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Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Titel: Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
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informiert, Damson.«
    Die Besucherin reichte Amelia das Blatt. »Das Angebot ist abhängig davon, ob Sie in der Lage sind, den Text zu übersetzen, den Sie hier sehen.«
    Amelia entfaltete das Papier. Unmöglich! Die Schrift darauf hätte diese junge Dame niemals in ihrem Besitz haben dürfen.
    »Soll das ein Witz sein?«
    »Ich kann Ihnen versichern, dass dieses Angebot höchst aufrichtig gemeint ist, Professorin.«
    »Kindchen, woher haben Sie das?«
    »Die Übersetzung bitte, wenn Sie so freundlich wären.«
    »Das letzte – Buch – von Pairdan. Leseverwalter von …
Camlantis.« Amelia fuhr mit ihrem Finger stockend über die uralte Schrift. In den Wüstenlanden des Kalifen wäre sie beinahe gestorben bei dem Versuch, einen solchen Schatz in ihre Hände zu bekommen, und dieses junge Ding, das plötzlich auf dem Grundstück des Colleges vor ihr aufgetaucht war, schien überhaupt keine Ahnung davon zu haben, dass sie die Titel-Inschrift eines Kristallbuchs in ihren Händen hielt, das vor sechseinhalbtausend Jahren für die Menschheit verlorengegangen war.
    »Das Kristallbuch, aus dem das hier stammt, war es von Informationsfäule befallen?«
    »Bitte wenden Sie das Papier, Professorin.«
    Amelia betrachtete die andere Seite des Blattes. Dort stand eine Adresse: Snowgrave Avenue – der reichste Bezirk von Sun Gate, das pochende Herz der Geschäftswelt, die dafür sorgte, dass die Ströme des Handels auf dem Kontinent für Jackals nicht versiegten.
    »Gehen Sie dorthin, Professorin. Sie können dort vielleicht selbst herausfinden, ob das Buch noch funktioniert oder nicht.«
    Amelia musste sich dazu zwingen, nicht zu rennen.
     
    Die Snowgrave Avenue war etwa fünf Gehminuten vom Hüter-Wren-Bahnhof der Atmosfährbahn entfernt, jenes unterirdischen Transportsystems der Hauptstadt, aus dem nun Scharen von Arbeitern und Angestellten auf die breite Prachtstraße quollen. In dieser Saison hatten sich die Frauen in ihrer Mode offenbar an der strengen Uniform der Büroarbeiter orientiert – ihre dunklen
Anzüge waren so lang geschnitten, dass sie die Kleider verdeckten, und sie trugen Zylinderhüte. In der vorigen Saison waren es Mützen gewesen, an die man in Spitzenband die Abzeichen der Parlamentsparteien gestickt hatte. Amelia verfolgte immer noch mit Interesse, was die Auslagen der Hutmacher von Middlesteel präsentierten, obwohl sie normalerweise ihre Aufmerksamkeit ebenso wie die mageren Überbleibsel ihres Gehalts ausschließlich auf ihre Lebensaufgabe konzentrierte. Auf der Straße stiegen die reicheren Besitzer der Rechen-und Handelskontore aus den zweirädrigen Droschken und schritten über das Pflaster der Snowgrave Avenue, während die wirklich Reichen – die Hochwohlgeborenen der Stadt – in ihren bequemen Privatkutschen über ihre Westen strichen und auf ihre goldenen Taschenuhren sahen. War man arm, dann bedeutete das natürlich, dass man zu Fuß ging, wenn man aus dem Schatten der Elendsquartiere auf die hohen Druckluftgebäude zuhielt, deren wassergestützte Gummikonstruktion so laut gurgelte, dass man es über die Rufe der Verkäufer hören konnte, die Aale oder frische Milch anpriesen.
    Amelia blickte zu dem Wolkenkratzer empor, der zu der Adresse auf ihrem Zettel gehörte. Er war siebzig Stockwerke hoch, aber im Gegensatz zu den umliegenden Gebäuden stand dieser Druckluftturm nicht auf einem Granitsockel, und es gab keine Messingplatte, die den Namen der hier ansässigen Unternehmen anzeigte. Vielleicht hatten sie es nur noch nicht geschafft, so etwas draußen anzuschrauben? Viele neue Türme
waren seit der Invasion Quatérshifts vor einigen Jahren in Middlesteel entstanden; damals war die halbe Stadt niedergebrannt, nachdem die jackalianische Armee sich in einem Akt unglaublicher Verräterei gegen die eigene Hauptstadt gewandt hatte.
    Innen war das Atrium mit poliertem Marmor ausgekleidet, und hochgewachsene Männer in bestickten Gehröcken warteten dort, als stünden sie Wache vor dem Parlament. Jeder Türsteher hielt eine Bulldogge an der Leine, deren schwarze Nase auf Tomatengröße angeschwollen war. Man hatte sich an diesen Geschöpfen zu schaffen gemacht – entweder mittels Weltensängerzauberei oder sogar durch den Einsatz der wesentlich verrufeneren Mutterschoßmagie.
    »Damson Harsh«, begrüßte sie einer der Türsteher. »Bitte treten Sie ein. Wir haben Sie erwartet.«
    Amelia sah zu der Bulldogge hinunter, die misstrauisch an ihren Knöcheln schnupperte.
    »Haben Sie

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