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Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Titel: Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
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geöffneten Luken der Geschütztürme.
    »Das Leben ohne eine Regierung klingt nach einer guten Sache, nicht wahr?«
    Amelia sah sich um. Hinter ihr stand Billy Snow; der blinde Horcher nutzte offenbar die Gelegenheit, zum letzten Mal für ein paar Tage frische Luft zu tanken. »Entschuldigung?«
    »Die Catosische Anarchie«, sagte Billy, »jenes System, das ihre Söldnerinnen nach Jackals und zu Quest geführt hat. Keine Obrigkeit zu haben, die einen herumschubst und Befehle gibt. Sich in jeder Lage neu zu entscheiden. Es klingt so dekadent. Bis man erkennt, dass es doch jemanden gibt, den man seinen Herrn nennen müsste – die Launen des Pöbels, der Nächstbeste, der stärker oder schlauer oder größer ist, oder der fünf Freunde dabei hat. Dann wird es sehr schnell unangenehm.«
    Amelia zuckte die Achseln. »Für mich klingt das nicht so viel anders als das Leben in Jackals.«
    »Es ist ganz schön anders, Amelia«, sagte Billy. »In Jackals gibt es das Gesetz. Das Gesetz des Parlaments.«
    »Mein Vater war ein Hüter«, sagte Amelia. »Oder zumindest war er das, bis man ihn seines Amtes enthob, weil er bankrottgegangen war – und er musste auch stets über alle Kleinigkeiten neu entscheiden, die ihm vorgelegt wurden.«
    »Er stimmte über neu zu erlassende Gesetze ab, aber nicht darüber, ob Damson Dawkins von nebenan wegen
des Ausstreuens von Gerüchten ins Exil gezwungen werden sollte. Gesetze können größer sein als die Menschen, sie können besser sein als wir. Ich würde ein gutes Gesetz jederzeit der Mildtätigkeit eines guten Menschen vorziehen. Generell wäre mir sogar ein schlechtes Gesetz lieber als die Absichten eines guten Mannes.«
    »Du hast zu lange dem Rauschen des Wassers in deinen Horchrohren gelauscht, Alter«, sagte Amelia. »Wenn das so weitergeht, wirst du noch zum Philosophen. Brauchst du Hilfe beim Einstieg in die Luke?«
    »Das fehlte noch, dass ich zu denken anfinge.« Billy Snow deutete zum Fluss hinab. »Ich finde meinen Weg nach drinnen ohne Probleme. Die Wasser des Shedarkshe sind mein Kompass.«
    Eine Gruppe grün geschuppter Wesen drängte sich an der Sprite vorbei und hielt auf eine überwachsene Sandbank zu.
    »Du kannst dich allein anhand der Geräusche des Dschungels orientieren?«, fragte Amelia.
    »Nein«, erwiderte Billy. »Noch haben wir den Dschungel gar nicht gehört, denke ich. Warte noch eine Woche, dann wirst du ihn erleben.«
     
    Selbst im kleinen Aufenthaltsraum der Sprite konnte man dem Geruch kaum entgehen, den zu viele Körper auf zu kleinem Raum in ihrer kleinen Unterwasserbüchse verursachten. Nach sieben Tagen unter der Oberfläche des Flusses war die warme Luft zu einem Gemisch verschiedenster Düfte geworden. Die Wache
auf den Geschütztürmen, wenn die Sprite in der Nacht kurzfristig auftauchte, hatte sich inzwischen unter den Expeditionsteilnehmern zu einem Handelsgut von hohem Wert entwickelt. Es waren kurze Ausflüge an die frische Luft, bei denen man das Zirpen der nächtlichen Jäger im Dschungel hörte, bis die Kleider der Mannschaft von der fiebrigen Hitze – es war sogar noch wärmer als im Schiff – durchgeschwitzt waren. Dann verschwand das Tauchboot wieder unter der Oberfläche, und die Luken der Geschütztürme waren erneut von blubberndem Wasser bedeckt.
    »Wir könnten an der Oberfläche schnellere Fahrt machen«, sagte T’ricola. Der Schwertarm der craynarbischen Maschinistin ruhte auf dem Tisch, und die gezackte Knochenkante trommelte nervös. Nur das Dröhnen der Maschinen schien sie zu beruhigen. »Dort oben ist der Sog geringer, und wir fahren jetzt stark gegen die Strömung.«
    Kommodore Black sah zu Bull Kammerlan hinüber, und Bull schüttelte den Kopf. »Hier unten ist es sicherer.«
    »Wir plündern aber jetzt keine Dörfer, um Sklaven zu machen«, sagte Amelia, »und wir sind nur einen Tag von Rapalaw Junction entfernt. An der Oberfläche sind auch noch Handelsschiffe unterwegs.«
    »So weit westlich gibt es kein Grünnetz, das ist wahr«, sagte Bull, »aber zivilisiert ist diese Gegend trotzdem nicht. Wenn du hier schon mal nur von ein paar Trägern begleitet mit einem Floß gekentert wärst, dann wüsstest
du, wie freundlich ein paar von diesen Händlern sind. Wenn es nach mir ginge, dann würden wir an Rapalaw Junction hübsch unauffällig vorüberschwimmen.«
    Bull schien schon allein der Gedanke an das Grünnetz Angst zu machen. Ein Dschungel, in dem Tiere und Pflanzen in einer unheiligen Symbiose miteinander

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