
    Noch mehr Daggischten erschienen und trugen Waffen, die wie die Sackpfeifen der Oberländer aussahen, allerdings im Gegensatz zu den Musikinstrumenten ein flüssiges Feuer spucken konnten, das wie Sirup am Fleisch kleben blieb. Die neuen Wachen stellten sich vor Bull und Amelia auf.
    »Rang«, sagte Amelia. »Sie haben uns nach unserem Rang aufgeteilt. Sie waren der Tauchboot-Skipper, als sie die Sprite gekapert haben. Ich bin die Leiterin der Expedition – die Zenturine war nach Veryann die ranghöchste Kämpferin. Eisenflanke sagte, die Daggischten hätten verschiedene Kasten, wie Insekten.«
    »Ich habe bisher nur diese kaktushäutigen Schlägertypen und ein paar Tiere gesehen, die mit diesem ekligen grünen Moos bewachsen waren«, sagte Bull. Er wandte sich an die Daggischten. »Wo sind meine Leute, ihr borkenhäutigen Drecksäcke? Was habt ihr mit meiner Mannschaft gemacht?«

    Die Wachen zeigten keine Reaktion auf seine Worte.
    »Sie können nicht sprechen«, erklärte Amelia. »Nur dieses Klacken.«
    »Davon habe ich für den Rest

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