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Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Titel: Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
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Geld einbringen, als das Schatzamt von Greenhall im Jahr an Steuern einnimmt?«
    »Es sind Ideen, die mich wirklich interessieren, Professorin. Konzepte, die mich faszinieren. Leider, das muss ich zugeben, sogar in stärkerem Maße, als Menschen es je getan haben. Der Legende nach hatten die Camlantiker
die perfekte Zivilisation geschaffen. Sie lebten jahrhundertelang in Frieden – in einer Gesellschaft, in der es keinen Hunger, keine Armut, keine Gewalt mehr gab. Welche Lektionen könnten wir aus ihrem Leben lernen, welche Lektionen?«
    »Dass Pazifisten sich höhere Mauern bauen sollten, um ihre Feinde fernzuhalten«, sagte Amelia. »Wo haben Sie dieses Kristallbuch aufgetan, Quest?«
    »Ein Antiquitätenhändler entdeckte es in einer Bäckerei in der Lace Lane, wo es, in einen Ledersack eingenäht, als Türstopper verwendet wurde. Der Bäcker hatte es aus der Kate seiner Großmutter mitgenommen, nachdem die alte Dame verstorben war, und hatte keine Ahnung von seinem wahren Wert. Zu meinem Unglück hatte der Händler all seine Sinne bei sich, als er den Preis dieses Kristallbuchs bestimmte.«
    Amelia fuhr mit den Fingern über die kalte Oberfläche des Buchs. »Sie können es nicht hierbehalten, Quest. Nicht einmal Sie. Es muss wissenschaftlich ausgewertet werden.«
    »Und das soll es auch, aber nicht von diesen Dummköpfen an der Hohen Tafel, für die der Nachweis einer funktionierenden camlantischen Gesellschaft einem Affront gleichkommt, weil er alle bisherigen archäologischen Lehren infrage stellt. Sie wissen ebenso gut wie ich, was sie mit diesem Artefakt täten, wenn sie es in die Hände bekämen. Sie würden das Buch in den Gewölben unter dem Middlesteel-Museum begraben und es einmal im Jahr zum Polieren hervorholen.«

    »Wollen Sie, dass ich es untersuche?«
    »Mehr als das … sehen Sie mal.« Quest ging zu den chemischen Walzen hinüber und zog an einem Aktivierungshebel. Winzige Fünkchen sprangen von den Drähten, die um den Sockel des Buches geschlungen waren. Ein grüner Schimmer entstand rund um den Kristall, ein Lichtstrahl löste sich von der Oberfläche des Juwels und fächerte sich wie Nebel vor ihnen auf. Aus dem Licht formte sich das Bild eines Mannes. Er sprach, aber man hörte ihn nicht – stattdessen zeichnete sich eine Schrift rechts neben ihm in der Luft ab.
    »Das ist Pairdan, den Sie hier vor sich sehen, Professorin, der letzte Leseverwalter von Camlantis.«
    Amelia hörte Quest kaum. Sie folgte den uralten Buchstaben, die in der Luft erschienen, während sie gleichzeitig Pairdan zuzusehen versuchte. Wie alt mochte er sein? Vielleicht dreißig? Jung für eine derartige Machtposition. Pairdans Kopf bewegte sich zu einer Seite, und seine Krone, in deren Mitte ein einziger Edelstein funkelte, schimmerte im Licht der draußen wütenden Feuer. Amelia konnte sehen, was er erblickte. Pairdans Stadt brannte in der Ferne, Feuerbälle aus benzingetränktem Stroh und Teer flogen in hohem Bogen von den Katapulten der Belagerungswagen der Schwarzöl-Horde. Der Kontrast zwischen der Ruhe, mit der sich die Kommunikationskristalle in den hoch oben gelegenen Zimmern der luftigen Türme von Camlantis drehten, und der animalischen Gewalt der Horde war für Amelia kaum zu ertragen. Auch die Tatsache, dass es so
viele Tausend Jahre zurücklag, machte es nicht leichter. Es war, als passierte es jetzt in einer der Städte von Jackals.
    »Der arme Pairdan«, sagte Quest. »Sehen Sie doch nur die Trauer in den Augen des Leseverwalters. Er sieht das Ende seiner Welt, und man spürt, dass er sich darüber völlig im Klaren ist. Es war der Anfang des dunklen Zeitalters, das bis zum Aufstieg des chimecanischen Imperiums dauerte.«
    »Ruhe.« Amelia versuchte, die in der Luft erscheinenden Worte zu verfolgen. »Ich muss mich konzentrieren. Er sagt etwas von einem Plan.«
    Quest schob den Kontrollhebel des Lesers eine Stufe höher, und das Bild vor ihnen stand still; das Blubbern des Behälters füllte den Raum mit dem Gestank nach faulen Eiern. Amelia wollte protestieren, aber Quest bedeutete ihr, still zu sein. »Der Übersetzer, den ich engagierte, war zwar nicht so erfahren wie Sie, aber die Grundzüge der Geschichte habe ich mir bereits erschlossen.« Quest deutete auf einen hohen Berg, der in einiger Entfernung auf dem Bild zu sehen war, und auf die über ihm schimmernden Sterne, festgehalten und doch verloren in der Zeit. »Der Berg ist der Schlüssel, Amelia. Die Gletscher haben ihn während der

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