Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Titel: Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
Vom Netzwerk:
eigentlich gebraucht hätte. Eine einzige Haushälterin und ein Butler, der diese Bezeichnung eigentlich gar nicht verdiente, sollten dafür sorgen, dass ein Gentleman vom Stande ihres Herrn alles so vorfand, wie er es verdiente. Das war
nicht angemessen. Nein, überhaupt nicht. Nicht, dass jemand überhaupt gewusst hätte, woher der Reichtum des Hausherrn stammte. Eine Erbschaft, erzählte man sich. Zwanzigtausend Goldguineen pro Jahr. Damit war er beinahe ebenso reich wie Abraham Quest oder einer der Bankiers von den Rechenkontoren in Sun Gate. Jackals war eine Nation der Krämer und Kaufleute, aber so gut ihr Hausherr sie auch bezahlte, er war nicht bereit, mehr Gesinde anzustellen als ein paar Hilfskräfte, die nur tagsüber arbeiteten und jeden Morgen mit einem Boot auf die Insel gebracht wurden, um ihr beim Abstauben, Kochen und Gärtnern zu helfen. Es war einfach nicht angemessen.
    »Jeden Nachmittag verbringt er hier«, sagte sie zu Septimoth, dem schweigenden Butler, der neben ihr stand. »Das ist doch nicht in Ordnung.«
    Septimoth stand da, eine Statue in der Kälte – eine knochige, echsenartige Statur, die ihre Flügel wie ein steinerner Engel gefaltet hatte. Das war noch so eine Sache. Wer hatte je davon gehört, dass man einen Laschliten zum Dienstboten machte? Greifer waren gute Diener. Dampfmänner waren bereit, den ganzen Tag für ihre Herrschaft zu schuften und die Strapazen des Lebens mit stoischer Gelassenheit zu ertragen. Aber ein Laschlit? Normalerweise zogen sie ihre Dorfnester in den Bergen und die Jagden in den oberen Schichten der Atmosphäre vor, wo sie die ballonartigen Skrayper zu überwinden suchten, die den Luftschiffen auflauerten. Das war nun wirklich ein wertvoller Dienst zum
Wohle der Nation. Skrayper jagen. Als Butler jedoch war Septimoth, der mürrische, rätselhafte Laschlit, einfach abscheulich.
    »Es ist seine Gewohnheit«, erwiderte Septimoth. »Wir müssen seine Wünsche respektieren, Damson Beeton.«
    »Papperlapapp«, sagte die Haushälterin. »Er muss sich unter die Leute mischen, in der Gesellschaft erscheinen, und nicht allein in den kalten Sälen dieses alten Hauses sitzen und trinken.« Sie wedelte mit der Einladung vor der Nase des Laschliten herum. »Jeden Tag stecke ich ein Dutzend solcher Schreiben ins Feuer, weil er sie allesamt nicht beantwortet. Das ist doch der Gipfel der Unhöflichkeit. Die feine Gesellschaft möchte uns in ihre Arme schließen, Septimoth, und wir sollten uns nicht von ihr abwenden.«
    »Ich glaube, der Meister hat seine Meditation nun beendet«, sagte Septimoth.
    »Meditation nennen Sie das, ja?«, brummte Damson Beeton. »Nach meinen Begriffen ist das nur ein hochgestochenes Wort für Trübsal blasen.«
    Septimoth erwiderte darauf nichts, und Damson Beeton machte ein missbilligendes Geräusch. Wie viele Nächte würde sie noch hier stehen und zu den anderen Felsnaseninseln hinübersehen, während sich der Schein der Laternen von den Mietbooten auf dem Fluss spiegelte und die Hochwohlgeborenen zu den Partys und Dinners gerudert wurden, wo man in den Gärten lachte und im Schein der Kronleuchter tanzte? Es war doch offensichtlich, dass die grauen Korridore von Dolorous
Hall danach lechzten, Schauplatz der gesellschaftlichen Großereignisse zu werden, die sie organisieren könnte. Aber würden die Leute wirklich kommen, selbst wenn sie sich je durchsetzen könnte? Die Dolorous-Insel galt als Ort des Unheils. Ihr Fluch war die Nähe zum alten Stadtkern von Middlesteel, jenem Teil der Stadt, der bei der Großen Flut 1570 versunken war und schließlich auch von den Wassern bedeckt blieb, nachdem der Fluss künstlich verbreitert wurde, um weitere Katastrophen dieser Art zu vermeiden. Flussschiffe, die von Neulingen gesteuert wurden, rammten immer noch gelegentlich die Turmspitze der Lumphill-Kathedrale, die aus dem Wasser ragte, obwohl die roten Bojen, die das Parlament hatte ausbringen lassen, dort warnend in der Strömung tanzten.
    Im Garten erhob sich ihr Meister und verabschiedete sich von seinem Apfelbaum, als er das Türchen der kleinen Einfriedung schloss. Cornelius Fortune wirkte müde, selbst in Damson Beetons Augen. Der Laschlit und die alte Dame folgten ihrem Herrn zu der Treppe, die zum Anwesen hinaufführte.
    Cornelius bemerkte die Einladung, die Damson Beeton in den Händen hielt. »Ist das heute, Damson? Ich hatte es vergessen, um ehrlich zu sein. Ich sollte jetzt schlafen, ich bin so müde, aber wenn Sie zugesagt haben

Weitere Kostenlose Bücher