Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman
Untoter –, der aus Teilen der unzuverlässigen catosischen Arbeitsmaschinen zusammengeschustert worden war, die auf den exklusiveren Märkten der Hauptstadt zu haben waren. Da ihm nicht nur eine Sprechvorrichtung fehlte, sondern auch das Hirn, eine solche überhaupt zu benutzen, humpelte die zuckende Kreatur wortlos den Flur entlang und durch einen Raum, der das eigentliche Ladengeschäft der Alten Mechomaniker-Werkstatt darstellte; hier befanden sich jedoch lediglich ein paar verpfändete Gerätschaften, die repariert werden mussten.
Die vier Arme des Dampfmanns drehten sich langsam wie eine Windmühle, versuchten, das Gleichgewicht zu halten und Cornelius anzuzeigen, dass er eine Wendeltreppe hinabsteigen sollte. Man musste wirklich wissen, wo man die Luke zu suchen hatte, die in den Keller hinunterführte; und genau diesem Umstand war es zu verdanken, dass es den Laden überhaupt noch gab. Hätten Isambard Kirkhill und seine Armee neuen Zuschnitts damals, vor sechshundert Jahren, diese Geheimtür entdeckt, hätten sie den Laden bis auf die Grundmauern niedergebrannt und als Lektion gleich noch ein paar Gebäude in der Nachbarschaft mit abgefackelt. Der Metalldiener löste einen verborgenen Haken, und ein Teil des Kellerbodens hob sich, um ein Viereck orangefarbenen Lichts zu enthüllen. Sie gingen eine enge
Eisenstiege hinunter, wie man sie auch auf Schiffen fand. Unten kümmerten sich weitere Metalldiener hinter einer Glasplatte um riesige Nachtorchideen und fütterten die Pflanzen mit Ratten, die man sicherlich oben in dem kalten Laden in die Enge getrieben und gefangen hatte. Der Rest des Raumes war ausgestattet wie eine Mischung aus einem cassarabischen Harem und einem jackalianischen Freudenhaus. Als sich die Royalisten Middlesteels hier unten versteckt hatten, hatten sie zumindest ein Quartier mit Stil gehabt.
Auf einem Lager aus großen, karmesinroten Seidenkissen, eine Wasserpfeife mit Nuschelrauch haltend, ruhte eine Gestalt, die beinahe selbst als Dampfmann hätte durchgehen können, aber die, als sie sich aufrichtete, einen weitgehend menschlichen Körper zeigte, wenn auch mit einem Metallbein und einer silbernen Gesichtsmaske, übersät mit goldenen Tröpfchen, die im orangenen Gaslicht funkelten.
Verbrannte, geschwärzte Lippen, gerade eben sichtbar in der Mundlücke der Maske, zuckten erbittert. »Musst du mich immer in diesem Aufzug besuchen?«
»Du mit deiner Maske«, gab Cornelius zurück, »wieso macht es dir etwas aus?«
»Du hast vielleicht Nerven, was über das Tragen von Masken zu sagen.« Dred Lands erhob sich von seinen Kissen, und aus seinem künstlichen Bein ertönte das Zischen komprimierten Dampfes, als sein Gewicht sich darauf stützte. »Ich muss eine Maske aufsetzen, damit die Leute es ertragen, mich anzusehen.«
»Während ich sie genau aus dem entgegengesetzten Grund benutze.« Cornelius nahm wieder seine eigenen Züge an; die Nase verkürzte sich und verlor ihren Höcker, während sich seine Stirn neu formte und glättete. »Siehst du, schon bin ich wieder ich selbst.«
»Wie könnte ich dessen wohl sicher sein?«, brummte Dred Lands. »Was weiß ich denn? Vielleicht ist dieser echte Cornelius Fortune ein Leichnam, den du mal auf einem Schlachtfeld gesehen hast, oder das Gesicht ist das deines Lieblingslehrers aus deiner Jugend, der lange schon nicht mehr lebt.«
Cornelius klopfte auf seinen Arm. »Das hier dürfte dir aber wohl recht vertraut sein.«
Dred seufzte. »Verbesserungen? Oder wieder einmal eine Reparatur?«
»Letzteres.« Cornelius nahm das Buch zur Hand, das der Mechomaniker gelesen hatte, während sein Freund durch den Raum humpelte und an der gegenüberliegenden Wand einen Satinvorhang zurückzog, der einen luxuriös ausgestatteten Arbeitsplatz verborgen hatte. Cornelius blätterte durch die ersten Seiten. »Die Königin mit der Ledermaske, von M.W. Templar. Weißt du, dass dieser Roman beinahe vom Parlament wegen Volksverhetzung verboten wurde, wegen der Ähnlichkeit unserer Königin Charlotte mit der sehr sympathischen Darstellung einer amtierenden Monarchin …«
»Pah«, machte Dred. »Das ist Himmelsfiktion, weiter nichts. Am Schluss flieht die Königin zum Mond. Davon abgesehen dachte ich, du und dein ›Freund‹ Feueratem-Nick,
ihr hättet für Volksverhetzung etwas übrig?«
»Denn wenn es gedeihet, sei es kein Verrat«, erklärte Cornelius und zitierte damit aus einer Rede Isambard Kirkhills, die jener gehalten hatte, nachdem man den
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