Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman
Menschen.«
»Du lebst!«, fauchte Eisenflanke voller Überraschung durch seine Sprechausgabe. »Ich hielt dich für komplett deaktiviert!«
»Du hast das gut erkannt, denn ich bin erschöpft«, sagte die Hexmachina, »und stehe kurz vor meinem Exitus. Einst konnte ich die Mauern der Welt durchschreiten und den dunkelsten Göttern in ihren Höhlen trotzen. Nun habe ich nur noch so viel Lebenskraft, um von meinem Gefängnis aus zu beobachten und mir Geschöpfe mit schwachem Verstand durch Zauberkunststückchen
gefügig zu machen, wie dieses hier, das ich nun beherrsche.«
»Wieso?«, flehte Eisenflanke, »Wieso kommst du nun, uns zu retten? Du bist nie zuvor erschienen, du kamst nicht, als ein ganzer Orden Dampfmänner bei dem Versuch starb, dich aus den Händen der Siltempter zu befreien.«
»Es war nicht genug von mir übrig, das man hätte befreien können«, sagte der besessene Siltempter, »und ihr hattet die Möglichkeit, aus eigener Kraft zu entkommen. Auch verschwende ich nicht meine letzten Kraftreserven für eine Gruppe unschuldiger Reisender, Eisenflanke von der Kundschafter-Faust. In den vielen Jahrhunderten, die ich hier gefangen war, habe ich Zahllose sterben sehen, die ihr Schicksal nicht verdienten. Doch bei eurer Mission geht es um mehr als um euer persönliches Überleben. Ich sehe eine Störung im großen Muster auf den Pfaden der Wahrscheinlichkeit auftauchen, und eure Fäden sind eng damit verknüpft. Viel hängt von eurem Überleben ab. Mehr als nur eure Existenz – und mehr als die meine.«
»Ich muss dich retten«, sagte Eisenflanke. »Noch immer lastet der Auftrag, den König Dampf mir gab, auf mir.«
»Deine Mission ist beendet«, sagte die Hexmachina. »Ich verblasse nun. Folge deinem eigenen Pfad im großen Muster.«
Der winzige Siltempter sank auf die Knie, und ein einzelner Arm suchte nach etwas, das er unter seinem Leopardenfell
verborgen hielt. Es war Billy Snows Stockdegen mit der verborgenen Zauberklinge. »Ich sterbe nun, und meine Gewalt über dieses Wesen schwindet. Dieses Geschöpf darf keinen Alarm schlagen.«
Billy Snow fasste nach dem Stock und nahm ihn mit unglaublich sicherem Griff wieder an sich.
»Du siehst wahrlich, Snow vom Geschlecht der Menschen. Du weißt, was getan werden muss.«
Eisenflanke begriff, was geschah, und versuchte es zu verhindern, aber der Arm des kleinen Siltempters streckte sich schwach nach vorn. »Was geschehen muss, muss geschehen. Alle Dinge haben ihre Zeit, und die meine ist nun verblichen, so wie bei den meisten meiner Art. Das Zeitalter der Götter ist einem kalten neuen Zeitalter der Vernunft gewichen, und der Bedarf an Gottestötern in diesem Land ist nur klein.«
Der besessene Siltempter sah zu Billy Snow auf, und von seiner Sichtplatte leckte weißes Licht auf den alten Horcher. »Ich glaube, du verstehst, wie sich das anfühlt.«
»Ich glaube, das tue ich«, sagte Billy Snow.
Seine Klinge fuhr so schnell aus der Scheide, dass sie kaum zu sehen war, und sie beschrieb einen einzigen Bogen. Der Kopf des Siltempters rutschte von seinen Schultern und klatschte auf die Erde, gesplitterte Kristallstückchen schlugen Funken, als der Körper zu Boden fiel und Öl aus ein paar Leitungen pumpte, die in der zerstörten Halsöffnung zitterten.
Veryann löste die Machete, die der Tote trug, und schlang sich den Gurt selbst um den Rücken. »Sie wird
uns keinen Schutz vor seinesgleichen bieten, aber trotzdem im Dschungel sehr nützlich sein.«
Der Kommodore beugte sich über den Toten. »Und dann war es nur noch eine. Ich wünschte, wir könnten deine wahren Überreste im Körper der Erde begraben, Hexmachina, dort, wo deine Geliebte, die Erde, dich mit Lava überschütten könnte, um deine Seele zu wärmen und dir in diesem kalten Winter der Vernunft, den wir geschaffen haben, etwas Trost zu spenden.«
Eisenflanke schien von den Geschehnissen äußerst erschüttert. Er stand wie angewurzelt da und schwankte hin und her, als sei sein Verstand in einer sich stets wiederholenden Schleife gefangen. Diese Gottesmaschine war sein Leben gewesen – der Grund für seine Verbannung, und vordem sein Lebenszweck. Nun war die Hexmachina tot. Eisenflanke war wahrlich allein, der Letzte eines Dampfritter-Ordens, der so waghalsig und mutig gewesen war, die heilige Maschine aus den Klauen ihrer Erzfeinde befreien zu wollen.
T’ricola legte einen ihrer vier Arme um die Schultern des Dampfmanns. »Sie hat uns nicht ohne Grund befreit.«
»Um eine
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