Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Titel: Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
Vom Netzwerk:
wenigstens weiß ich, dass Sie mit leerem Blick und sabberndem Mund zwei Schritte hinter mir hertaumeln werden, nachdem man mir meinen Körper gestohlen hat.«
    Ihre Wächter gingen nun schneller, und Amelia und Bull mussten in leichten Trott verfallen, um mit den Daggischten mitzuhalten und die stechenden Dornen zu vermeiden, die sie trafen, wenn sie wieder langsamer wurden. Sie eilten an riesenhaften schwarzen Granaten vorüber, die wie die Panzer großer Käfer glänzten; doppelte Läufe ragten aus Schoten heraus, die die Größe eines Hauses hatten. Hinter den Schoten befanden sich Beutel, in denen eine grüne Flüssigkeit pulsierte – jener leicht entflammbare Naturstoff, den die Wächter in ihren sackpfeifenähnlichen Waffen trugen, wie Amelia mit Interesse feststellte. Das waren also die Batterien, die das Stadtnest beschützten, und vor denen Abraham Quest sie gewarnt hatte. Sie waren der Tod eines jeden Luftschiffs, das es wagte, über das Herz von Liongeli zu fliegen. Die meisten Geschöpfe des Dschungels hatten schon vor normalem Feuer höllische Angst, und den klebenden, brennenden Sirup, den diese üblen Gerätschaften ausspucken konnten, fürchteten sie noch
mehr. Auch Donnerechsen würden den Fehler nur einmal machen, sich in das Daggischtengebiet zu verirren, nahm Amelia an.
    In den Straßen des Daggischtennests war alles ganz anders als in den Städten von Jackals, in Middlesteel, Aribridge oder Strathdum. Es war nichts von der Willkürlichkeit zu spüren, die der Handel mit sich brachte, oder von der Geschäftigkeit jener, die von dem Bedürfnis getrieben wurden, sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Jeder und alles, was sich in dieser Metropole mitten im Dschungel bewegte, war von einem einzigen, gemeinsamen Bedürfnis getrieben, ganz gleich, ob er gerade an den Außenseiten der Türme arbeitete und sie mit speichelähnlichem Harz polierte, in geradezu unheimlich gut koordinierten Reihen schwere Lasten trug oder schweigend an den wassergefüllten Trögen wartete, um sich mit der Flüssigkeit zu versorgen, die man in der großen Hitze benötigte. Selbst Ameisen, die hintereinander herkrabbelten, zeigten mehr Eigenmächtigkeit als die Drohnen des Daggischtenreichs.
    Gelegentlich stießen einige Hornpfeifen, die von den knochenähnlichen Gebäuden heruntergelassen wurden, ein Lied in jenem Klapper-Code aus, das die Daggischten-Drohnen als Sprache zu verwenden schienen. Dann hielten die Bewohner plötzlich inne, und leise vor- und zurückschwankend nahmen sie die Befehle, die ihnen das Geräusch übermittelte, in sich auf, bevor sie weiter ihren Geschäften nachgingen. Davon abgesehen war keinerlei Geräusch zu hören; stattdessen herrschte
schreckliches Schweigen. Kein lautes, ehrliches Lärmen geschäftiger Stadtbewohner, kein Summen pferdeloser Kutschen, kein Klappern von Mietdroschken auf Pflastersteinen, keine Rufe von fliegenden Händlern, kein Dröhnen großer Fabriken. Amelia und Bull hätten ebenso gut während der morgendlichen Andacht durch eine Kathedrale gehen können. Schleichkrallen, die ansonsten mit ihrem Gebrüll den Dschungel erzittern ließen, tappten vorüber, ohne auch nur zu fauchen, und Gorillas, die sich mit Grunzlauten hätten verständigen sollen, beluden still Karren. Sie alle waren Sklaven. Die sich wie ein einziges Wesen bewegten.
    Sie folgten dem Schweigen bis ins Herz der Stadt, und dort führte ihre Eskorte sie im Laufschritt zu einer Rampe, die man in das Fundament eines Gebäudes gehauen hatte, das aus lauter schneckenförmig gedrehten, polierten Harzklumpen erbaut worden war. Es war das größte Haus, das Amelia bisher in der Stadt gesehen hatte, wie eine große Orgel, die sich mit all ihren Pfeifen wild gepaart und dann in alle möglichen Richtungen vermehrt hatte. Pupillenartige Türen ließen die beiden Gefangenen eintreten und öffneten den beiden Tauchbootfahrern ein Labyrinth von Gängen. Es gab keine Möbel oder Ziergegenstände, nur immer wieder neue Türen, vor denen Daggischtenwächter auf Posten standen. An einer Stelle führte man sie in einen Korridor, durch den auf ganzer Länge eine blaue Flüssigkeit blubberte. War das Innerste des Gebäudes überflutet? Aber die Wachen nahmen einen erhöhten Fußweg am
Rand, während sie Amelia und Bull bis zum Hals durch die Flüssigkeit waten ließen.
    Bull schüttelte angeekelt den Kopf. »Auf meinem Boot habe ich schon bessere Pissbecken gerochen.«
    »Ich nehme an, Ihre Rebellen in der königlichen Flotte

Weitere Kostenlose Bücher